Brexit – The Uncivil War
Mit Brexit – The Uncivil War erschien am 5. April 2019 ein Fernsehfilm zum aktuellen Thema. Prominent mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle besetzt wird hier die Geschichte des Brexit in Form einer Rückschau erzählt. Wir schreiben das Jahr 2020 und einer der führenden Macher der Leave-Kampagne wird befragt, wie es überhaupt soweit kommen konnte. Und wir als Zuschauer sind natürlich von Anfang an dabei.
Alles hat einen Anfang
Dominic Cummings (Benedict Cumberbatch) wird dabei am Anfang von Brexit – The Uncivil War von Matthew Elliott und dem Abgeordneten der UKIP-Partei Douglas Carswell überredet, die Leave-Kampagne zu leiten. Cummings ist als Stratege bekannt und aus deren Sicht der ideale Mann für den Job. Auf der Gegenseite führt Craig Oliver (Rory Kinnear) die Stay-Kampagne. Schnell kriegen wir als Zuschauer dabei mit, dass beide Seiten eine völlig unterschiedliche Strategie verfolgen. Während die Stay-Seite ganz konservativ an den Wahnsinn eines EU-Austritts erinnert und die Vorzüge der EU hervorhebt, realisiert Cummings schnell, dass man so nicht zum Ziel kommt. Grob kann man die potenziellen Wähler in 3 Blöcke aufteilen. 1/3 der Leute würde gern in der EU bleiben, 1/3 diese verlassen. Diese beiden Gruppen kann man kaum beeinflussen oder ansprechen, ihre Meinung zu ändern. Bleibt das übrige Drittel. Das sind die Leute, die frustriert sind, die sich durch eine Wirtschaftskrise nicht mehr verschlechtern können und die vor allem nicht wählen. Die Frage, die sich Cummings stellt ist: Wie kann ich diese Leute für meine Kampagne gewinnen?

Klassische Zielgruppensuche
Zunächst findet man heraus, was diese Leute beschäftigt. Dazu redet man mit Leuten, die am Rande der Gesellschaft sind und das schon seit Margret Thatchers Zeiten. Die sich wundern, dass überhaupt jemand aus der Politik mit Ihnen reden. Beispielhaft wird in Brexit – The Uncivil War hier ein Ehepaar in einer heruntergekommenen Siedlung gezeigt. Er war Stahlarbeiter und hat keine Aussicht mehr auf Arbeit, sie hat offenbar noch nie was Richtiges gelernt. Beide so Mitte 50. Außerdem wird in Pubs mit normalen Leuten aus der Arbeiterklasse geredet. Was Cummings dabei wirklich vermeiden will, ist das Thema Immigration. Dieses stellt für ihn ein Wahlkampfgift dar. Deshalb verweigert er auch seine Zusammenarbeit mit Nigel Farage (Paul Ryan). Sein Umfeld besteht aus eher rechtsgerichteten, nicht besonders gebildeten Leuten und eine Zusammenarbeit kann der Kampagne eher schaden. Wichtig sind die Stimmen aus diesem Lager natürlich dennoch.
Moderne Kriegsführung
Um jetzt möglichst viele Personen aus der eher nicht wählenden, frustrierten Bevölkerungsschicht zu finden kommt heuert Cumming den Canadier Zack Massingham an. Dieser hat einen Social-Media-Algorithmus namens AggregateIQ entwickelt. Kurz erklärt werden hier über soziale Medien wie Facebook oder Twitter Leute zur Teilnahme an Umfragen oder Gewinnspielen animiert mit dem Ziel, deren Interessen über das Auslesen ihrer Profile abzufragen. Im zweiten Schritt kann man diesen Leuten dann recht einfach Teile der Leave-Kampagne in ihrer Filter-Blase zuspielen, sodass auf deren Timelines nur mehr die entsprechenden Slogans auftauchen. Außerdem ändert Cummnigs den Slogan „Take Control“ sehr schnell in „Take back Control“. Damit kriegt der Wähler das Gefühl, dass man in der Vergangenheit die Kontrolle über etwas hatte und diese zurückholen muss. Als weiterer Schachzug kommt dann die Behauptung, man würde jede Woche 350 Millionen Pfund an die EU überweisen, die man besser in den NHS (National Health Service) stecken könnte. Und natürlich die Angst, die Türkei könnte bald in der EU sein. So wird von den Leave-Bereitern dann auch der Slogan „350 Millionen Pounds. And Turkey!“ immer und immer wieder skandiert.

Brexit – The Uncivil War: Spannend obwohl man den Ausgang kennt
Ich gebe zu, all zu sehr habe ich mich mit dem Brexit-Referendum nicht beschäftigt. Mir war klar, dass man der Bewölkerung falsche Zahlen präsentiert hat, dass viele Leute, die kaum Ahnung von der Materie haben für Leave gestimmt haben. Und dass es am Ende sehr knapp wurde. Eine der schillernsten Personen der Kampagne war dabei Boris Johnson (Richard Goulding). Dieser kommt natürlich auch in Brexit – The Uncivil War vor und ist auch ganz treffend dargestellt als jemand, der nicht so wirklich weiß was er tut und gerne im Rampenlicht steht. Außerdem werden immer wieder echte Szenen der Kampagne, von Politikern und Nachrichtensendungen eingeblendet. Gegen Ende gibt es dann noch eine gelungene Szene, in der sich die beiden Rivalen Cummings und Oliver an einem U-Bahnsteig gegenüberstehen und beschließen, zusammen ein Bier zu trinken. Gerade jetzt, wo die Folgen des Brexit spürbar werden, ist Brexit – The Uncivil War hochaktuell und auf jeden Fall ein sehr interessanter und teilweise auch spannender Film. Da ich gern im O-Ton schaue spreche ich mal eine Empfehlung für die DVD aus, egal ob der Film bald im TV kommt.

Disclaimer: Fischpott hat von Polyband ein Testmuster der deutschen Blu-ray-Version zur Verfügung gestellt bekommen.
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