Alles für die Katz von Heike Grotegut
Gegen die Langeweile: Basteln für Katzen
Mein Jahresrückblick 2018 hat einen Namen: Luzi Bärchen. Das kommt nicht von ungefähr, denn dieses Jahr ist Katze Luz bei mir eingezogen. Und die interessiert sich leider so gar nicht für die besonders guten oder die eher unterirdischen Bücher, die ich gelesen habe. Auch nicht wirklich für die Katzenratgeber, über die ich hier zum Teil schon geschrieben habe. Von den Erkenntnissen profitiert sie hingegen schon. Nun kam ihr Ex-Dosi kürzlich mit Alles für die Katz! von Heike Grotegut an. Dieser Ratgeber der Tierpsychologin mit Schwerpunkt Katzen liefert einfache Bastelanleitungen, die dem Prinzip des Upcyclings folgen. Also diskutierten wir die Möglichkeiten, unseren Couch-Potato zum Jagen zu tragen, und testeten mit ihr einzelne Anleitungen. Von den erfolgreichsten Ergebnissen sei hier berichtet.
Auch Katzen wollen doch nur spielen
… nur dummerweise nicht mit Karten. Kein Poker, kein Uno, kein Phase 10. Ich habe es ausprobiert. Auch bei Scrabble oder Kniffel will es nicht funzen. Wenn sich der kleine Sonnenschein aber zu sehr langweilt, fängt sie an zu zuppeln. Besonders gestreifte Stoffe (Kleidung, Bettwäsche) fallen dann ihrer linken Mittelfingerkralle zum Opfer. Irgendwann wird es mal heißen: »Man nannte sie auch Schrotti. Zerstörte Kleidungsstücke säumten ihren Weg.«
Wobei das ja noch vergleichsweise harmlos ist. Andere Katzenbesitzer haben sicherlich mit ganz anderen Kollateralschäden zu kämpfen. Zerkratzte Türen. Löcher in den Wänden. Ausscheidungen auf Teppichen oder gar im Bett. Damit geht es keinem gut, weder der Katze, noch dem Dosi, auch nicht der Wohnung. Also braucht es Beschäftigung. Doch was tun, wenn die Fellkugel die üblichen Spiele öde findet?
Alles für die Katz: Katzenangeln und Mäusespiele
Katzenangeln sind diese Stäbe, mit denen man eine, an einer Gummikordel befestigte, Feder oder Maus fliegen lassen kann. Die meisten Katzen finden Katzenangeln super. Bei meinem Kuschelmonster hingegen lässt sich nur schwer vorhersagen, wann sie sich auf dieses Spiel einlässt. Wenn der Mond im siebten Haus steht? Oder Jupiter auf den Mars zugeht? Es gibt Tage, da prügelt sie begeistert auf ihre Lieblingsfedern ein. An 27 von 30 Tagen jedoch verlässt sie gelangweilt den Raum, wenn ich mit dem Teil ankomme. Selbiges gilt für Mäuse. Okay, da gibt es die eine bunte Häkelmaus. Von der Nachbarin ihres Ex-Dosis in liebevoller Handarbeit erstellt. Aber auch hier gilt: Die Begeisterung hält sich in arg überschaubaren Grenzen.
Das Spiel mit dem Bändchen
Deshalb hatte es die entsprechende Alles für die Katz!-Rubrik bei uns natürlich schwer. Andererseits gibt es da noch zwei Kater, die bei Ex-Dosi leben. Die sind schon bei der einfachsten Anleitung aus dem Häuschen. Und die ist wirklich denkbar simpel: Man nehme irgendein Bändchen, zum Beispiel ein Stück Paketschnur oder auch ein Stück Gummikordel. Schon hat man ein wunderbares Katzenspielzeug für den geneigten Kater, der alles jagt, was ihm irgendwie den Eindruck von Beute vermittelt. Da spielt es auch keine große Rolle, was genau man mit dem Bändchen macht. Hauptsache ist, dass es sich irgendwie bewegt und damit vermittelt: Jag mich!
Variation: Der Schnürsenkel unterm Teppich
Ihre »Katers« gehen ja immer besonders steil, wenn sie ein Bändchen unter einer Decke zieht, erzählt Ex-Dosi immer wieder gerne. Vielleicht könnte das ja auch Luz gefallen. Okay, sagte ich nun, dann mach mal.
Also drückte ich Ex-Dosi einen langen Schnürsenkel in die Hand und legte eine Decke auf den Boden. Die folgende Szene sollte man sich nun durch Luzis Augen anschauen: Zwei Frauen am Boden hockend, schweigend und geheimnisvoll, fast verschwörerisch eine Decke anstarrend, unter der die eine von beiden in Zeitlupe einen Schnürsenkel zieht. »Was zum Henker soll das?« muss Luz sich gefragt haben. Und blieb in sicherer Entfernung.
Tags drauf, nunmehr ohne Ex-Dosi, wiederholte ich den Spaß. Diesmal saß Luz direkt daneben, schaute sich alles genau an. Auf ihrer Stirn in Laufschrift: »Ich verstehe nicht, was das soll, aber es scheint wichtig zu sein.« Wieder einen Tag später zog ich mit großer Geste den Schnürsenkel unter einem Teppich durch. Wieder saß Luz gespannt daneben, schaute zu. Doch diesmal blieb es nicht dabei. Diesmal eröffnete sie die Jagd auf den Schnürsenkel!
Die Begeisterung für dieses sehr einfache Spiel hielt aber auch nur genau drei Tage an. Für die verbleibenden 27 Tage braucht es also eine Alternative.
Alles für die Katz: Active Feeding
Meine fellige Freundin kommt nur in Fahrt, wenn Futter ins Spiel kommt. Sprich: Sie bevorzugt das Active Feeding. Das wir bis zur Lektüre von Alles für die Katz! schlicht Fummeln genannt haben. Fummeln ist jedenfalls eine kätzische Basiskompetenz. So ungefähr erklärt es Heike Grotegut, als Katzenpsychologin auch bekannt aus Funk und Fernsehen: Mit ihren tastempfindlichen Pfoten erkunden Katzen ihre Umgebung, bevor sie potentielle Beute und unbekannte Dinge an ihre scharfe Nase heranlassen. Hinweise dieser Art ziehen sich übrigens wie nebenbei durch das ganze Buch. Damit machen sie es auch zu mehr als einer reinen Bastelanleitung.
Die gefüllte dicke Nudel
Für die sogenannte Cannelloni nimmt man eine Küchenpapierrolle und schneidet mit einem Cutter Löcher hinein. Die Enden der Rolle verstopft man mit Küchenpapier. Die Leckerlis fallen nun aus den Löchern, wenn die Rolle gedreht wird. Oder die Katze zupft das Küchenpapier heraus und fummelt.
So zieht meine kleine Fellnudel dank dieser simplen Alles für die Katz!-Idee seit Wochen täglich mit ihrer Rolle durchs Wohnzimmer. Ich brauche das Ding nur in die Hand zu nehmen und schon kommt sie fröhlich gurrend angelaufen.
Das Fummelbrett
Für ein einfaches Fummelbrett braucht es einen Pappboden oder ein dünnes Holzbrett. Darauf klebt man Klo- oder Küchenpapierrollen. Mit denen lassen sich zum Beispiel Pyramiden bauen. In Küchenpapierrollen schneidet man dann aber noch mit einem Cutter Löcher, durch die eine Pfote passt. Ein paar Leckerlis rein oder etwas Trockenfutter, und die verfressene Katze hat ihren Spaß.
Variation: Das Bauklötze-Fummelbrett
Für Luz hatte ich schon vor einiger Zeit die Bauklötze-Variante gebaut, für die Kater von Ex-Dosi eine mit den Elementen eines Turmbauspiels. Die »Katers« können der amtierenden Olympiasiegerin in dieser Disziplin aber nicht das Wasser reichen. Keine(r) kann schneller als sie. Und auch in der B-Note ist meine Fummelkönigin unschlagbar.
Kartonfritze
Klopapierrollen sind für so vieles gut, wer hätte das gedacht. So auch für eine Idee, die auf einer aus dem Buch basiert. Da gibt es den sogenannten Kartonfritze. Dazu nimmt man am besten einen Kartondeckel. Ein sehr niedriger Karton tut es aber auch. In den schneidet man mit einem Cutter diverse pfotengroße Löcher. Die kann man auf der schönen Seite auch noch mit bunten Zetteln wie mit Türchen abdecken.
Der Reiz des Spiels soll es nun sein, mit einem Stöckchen durch die Löcher zu stochern. Für andere Katzen als meine Luz ist das bestimmt spannend. Weil nicht klar ist, durch welches Loch als nächstes die Beute schaut. Mein Muffelsschlumpf hingegen hat direkt den Raum verlassen, als ich damit ankam.
Variation: Vom Kartonfritze zur Luzi-Fummelbox
Also habe ich in meine Löcher Klopapierrollen gesteckt und die von beiden Seiten mit Gummiringen befestigt. Damit TroFu-Bröckchen hinten nicht herausfallen können, habe ich die Konstruktion auf einen Pappboden geklebt. Kaum lagen in den Rollen die ersten Leckerlis, war Luz sofort bei der Sache. Egal, ob die Box nun auf der Seite steht oder auf dem Rücken liegt, die Lakritznase fummelt alles hervor.
Auf persönlichen Wunsch von Ex-Dosi und ihrer Idee folgend habe ich den Pappboden mittlerweile gegen die Plexiglasscheibe eines alten Bilderrahmens ausgetauscht. Nun kann man, wenn die Box auf der Seite steht, die Pfoten beim Fummeln von der Rückseite beobachten. Und die nächste Entwicklungsstufe ist bereits in Produktion: eine Variante aus Bastelholz. Immerhin befindet sich die Luzi-Fummelbox neben der gefüllten Nudel seit Wochen im täglichen Einsatz.
Wird das Luzi-Kunst oder kann das weg?
88 Katzenspiele einfach selbst gemacht lautet der Untertitel von Alles für die Katz! Das ist großzügig benannt. Kann sein, dass mit allen Varianten tatsächlich 88 Katzenspiele zusammenkommen. Wesentlich unterschiedliche Anleitungen sind es nach meiner Zählung aber nur fünfzig. Was auch schon eine ganze Menge ist. Und wie man sieht, sind die so anregend, dass schnell eigene Ideen entstehen.
Besonders gut gefällt mir an dem Gesamtkonzept auf jeden Fall die Idee des Upcyclings. Plötzlich frage ich mich bei jeder Kleinigkeit: Wird das Luzi-Kunst oder kann das weg? Bereits zuvor hatte ich Klo- und Küchenpapierrollen gesammelt. Der ein oder andere Eierkarton war auch dabei. Nun werde ich zudem leere Kosmetiktuchboxen nicht mehr wegwerfen. Streichholzschachteln ebenso wenig.
»Nicht nur Chips und Schokolade!«
… pflege ich regelmäßig zu sagen, wenn Luz mal wieder nicht genug bekommen kann. Wobei das natürlich nicht wörtlich zu verstehen ist. Schokolade ist für Katzen hochtoxisch. Und Chips sind sicherlich auch nicht geeignet. Wer das noch nicht wusste, erhält den passenden Hinweis im Buch. Ich hingegen meine es im übertragenen Sinn. Mein TroFu-Junkie ist so scharf auf Trockenfutter und sonstige Leckerlis. Wenn es nach ihr ginge, würde sie sich nur noch über Active Feeding ernähren.
Doch das ist der Haken am Active Feeding: Zu viel Hochkalorisches landet auch bei Katzen natürlich auf den Hüften. Aus meinem kleinen Pfannekuchen soll aber irgendwann mal ein Crêpe werden. Oder zumindest ein Wrap. Es gilt also, das Maß zu wahren und ihr deutlich artikuliertes: »HRHRHRHRUNGÄÄÄÄ!!!!« oft genug mit viel Geduld auszusitzen.
Alles für die Katz! von Heike Grotegut erschien bereits 2016 im Verlag Eugen Ulmer KG.