Air Rage – Terror in 30.000 Feet
Wenn man nach den schlechtesten Filmen aller Zeiten fragt, denkt man an Schandtaten von Ed Wood, Uwe Boll oder The Asylum. Hai-Alarm auf Mallorca oder Troll 2 kommen in den Sinn. Selten jedoch – und das völlig zu Unrecht – wird Air Rage: Terror in 30.000 feet genannt.
Für Air Rage aus dem Jahre 2001 zeichnet Fred Olen Ray als Regisseur verantwortlich. Der Mann hat laut Internet Movie Database (IMDB) bei 135 Produktionen Regie geführt. Vieles davon trägt „Bikini“ im Namen. Air Rage erreicht ein IMDB-Rating von 3,0/10, das ihm insgesamt 491 offensichtlich masochistisch veranlagte Nutzer attestiert haben. Das ist schlecht. Das ist sehr schlecht. Es geht aber noch deutlich schlechter (z.B. 2012 Doomsday – 1,7/10).
Air Rage ist nicht besonders bekannt. Es gibt tatsächlich keinen englischsprachigen Wikipedia-Eintrag zu diesem Film. Und das, obwohl Ice-T mitspielt! Das mag daran liegen, dass Air Rage kein spaßiger Trash ist wie Troll 2. Air Rage ist langweilig. Air Rage ist schmerzhaft. Air Rage sind 99 Minuten richtig harte Arbeit.
Die Handlung ist schnell erzählt: Ein US-Marine, der nicht kämpfen kann, entführt eine Boeing 747 (warum, ist egal). An Bord ist ein wichtiger Ministerialbeamter, der eine CD (in der deutschen Synchro lustigerweise „Diskette“ genannt) mitführt, auf der alle geheimen Militäroperationen der USA gespeichert sind (und warum auch nicht?). Diese CD befindet sich in einem Koffer, der unauffällig an sein Handgelenk gekettet ist – so dass besagter US-Marine, welch ein Fuchs, Verdacht schöpft und ihm die CD abluchst. Währenddessen ist aber Ice-T – in diesem Film Spezialagent mit Gangsterbärtchen und -mützchen – mit seiner Truppe schon irgendwie an Bord geschleust worden. Sie betreten die Flugkabine, ohne anzuklopfen, und werden prompt alle über den Haufen geballert. Ice-T überlebt als Einziger schwer verletzt. Muss er aber eigentlich gar nicht, denn eine emsige Stewardess erschlägt unterdessen alle Hijacker mit einer Thermoskanne. Schließllich fliegt sie die Maschine sicher nach Hause.
Die Handlung ist natürlich vollkommener Blödsinn. Jedoch: Sie ist es nicht, die Air Rage zu einem solchen Totalschaden macht. Es sind die unglaublichen Fehler in diesem Film – die durch ein knappes Budget niemals zu rechtfertigen sind – sowie die handwerklich unfassbare „Action“ in diesem „Actionfilm“. Über Schauspielkunst brauchen wir gar nicht erst zu reden. Im Detail, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit (was auch unmöglich ist):
- Der US-Marine kann nicht kämpfen. Er holt bei jedem Schlag meterweit aus. Er kassiert eine Tracht Prügel vom schwerverletzten Ice-T. Er verliert gegen die Stewardess (wie gesagt: Thermoskanne). Ich bin mir sicher, er hätte allenfalls einen Punktsieg gegen Peter Dinklage gelandet.
- Der unsympathische Flugreisende spielt den unsympathischen Flugreisenden so dermaßen klischeehaft, dass man wegrennen möchte. Schreiend. Es ist sehr unangenehm, das zu sehen.
- Es gibt keine Fluggesellschaft. Auf der Boeing 747 steht: „Boeing 747“.
- Alle Passagiere werden in den Gepäckraum gestopft, der offenbar von der Kabine aus zugänglich ist. Selbst wenn das möglich sein sollte: Ich glaube nicht, dass ein Flugzeug so fliegen kann.
- Die Spezialeinheit, die das Flugzeug allzu dilettantisch stürmt, ist mit sehr unhandlichen Handfeuerwaffen ausgestattet.
- Ice-T trägt Bart und Mütze. Beides hat in dieser Rolle wirklich nichts zu suchen.
- In einem Moment guckt Ice-T in die Kamera. Ehrenwort. Ein unfassbares Highlight.
- Die Stewardess schließt die Flugzeugtür in 10.000 Metern Höhe. Sie lehnt sich einfach ein Stück raus und macht die Tür zu. Finde nur ich das komisch?
- Laut einem IMDB-Kritiker dieses Films sind die als F15-Flieger bezeichneten Jets keine F15-, sondern F16-Maschinen.
- Ein ziemlich wichtiger Beamter trägt eine ziemlich wichtige CD ziemlich offensichtlich spazieren. Warum?
- Zum Schluss haut die Stewardess dem Unsympathen mit einem Schwinger seitlich auf die Schnauze. Er fällt rückwärts um.
Es ist eigentlich unmöglich, mir einen Film zu versauen, bei dem ein Flugzeug entführt wird. Ich habe Air Force One mehrfach gesehen. Ich liebe Passenger 57. Air Rage ist jedoch Müll. Ich bin dennoch froh, dass ich diese Perle im Jahre 2008 einmal auf RTL2 entdeckt habe (dort als Hijackers gesendet). Seitdem kann ich guten Gewissens behaupten, den wirklich schlechtesten Film aller Zeiten zu kennen.