BBC Earth: Die Planeten Doppel-DVD
»Ihr könnt nicht schlafen wegen der Corona-Krise? Fischpott hat sich eine extrem ermüdende Doku für euch angeschaut …«, schlug der Cheffe als Teaser für diese Rezension vor. Er bezog sich darauf, dass ich über die erste DVD der BBC Earth: Die Planeten Doppel-DVD glatt eingeschlafen war.
Nun kann ich das als Kritik so aber nicht stehenlassen. Immerhin bin ich bei der zweiten DVD wach geblieben. Und noch mehr: Sie hat mir Aspekte über die äußeren Planeten unseres Sonnensystems erzählt, die ich so noch nicht wusste. Und dabei hat mindestens eine Erkenntnis mein Herzchen zum Hüpfen gebracht. Das ist doch schon mal was.
Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto
Ganz ehrlich: Wer von uns kann die Planeten unseres Sonnensystems in der richtigen Reihenfolge benennen? Sagen wir, ausgehend von der Sonne. Ich tippe, dass die meisten da schon scheitern. Ich zum Beispiel verwechsele immer Venus und Mars. Und auch bei Jupiter und Saturn muss ich immer wieder kurz innehalten.
Allein hierfür ist die Die Planeten Doppel-DVD schon mal extrem hilfreich. Dafür muss man sich die insgesamt fünf Teile der BBC Earth Serie noch nicht einmal anschauen: Die Reihenfolge steht vorne auf dem Cover. Allerdings unterschlägt sie dabei den kleinen Pluto.
Grundsätzlich ist das schon korrekt so. Schließlich wurde Pluto der Status als vollwertiger Planet 2006 aberkannt. Andererseits gibt es Stimmen, die ihn der kleinen Eiswelt wieder zusprechen wollen. So kann man auf Pluto for Planet, einer Initiative des Hamburger Planetariums, dafür abstimmen.
Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. scheint sich ob des Status’ nicht so sicher zu sein. In der Graphik Das Sonnensystem zum Scrollen taucht Pluto ganz weit rechts auf, wird hier aber nicht näher definiert. Der Zwergplanet Ceres hingegen, der Teil des Asteroidengürtels ist, wird konkret als solcher benannt.
Warum reite ich darauf so herum? Weil unter anderen die Erkenntnisse, die ich durch die Die Planeten Doppel-DVD gewonnen habe, in Hinblick auf Pluto für mich am größten waren. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Pluto eine Atmosphäre hat? Also ich wusste das nicht.
DVD 1: Die inneren Planeten
Merkur, Venus, Erde und Mars bilden die Gruppe der inneren Planeten. Warum innere? Weil dann der Asteroidengürtel folgt. Der ist sozusagen die Grenze zur Welt der äußeren Planeten. Und der wesentliche Unterschied zwischen innen und außen? Die inneren Planeten sind allesamt Gesteinswelten, während die äußeren Planeten Gasriesen (Jupiter und Saturn) sind oder als Eiswelten (Uranus, Neptun, Pluto) bezeichnet werden. Dabei bedeutet Eiswelt, dass diese Planeten gegenüber den Gasriesen einen nennenswerten Gesteinskern haben.
Die fünfteilige BBC-Earth Serie beginnt nun also mit den inneren Planeten und hier mit der Venus. Diese erste Folge deckt aber auch Merkur und Erde ab. Das allein hat mich schon etwas irritiert und mich glauben lassen, ich hätte mich verlesen. Wahrscheinlich, so dachte ich noch kurz vor dem Einschlummern, ist die erste Folge eine Art Überblick. In der zweiten Folge ging es dann aber um den Mars. Und bei der bin ich tatsächlich eingeschlafen.
Drei Gründe, warum ich eingeschlafen bin
Eingeschlafen bin ich aus genau drei Gründen:
1. Erzähltempo und Timing
Im Gegensatz zu allen anderen BBC-Earth Dokus, die ich je gesehen habe, empfand ich das Erzähltempo bei Die Planeten als sehr lahm. Vor allem der Erzähler ist lahm. Und selbst die Einspieler der von ihrer Arbeit extrem begeisterten Wissenschaftler helfen da irgendwie nicht.
Zudem irritierte mich die Fragmentierung. Alle paar Minuten folgt eine Abblende, die vermuten lässt, die Folge könnte bereits zu Ende sein. Aber nein, es geht doch weiter. Mit mindestens einem der beiden folgenden Aspekte.
2. ständige Wiederholung der 3D-Animationen
Ich hätte mal mitzählen sollen, wie oft ich das Bild der aufeinanderprallenden Gesteinsbrocken gesehen habe. Über nahezu alle Folgen hinweg taucht diese Sequenz immer wieder auf. Genauso wie die Animation des entstehenden Sonnensystems.
Das führt mich zum zweiten Aspekt dieses Punktes. Der steht nicht nur für diese Doku-Serie, sondern für so ziemlich alle Dokumentationen, die sich mit dem Universum beschäftigen. Mit den Bildern allein, die Raumsonden vom Sonnensystem gemacht haben, lässt sich keine publikumswirksame Doku machen. Und von manchen Aspekten wie zum Beispiel der Entstehung der Sonne gibt es selbstredend keine echten Bilder.
Also halten 3D-Animationen her. Die sind natürlich viel schicker als die ersten Fotos, die tatsächlich von Venus oder Mars gemacht wurden. So lassen die sich gut unterscheiden. Später aber, wenn es um die äußeren Planeten geht, vermischen sie sich mit Aufnahmen, die wie am Rechner erstellt daherkommen, aber in der Tat von Raumsonden gemacht wurden.
3. startende Raketen und jubelnde Wissenschaftler
So ziemlich jeder neuer Abschnitt beginnt mit den realen Aufnahmen startender Raketen. Ihnen folgen die Realaufnahmen jubelnder Wissenschaftler. Wenn man so wie ich langsam wegdämmert, lassen die sich nur noch ob der immer besser werdenden Bildqualität und der Frisuren der Wissenschaftler zuordnen. Zu Zeiten der Venena- und Mariner-Sonden gab es halt noch kein hochauflösendes Video und die Frisuren waren sehr typisch 60er- und 70er-Jahre.
Auch hier zeigt sich das Problem einer solchen Doku: Mit irgendwas muss man sie ja füllen. Warum also nicht immer wieder mit derselben Art von Bild? Immer wieder dieselben Gesteinsbrocken, die Planeten bilden (3D-Animation) oder immer wieder dieselbe Art von Raketenstarts.
Wobei ich mich erinnere, dass es auch anders geht. Im Gegensatz zur Die Planeten Doppel-DVD gab es bei Die Wunder des Sonnensystems nicht so viele Wiederholungen. Zumindest habe ich das so nicht in Erinnerung.
Die äußeren Planeten: Gasriesen und Eiswelten
Mit der zweiten DVD kamen die spannenden Erkenntnisse. Zumindest für mich war viel Neues dabei. Zwar lese ich gerne Science-Fiction. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mich in Sachen Science gut auskenne. So wusste ich zum Beispiel noch nicht, dass die Ringe des Saturn vergleichsweise jung sind. Die raumfahrenden Saurier aus Liu Cixins Kurzgeschichte in Die wandernde Erde hätten die Ringe jedenfalls noch nicht sehen können. Entstanden sind sie erst später, wahrscheinlich aus einem Eismond, der dem Saturn zu nahe gekommen ist. Deshalb bestehen die Ringe auch aus 17 Billionen Tonnen Eis.
Saturn und sein Eismond Enceladus
Apropos Saturn-Mond: Enceladus, einer der größten der 82 Saturn-Monde, versprüht eine ganze Menge Wasser und speist damit einen der Saturnringe. Entdeckt hat das die Raumsonde Cassini (wieder ein Raketenstart, wieder jubelnde Wissenschaftler, diesmal mit Frisuren der End-90er-Jahre). Cassini ist jedenfalls auch die Erkenntnis zu verdanken, dass Enceladus mit dem Wasser auch eine Menge Salz und organische Materie ins All versprüht. Dieser Mond hat an seinem Südpol offenbar einen Ozean aus flüssigem Wasser, auf dessen Boden heiße hydrothermale Quellen existieren. Solche gibt es sonst nur auf der Erde und hier gelten sie als der Ursprung des Lebens.
Die Erkenntnisse über den Saturn fand ich aber auch sonst noch sehr chic. Sein Kern stellt die Wärmequelle für das Wetter des Gasriesen dar. Dieser Kern war wohl mal fest und befindet sich heute in einem Zustand, der irgendwo zwischen gasförmig und flüssig angesiedelt ist. Das Wetter sorgt nun für so heftige Blitze, dass es Kohlenstoff regnet, der durch den extrem hohen Druck zu Diamanten wird, die dann dem hohen Druck des flüssig-gasförmigen Kerns nicht standhalten können. So etwas Ähnliches passiert offenbar auch auf Neptun.
Ob nun vom Saturn oder von Neptun: So einen Diamanten hätte ich wohl gerne. Die nächste Raumsonde könnte mir ja mal einen mitbringen.
Plutos Herz
Kommen wir zum Schluss noch einmal zu Pluto. Für diese Erkenntnis bin der BBC Earth: Die Planeten Doppel-DVD wirklich dankbar: Der Zwergplanet, der einst ein Planet war, hat ein Herz und eine Atmosphäre. Ist das nicht schön?
Dieses Herz besteht aus Stickstoff-Eis und ist weithin sichtbar. Irgendwie passt das auch dazu, dass Pluto ganz schön exzentrisch ist. Okay, das bedeutet eigentlich, dass seine Umlaufbahn um die Sonne stark variiert. Phasenweise hält er sich näher an der Sonne auf als Neptun. Aber dann hat mir die Doku auch noch verraten, dass Pluto eine – wenn auch sehr dünne – Atmosphäre hat. Was soll ich sagen: Seither schlägt mein Herz für Pluto.
Die Bilder von Plutos Herz und seiner Atmosphäre stammen übrigens von New Horizons. Ein weiterer Raketenstart mit Frisuren aus dem frühen 21. Jahrhundert.
Die fünf Folgen der BBC Earth Die Planeten Doku liefen auch im ZDF: Die Planeten – Eiswelten in der Mediathek. (Video verfügbar bis 21.04.2020)
Fischpott Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar der Die Planeten Doppel-DVD erhalten.