Bei Fischpotts unterm Weihnachtsbaum 2
Geburtsstunde einer Weihnachtstradition
Gut zehn Jahre ist es her, da ich »Unterwegs nach Cold Mountain« von Charles Frazier las. Oder eben doch nicht las. Passiert mir selten, aber nach vielleicht 50 Seiten musste ich dieses Buch weglegen. Ewige Landschaftsbeschreibungen. Keine Dialoge. Und wenn Dialog, dann hatte der Autor auch noch auf Anführungsstriche verzichtet. Eine Qual für das Auge. Am darauffolgenden Weihnachten lief die Verfilmung im TV. Okay, dachte ich, gib dem Ganzen noch eine Chance. Es ist Weihnachten, schlimmer kann es ohnehin nicht kommen. Das war die Geburtsstunde einer Tradition.
Unterwegs nach Cold Mountain
»Unterwegs nach Cold Mountain« erzählt die Geschichte von zwei Liebenden, die keine Chance haben. Es ist amerikanischer Bürgerkrieg. Handwerker Inman (Jude Law) kämpft für die Südstaaten an der Front, während Ada Monroe (Nicole Kidman) nach dem Tod ihres Vaters zu verhungern droht. Über Landwirtschaft könnte Ada Songs komponieren oder auf Latein Bücher schreiben – selbst Land zu bewirtschaften oder Tiere zu schlachten aber hat sie nie gelernt. Zu ihr zieht Ruby (Renée Zellweger) und rettet der Intellektuellen mit ihrer Bodenständigkeit das Leben. Inman trifft es weniger gut. Nach unzähligen Schlachten landet er schwerstverletzt im Lazarett und entscheidet, dem sinnlosen Morden ein Ende zu setzen. Unterwegs nach Cold Mountain begegnen dem Deserteur Menschenverachtung und nicht enden wollendes Leid. Als er es schließlich doch zurück in sein Dorf schafft… nun, ein Happy End würde diesem Meisterwerk der Tristesse nicht gut zu Gesicht stehen.
Nach diesem Film lernte ich dann auch das Buch lieben. Und seither heißt es jedes Jahr wieder zu Weihnachten: »Unterwegs nach Cold Mountain«. Jingle Bells unterm Weihnachtsbaum und dicke Männer im roten Rock – hohoho – sind eben einfach nicht so mein Ding.