Call of Duty – Advanced Warfare (PS4)
Am Anfang war der Kopfschuss
Erst einmal muss ich klarstellen, dass ich ein Call-of-Duty-Fanboy bin. Ich habe sie alle gehabt, die Modern Warfares, die Black Ops und die Ghosts. Es begann mit CoD – World at War und es war Liebe nach dem ersten Kopfschuss. Doch wie jede Beziehung hat auch diese ihre Hochs und Tiefs gehabt. Zuletzt allerdings, nach einem ziemlich enttäuschenden Quickie mit Ghost auf der PS4, kam es zum Tiefpunkt unserer Liebe. Ich sah mich gezwungen, mich nach einem neuen Ego-Shooter umzusehen und landete letztlich im Schoß von Battlefield 4.
Ein Gastbeitrag von David, Dirty Nerd und Slammer aus Wuppertal.
Als Call of Duty – Advanced Wars angekündigt wurde und die ersten Videos des Shooters im Internet kursierten, war mein erster Eindruck eher zwiespältig.
Zukunftsszenario – okay.
Exoskelette – muss das sein?
Unsichtbare Charaktere im Multiplayer – och nö.
Das ganze roch und sah aus wie Killzone oder Crysis. Warum also CoD spielen?
Kurz vor dem Erscheinungstermin kam aber dieses Kribbeln wieder. Dieses Gefühl wenn man in der Stadt seine Verflossene trifft und man sie trotz einiger schlechter Erfahrungen immer noch mag.
Dieses Kribbeln war es dann auch, das mich dazu veranlasste Call of Duty – Advanced Warfare eine Chance zu geben … der guten alten Zeiten wegen.
Frank Underwood is in the House of Duty
Die Solokampagnen von Call of Duty waren für mich nie wirklich ein gutes Kaufargument. Ich bin ein Multiplayer-Gamer. Ich will gegen menschliche Gegner spielen, die mich auf übelste beleidigen, wenn ich ihnen die Birne weg puste. Da ich aber im Battlefield-Modus war, habe ich mir die Einzelspielerkampagne reingezogen um wieder ein bisschen reinzukommen.
Ja, es gibt eine Geschichte, aber mal ehrlich, Charaktertiefe und ein spannender Plot waren niemals die Stärke von Ego-Shootern. Wenn ich eine coole Story erleben will, spiele ich Last of Us oder Heavy Rain. Gute fünf Stunden braucht man um die Kampagne von Advanced Warfare durch zu spielen.
Dabei geht es naturgemäß ordentlich zur Sache. Es wird geballert bis die Gewehrmündung glüht, es darf hier und da mal geschlichen werden und natürlich darf man auch wieder Snipern, mit Fahrzeugen durch die Gegend gurken und versuchen bei Quicktime-Events (eigentlich nur ein beschönender Begriff dafür im richtigen Moment die richtigen Knöpfe zu drücken) am Leben zu bleiben.
Kevin Spacey, der in der deutschen Synchro zum Glück auch den passenden Spacey-Sprecher hat, spielt dabei seine übliche Rolle als (Achtung fast ein Spoiler) hinterhältiges Arschloch.
Während man den Bösen Mächten das Handwerk legt, bewegt man sich durch schlauchartige Level, in denen man es mit wahren Gegnerhorden zu tun bekommt, die sich manchmal auch gerne selber im Weg stehen. Die Einzelspielerkampagne von Advanced Wars ist wie ein ganz passabler Actionfilm, bei dem man das Hirn ausschalten kann. Sie ist spektakulär, laut und immerhin so packend, dass man nicht nach drei Leveln schon das Verlangen hat, das Joypad zur Seite zu legen und lieber eine Runde Minecraft auf dem Handy zu spielen. Allerdings fehlt es mir dabei an erinnerungswürdigen Szenen, wie beispielsweise der Sturm des Reichstags in World of War oder die Mission in Tschernobyl in Modern Warfare. Es plätschert so vor sich hin und ist hier und da sogar ein wenig peinlich, wenn beispielsweise in einer Beerdigungsszene aufgefordert wird, seinem gefallenen Kollegen die Ehre zu erweisen. Emotionen lassen sich halt nicht durch einen Knopfdruck auslösen – dazu gehört einfach eine gute Story, bei der man die Charaktere ins Herz schließt.
I believe I can fly
Das wahre Herz eines jeden Call-of-Duty-Titels ist der Multiplayer-Modus. Dort kann man Mensch sein, dort kann man sich benehmen wie ein wildgewordener Tourette-Patient auf Koks.
Neben den üblichen Spielmodi-Verdächtigen Team-Deathmatch, Herrschaft oder Abschuss-Bestätigt gibt es in Advanced Warfare einige alte Bekannte wie Capture-the-Flag oder Momentum (der War-Spielmodus aus World at War) wieder.
Auf dreizehn Karten (vierzehn wenn man sich den Season-Pass gegönnt hat) können sich bis zu achtzehn Spieler austoben. Dabei fällt auf, dass es bei Advanced Wars keine richtig großen Karten gibt. Sie sind allesamt klein bis mittelgroß und wurden der wichtigsten neuen Begebenheit des Spiels angepasst – dem Rumhüpfen. Dank des Exo-Skeletts können die Spieler nun beeindruckende Sprünge machen oder auch mit ordentlichem Schub den Salven der Gegner ausweichen. Meine anfängliche Befürchtung man würde es bei Advanced Wars mit Horden an hüpfender ADHS-Spacken zu tun bekommen, hat sich zum Glück nur teilweise bestätigt. Es gibt zwar immer noch die ADHS-Spacken aber das mit dem Hüpfen hält sich glücklicherweise in Grenzen. Nach einiger Zeit macht es sogar richtig Spaß von Haus zu Haus zu springen und sobald man ein wenig ein Gefühl dafür entwickelt hat, macht es das Spiel sogar spaßiger, da dadurch eine gewisse Dynamik entsteht, die man so von CoD nicht kannte. Allerdings muss man stets auf der Hut sein, denn einmal in der Luft gibt man auch ein gut sichtbares Ziel ab, das man in bester Tontaubenschießen-Manier vom Himmel pflücken kann.
Weiterhin kann man seinen Charakter durch den Einsatz gewisser Exo-Fähigkeiten für kurze Zeit pimpen. Man kann ihn schneller, widerstandsfähiger oder sogar unsichtbar machen. Da diese Fähigkeiten aber nur für kurze Zeit eingesetzt werden können, sind die Auswirkungen im Spiel nicht so drastisch wie befürchtet.
Jedem Charakter stehen dreizehn Slots zur Verfügung auf die man Waffen, Perks, Exo-Fähigkeiten, Granaten oder Killstreaks setzen kann. Dadurch wird die Charaktererschaffung extrem flexibel, so dass jeder in der Lage sein sollte, seinen Charakter nach seinen Fähigkeiten und Vorlieben zu bauen.
Extrem positiv fand ich, dass die Killstreaks ein wenig entschärft wurden, so dass es bei Advanced Wars – anders als bei Ghost – nicht zu Killstreak-Orgien und Hubschrauber-Overkills kommt.
Außerdem lassen sich diese punktebasierende Killstreaks auch individuell verbessern, wobei man allerdings ein paar Punkte mehr braucht, um diese verbesserte Version zu erreichen.
Eine weitere gelungene Neuerung ist das Loot-System bei dem man mit verschiedenen Geschenken belohnt wird. Dazu zählen jede Menge Rüstungsteile, die allerdings nur der Aufhübschung unseres Charakters dienen und Waffenvariationen mit veränderten Kampfwerten (wie höhere Schussrate, dafür kleinerer Schaden). Das ist durchaus motivierend und es macht einfach Spaß seinem Charakter ein einigermaßen einzigartiges Aussehen zu spendieren.
Die Karten würde ich allesamt mit dem Prädikat „ganz nett“ versehen. Wie im Storymodus fehlt mir auch hier das Erinnerungswürdige, die richtigen Highlight-Karten, von denen man irgendwann in ein paar Jahren beim Zocken von Modern Warfare 5 schwärmen wird. Zwar gibt es bei verschiedenen Karten auch Ereignisse die nach einer Zeit ihren Lauf nehmen, wie ein Tsunamiwelle oder ein Vulkanausbruch, aber diese sind weder so spektakulär wie bei Battlefield 4 noch haben sie großen Einfluss auf das Spiel. Hier hätte man sicher noch einiges an Luft nach oben.
Alles in allem fühlt der Multiplayer-Modus von Advanced Warfare gut an. Es gibt kaum Camper die in dunklen Ecken und an Treppenaufgänge lauern und auch das bei CoD-Titeln übliche Quickshotten ist so gut wie ausgestorben. Dem Macher-Team von Sledgehammer ist es gelungen die neuen Fähigkeiten der Zukunftssoldaten so einzubauen, dass man immer noch das typische CoD-Spielgefühl hat – ohne, dass das Balancing dadurch groß leiden würde.
Aber es nicht alles Gold was glänzt und so gibt es auch bei AW einige bittere Pillen zu schlucken, wie das kleine Angebot an Waffen und vor allem das Fehlen dezidierter Server. Dadurch entstehen oftmals Frustmomente, weil man den Gegner zwar getroffen hat, der Schaden aber nicht richtig registriert wird. Das führt oft dazu, das man plötzlich nur noch Gegner töten kann, wenn man sie von hinten aus nächster Nähe erschießt, anschließend messert und zu guter Letzt einen Atomsprengkopf in ihre Nähe zum Explodieren bringt. Das nervt.
Viel Feind, viel Ehr
Auch Advanced Warfare kommt mit einem Koop-Modus daher, bei dem man mit bis zu Vier Mitspielern fünfundzwanzig Gegnerwellen überstehen muss und dabei stets seine Fähigkeiten und sein Equipment verbessern kann. Doch im Gegensatz zum Zombie-Modus von Black-Ops oder den Aliens aus Ghost hat man es hier mit menschlichen Gegnern zu tun. Der Modus wirkt vielleicht deswegen ein wenig lieblos. Trotzdem macht es Spaß mit ein paar Freunden die Massen an Gegner ins virtuelle Jenseits zu schießen, auch wenn es bei weitem nicht so spannend ist, wie Zombies zu schnetzeln.
Technik die begeistert?
Advanced Wars ist der erste CoD-Titel der für die PS4 programmiert wurde und somit nicht einfach eine hübschere Version eines PS3-Spiels sein sollte. Grafisch ist AW sauber programmiert ohne es aber mit dem Detailreichtum eines Battlefield 4 aufnehmen zu können. Die Lichteffekte sind hübsch anzusehen und das Spiel geht trotz großer Gegnermassen niemals in die Knie. Die Charaktere, allen voran Kevin Spacey, sehen in den Zwischensequenzen wirklich gut aus, leider kann AW aber dieses Niveau bei den Charakteren im Spiel selber nicht halten. Advanced Wars setzt jetzt keine neue Grafikmaßstäbe auf der PS4, kann sich aber sehen lassen. Auch der Ton wummert, gerade bei der Nutzung von Kopfhörern, mit ordentlich Bass durch die Gehörgänge und in Szenen in denen es auf dem Bildschirm heiß hergeht, bekommt man ein klein wenig das Gefühl, wie sich das anhört wenn man aus Versehen die falsche Autobahnausfahrt nimmt und in einem schnuckeligen Kriegsgebiet landet.
Fazit
Advanced Wars hat sicher nicht das Format von Black Ops oder Modern Warfare, aber es konnte mich als Multiplayer-Zocker nach dem grottigen Ghost wieder mit der CoD-Reihe versöhnen. Meine Befürchtungen, dass der Mehrspieler-Modus durch die Sprungfähigkeit der Charaktere total versaut würde, sind zum Glück nicht eingetroffen. Es macht sogar Spaß die Vertikalität der Karten zu nutzen oder Gegner mitten im Sprung vom Himmel zu holen. Die Macher von Advanced Wars haben vieles richtig gemacht, aber es gibt für den nächsten Titel der Serie noch Luft nach oben. Vor allem würde ich mir wünschen, dass auch CoD bald auf dezidierte Server setzt und somit für alle Spieler die gleichen Voraussetzungen schafft. Man darf doch wohl noch träumen dürfen.