WASD – Texte über Games
Zocken, Lesen, Denken
„Wir brauchen einen Qualitätsjournalismus für Games in Deutschland. Es gibt mittlerweile hochwertigen Wurstjournalismus, wo bleiben da die Games?“ hieß es auf dem Panel »Schreiben über Games« auf der Next Level Conference in Köln. Dabei hatte einer der Panelisten die Antwort möglicherweise in der Hand. Christian Schiffer ist Journalist und hat voller Risikoverachtung einen Batzen eigenes Geld in das Bookzine WASD gesteckt hat. Ein Magazin im Buchformat, mit dem Untertitel »Texte über Games«. Die erste Ausgabe »Tasty Trash. Schlechte Spiele … und warum wir sie lieben« haben wir ihm gleich dort zum Rezensieren abgeschwatzt.
Früher war alles besser … nur die Spiele nicht
Grelle Pixel, nervige Synthiesounds, krudes Gameplay: In den Achtzigern und frühen Neunzigern fiel fast jedes Spiel in die Kategorie Trash. Kein Wunder also, wenn die meisten Autoren in der aktuellen WASD über die Spiele ihrer Jugend schreiben. Maik Wiechmann ruft sich ein Kindheitstrauma in Erinnerung: Als sich »T2: Teminator 2 – Jugement Day« für den Gameboy trotz coolem Cover als dunkles Gepixel entpuppte. Peter Klement exhumiert das wohl schlechteste ‚Spiel zum Film‘ aller Zeiten: »E.T.« auf dem Atari. Valentina Hirsch verteidigt »Timeline«, das Mittelalter-Zeitreisespiel zum gleichnamigen Buch.
Die Schlechten ins Fegefeuer, die ganz Schlechten …
Christian Alt tut es in seinem Artikel Dante gleich und steigt hinab in die Untiefen des App-Stores, zu den Spielen, die es nicht in die Top 100 geschafft haben. Gleich dem Fegefeuer und den Höllenkreisen teilt er in weder gute noch schlechte, maßlose, boshafte und schädliche Spiele. Kristin Knillmann weigert sich über schlechte Games zu schreiben, weil sie in „jedem Pixel und Polygon eine versteckte Liebeserklärung“ finden kann. Der dänische Spieledesigner Nils Deneken würde »Bioshock« nicht schlecht finden, wenn man die Unterwasserstadt Rapture einfach mal ohne ständige Angriffe wahnsinniger Splicer besichtigen könnte.
Ballerspiele und Biologismen
Rezensionen gibt es natürlich auch in der WASD. Dass mit Jonas Beckenkamp jemand über »Battlefield 3« schreibt, der Shooter nicht ausstehen kann, ist wohl eher ein Experiment. Immerhin erfährt man so etwas über die Denkweise von Menschen, die den Begriff ‚Ballerspiel‘ nicht nur verwenden, sondern auch so meinen. Dafür unterhält der Text von Rike Campen mit dem herrlichen Titel »Psychologische Relevanz koboldischer Übergriffeauf invasive Spezies des Ökosystems Märchenwald« ungemein. Hinterher wissen Leserinnen und Leser zwar nicht mehr über »Trine 2«, dafür aber um so mehr über Biologen. Schöne hintergründige Texte zum neuen »Deus Ex«-Teil, zum »Landwitschaftssimulator 2011« und noch ein paar Spielen mehr runden die Review-Ecke ab.
Beginne nie einen Landkrieg in Asien
»Spielwiese« ist der letzte Abschnitt der WASD. Wer gerne Artikel über das Verhältnis von Geopolitik und Spielgeschehen in der »Civilization«-Reihe lesen will, dem sei Arnost Stanzels Exkurs »Küste oder Land?« ans Herz gelegt. Zbigniew Ochmans Geschichte »Love Machine und Little Hate« über den legendären Highscore im legendären Spiel »Gigantor Smackdown X-1« berührt auf bizarre Weise Herz und Lachzentrum.
Wo geht’s denn hier zu Level 2?
WASD ist eine kleine Magazin-Perle. Feuilletonistisch im besten Sinne, also unterhaltsam und klug. Wer gerne spielt und sich auch gerne mal Gedanken über das Geschehen auf dem Flatscreen macht sollte zugreifen. Lohnt sich. Auch für 14,50 Euro. Das Erscheinen einer weiteren Ausgabe ist extrem wünschenswert. Qualitätsjournalismus über Wurst (gemeint war die »Beef«) möchte ich nämlich nicht lesen.
Links
WASD-Homepage mit Online-Bookzine
Interview mit Christian Schiffer bei Medienmilch
Was heißt jetzt nochmal WASD? Danke, Wikipedia!