Batman v Superman
Zack Snyder v Superman & Batman
Nach 300, Watchmen und Man of Steel versucht sich Regisseur Zack Snyder erneut an einem Klassiker des US-Comics – mit erwartbarem Ergebnis.
Es scheint fast, als läge ein Fluch auf dem Projekt Superman/Batman. Bereits 1997 plante Tim Burton in Superman Lives, „seinen“ Batman, Michael Keaton, auftreten zu lassen. 2002 arbeitete Wolfgang Petersen für gefühlte fünf Minuten an Superman vs. Batman, das die beiden vorangegangenen Franchises verbindet sollte (und einen gewissen Ben Affleck im Gespräch für eine der Hauptrollen hatte). 2005/06 war das Internet voll von Gerüchten über ein mögliches Spin-Off von Batman Begins und Superman Returns, und knapp ein Jahr später wurde das Justice Legaue-Projekt von Mad Max-Regisseur George Miller vom Autoren-Streik beendet. Jetzt, nachdem die Marvel Studios ihr eigenes großes Film-Universum kreiert haben, hat Warner Bros. es mit Nerd-Liebling Zack Snyder endlich bis zur Premiere geschafft.
Die Handlung ist schnell erzählt. Das in vielerlei Hinsicht katastrophale Ende von Man of Steel hat den gealterten – sofern man mit Anfang Vierzig gealtert ist – Batman/ Bruce Wayne auf den Plan gerufen, der in einem omnipotenten Alien, der eine halbe Millionenmetropole zerstört hat, durchaus eine Bedrohung sieht. Superman/ Clark Kent wiederum ist Batman gegenüber kritisch, da zerstörte Innenstädte und Massaker in Afrika als Kollateralschaden gelten, man mit dem Verprügeln von Menschenhändlern aber offenbar die Bevölkerung terrorisiert. Angefacht vom Milliardär Lex Luthor – nicht gerade subtil mit Jesse „Mark Zuckerberg“ Eisenberg besetzt – stehen sich der Dunkle Ritter und der Mann aus Stahl bald als Feinde gegenüber, verbünden sich aber den Genre-Regeln entsprechend schließlich gegen einen gemeinsamen Feind. Und da beide zusammen noch nicht stark genug sind, schließt sich ihnen auch Ur-Superheldin Wonder Woman an, nachdem sie den Film über weitgehend unmotiviert in ihrer bürgerlichen Identität um Bruce Wayne scharwenzelt ist. Das Ende soll hier nicht verraten werden und könnte für Leute ohne Comicvorwissen vielleicht sogar überraschend sein.
In Batman v Superman: Dawn of Justice liefert Snyder, was er halt kann: die Actionszenen sind bombastisch, wenn auch in ihrer Länge ermüdend, die Einstellungen atemberaubend und pathetisch, aber ohne Bedeutung, und seine Videospielästhetik passt ausnahmsweise hier erstaunlich gut, was vielleicht auch am hervorragenden 3-D liegt. Die wirklichen Probleme sind, wie immer bei Snyder, die Figuren und der Plot.
Da ist beispielsweise das nervtötende vermeintliche Genie Lex Luthor. Dass sein Plan unnötig kompliziert daherkommt, ist geschenkt – es ist eben Lex Luthor. Problematisch ist, dass alles nur dann funktioniert, wenn Superman möglichst ignorant und ohne jede Vorausschau agiert (was er, Gott sei Dank, tut, sonst wäre der Film schnell vorbei). Aber die wirklich große Frage ist: Warum? Große selbstverliebte Reden über Gott mit Nabokov- und Carroll-Zitaten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Luthor während des ganzen Films keine auch nur ansatzweise verständliche Motivation hat. Warum hasst er Superman? Was hat er gegen Batman? Warum erschafft er seine zerstörerische Bio-Monster-Waffe? Er hat nichts zu gewinnen, nichts zu verlieren und nichts zu Ende gedacht – ja, nicht einmal mit dem Denken angefangen. Am Ende wird schließlich alles eingerissen, was Luthor seit 70 Jahren ausmacht und wenigstens noch eine mögliche Erklärung für sein Verhalten gegeben hätte.
Noch schlimmer ergeht es Superman. In Man of Steel noch einer der Lichtblicke, wandert Henry Cavill als letzter Son Kryptons unerträglich schmollend durch die Welt. Er fliegt traurig über den Himmel, er wandert traurig durch die Eiswüste, er sitzt traurig auf dem Sofa, er steht traurig in den Überresten einer Explosion. Warum er traurig ist, versteht man kaum. Die Verantwortung für sein Handeln schiebt er schließlich grundsätzlich von sich weg und seine Lieben sind dank seiner Taten gesund und munter (der Rest der Welt ist ihm einigermaßen schnuppe). Man bekommt fast Mitleid mit einer Figur, für die sich Drehbuchautor und Regisseur so wenig interessieren, obwohl sie einer der Protagonisten sein soll. Kaum besser ergeht es Wonder Woman, wunderbar gespielt von Gal Gadot. Sie verhält sich seit 100 Jahren unauffällig, indem sie in Designerkleidern vor den Reichen und Mächtigen der Welt flaniert und alle Blicke auf sich zieht (außer den Lex Luthors, weil sonst der Film wieder zu schnell vorbei wäre). Jede Tragödie beobachtet sie mit ernster Miene, ohne als Wonder Woman aktiv zu werden. Bis sie es dann am Ende ohne Vorwarnung doch tut. Warum auch immer …
Die einzige Figur, die überhaupt so etwas wie eine Motivation, rationales Denken oder nachvollziehbare Emotionen aufweist, ist Batman. Solange Ben Affleck auf der Leinwand zu sehen ist, hat der Film wirklich einen Unterhaltungswert. Dass er gegen Keaton und Bale etwas blass wirkt, liegt daran, dass er in einem Film gefangen ist, der selbst mit Jeremy Irons und Holly Hunter nichts anzufangen weiß. Ein Solo-Film mit diesem Batman, der natürlich schon geplant ist, unter einem anderen Regisseur könnte durchaus vielversprechend sein. Genau das gleiche denkt man sich übrigens auch bei Wonder Woman sowie Flash, Aquaman und Cyborg, die nur kurz zu sehen sind. Ob es geschickt ist, dass Batman v Superman auf Filme hindeutet, die besser sein könnten, sei mal dahingestellt.
Und der Plot? Obwohl die Handlung an sich nicht kompliziert ist, wird Snyder ihr als Regisseur nicht Herr. Anstatt eine wirkliche Geschichte zu erzählen, reiht er Affektbilder aneinander und zeigt all die Einstellungen, die er wohl schon immer mal drehen wollte, egal, ob sie im Film Sinn ergeben oder nicht. Um diese Bilder zu verbinden gibt es Rückblicke innerhalb von Rückblicken, die sich als Träume entpuppen – oder auch nicht. Es gibt Zukunftsvisionen in Träumen, die Zeitreisebotschaften sein könnten – oder auch nicht – und ihrerseits auch wieder Träume in Träumen sind. Irgendwann ist man sich nicht mehr sicher, welche Szenen zeitgleich passieren, was ein Traum, was eine Rückblende und was eine Vorschau sein könnte – am schlimmsten ist es aber, wenn man merkt, dass das völlig egal ist. Im Grunde sieht man nur ein zweieinhalbstündiges Musikvideo, in dem viel geredet wird.
Auch sonst bekommt Snyder den Film nicht in den Griff. Batman ist seit 20 Jahren aktiv, allerdings werden erst jetzt Zeitungen auf ihn aufmerksam – obwohl anscheinend schon lange ein Bat-Signal den Nachthimmel erleuchtet. Gotham und Metropolis sind manchmal voneinander getrennt, scheinen dann wieder dieselbe Stadt zu sein, wodurch in dem abschließenden Destruction Porn – bei dem eine Atombombenexplosion wortwörtlich (!!!) das Harmloseste ist – diesmal gleich zwei Städte auf einmal zerstört werden – oder auch nicht … man weiß es nicht. Zum Glück hat der inzwischen zum Politiker gewordene General Swanwick aus Man of Steel die Superman-Comics der 90er gelesen und kann das Publikum schnell über Doomsdays Kräfte aufklären (eine andere sinnvolle Quelle kann er jedenfalls nicht haben). Es ist erschütternd, wie eine Handlung so wenig Sinn ergeben und dabei so wenig Spaß machen kann.
Das Herzstück des Films, der Konflikt und Kampf zwischen Batman und Superman, ist allerdings, wenn auch mit einigen Plotholes gespickt, souverän gemeistert. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Snyder sich in entscheidenden Momenten an Frank Millers The Dark Knight Returns hält, also einen Fachmann die Arbeit hat machen lassen. Das Ende des Kampfes mündet sogar in einem wirklich schönen menschlichen Moment, der kurz daran erinnert, dass Superhelden in Strumpfhosen uns doch etwas über uns und die Welt beibringen können. Ein Director’s Cut, der wirklich alles entfernt, was nicht unmittelbar mit Batmans Feldzug gegen Superman zu tun hat, könnte ein kurzer, aber hochunterhaltsamer Film sein. Stattdessen erwarten den Zuschauer 150 Minuten destruktive Spektakel ohne Substanz, Figuren ohne Charakter, Emotion, Motivation oder Innenleben und eine Geschichte, über die man nicht weiter nachdenken kann, ohne sich in seiner Intelligenz beleidigt zu fühlen. Wenn die Blase des Superheldenkinos bald platzen sollte, wird dieser Film daran nicht ganz unschuldig sein.