A Tribute to Robert Crumb
Während im Juni dieses Jahres der FC Bayern in München seinen Dreifachtitel feierte und in den Straßen die damit verbundenen Rituale abgehalten wurden, fand gleichzeitig nicht weit entfernt und von der Presse leider nicht in gleicher Weise gewürdigt das »Comicfestival München« statt. Zu den Höhepunkten gehörte dieses mal der Besuch des einen und einzigen Robert Crumb, was wiederum Grund genug für eine eigene Ausstellung im Münchener Amerikahaus war – nicht von Crumb selbst, sondern, eigentlich viel spannender, von hiesigen Künstlern, die dem großen, alten Mann des Undergroundcomics die Ehre erweisen wollten. Jetzt sind bei Edition 52 die Werke der Ausstellung unter deren Titel »A Tribute to Robert Crumb. 80 Künstler ehren den Meister der Comix« erschienen.
Der Band versammelt, sofern man das Cover des grandiosen Charles Burns und das Backcover von Aline Kominsky-Crumb mitzählt, ganze 80 Künstler, die sich an Crumb in Form von Comics und Illustrationen abarbeiten. Darunter befinden sich große Namen wie Ralf König, Arne Bellstorf, Simon Schwartz, Martin Perscheid und Fil, der für das lobenswerte Vorwort verantwortlich ist, sowie Künstler, die (noch) die wenigsten kennen.
Nun ist das Genre des Tribute-Comics, sofern man von einem eigenen Genre reden will, natürlich problematisch, gerade wenn es sich um einen Geehrten wie Crumb handelt, dessen Œvre derartig klar umrissen und bekannt ist. So wimmelt »A Tribute to Robert Crumb« natürlich nur so von dicken Hintern und kräftigen Schenkeln, großen Schuhen, in denen „getruckt“ wird, betonten Schraffuren und selbstmitleidigen Jugenderinnerungen – meistens in Verbindung mit der ersten Crumb-Lektüre. Was am Anfang vielleicht eintönig und berechenbar erscheint, stellt sich aber schnell als vielfältig und unerwartet heraus, denn wie bei Crumbs geliebten Blues erlauben auch hier insbesondere die engen formalen Grenzen der Virtuosität durch kleine Variationen größeren Spielraum. Es ist durchaus interessant von Schlogger einen Lobgesang auf Crumbs Amazonen aus weiblicher Perspektive zu erhalten oder nochmal klar gezeigt zu bekommen, wie sehr Ralf Königs Stil von Crumb inspiriert ist. Manchmal reicht all das in den Bereich der Mimikry, wie im Fall Christoph Mueller und Ivo Kircheis, die auf den ersten Blick vom Original Crumb kaum zu unterscheiden sind. Richtig gut wird es, wenn einzelne Comics die Metaebene voll ausnutzen, wie Eckart Breitschuh oder Simon Schwartz, dessen „Stand der Dinge“ den Höhepunkt, sowie den ultimativen Kommentar zur gegenwärtigen deutschen Comiclandschaft darstellt.
Die Tatsache, dass es sich um Werke für eine Ausstellung handelt, deren Besuch durch Crumb abzusehen war, hat anscheinend viele Autoren und Zeichner extra motiviert. So erklärt sich auch, warum erstaunlich viele der Comics in (manchmal ziemlich interessantem) Englisch verfasst sind, damit auch der Meister sie lesen kann. Bei 80 – in Worten ACHTZIG – Arbeiten können natürlich nicht alle hervorragend sein, aber nur ein einziger Comicstrip fällt qualitativ wirklich überdeutlich ab, hat weder Themenbezug, noch sonst irgendetwas, was seine bloße Existenz rechtfertigen würde. Hier kann es sich aber um ein persönliches Problem handeln, da ich den/die betreffende/n KünstlerIn seit Jahren für unsäglich mies, überbewertet und eine Beleidigung für das Medium halte. Wer das ist, behalte ich der Fairness halber für mich. Aber eine Anthologie ist eh nur dann richtig gut, wenn man mindestens einen Text hat, über den man sich stundenlang aufregen kann.
Fazit: Kaufen!
PS: »A Tribute to Robert Crumb« hat mich an eins meiner eigenen Skizzenbücher erinnert, das ich selbst vor vielen Jahren während des Studiums gefüllt habe. Als Ergänzung zum Band, aus Ehrerbietung für Crumb und um meinen Ruhm zu mehren hier die Erstveröffentlichung eines Selbstbildnis des jungen Bochumer Studenten in der Prüfungsphase:
Fischpott hat ein Rezensionsexemplar vom Verlag Edition 52 erhalten.