Circle Creek – PAST presents FUTURE
NRT Records mag Bands mit runden Namen. So folgt auf das Review des neuen Albums der NRT Records Band Teufelskreis nun ein Review eines weiteren Abkömmlings des Labels: Circle Creek. Wer im Folgenden alle Kreismetaphern aufspürt, bekommt dafür Respekt und wohlwollende Anerkennung.1
Circle Creek EST. 1983
Circle Creek wurden 1983 von den Zwillingen Chris und Didier Zirkelbach gegründet. Wo der Bandname herkommt ist also schnell erklärt: Das Kompositum ‚Zirkelbach‘ kurzum zerlegt und grob übersetzt ins Englische. Simpel und direkt, ohne Umschweife, wie guter Oldschool Rock. Und den begleiten Circle Creek schon seit geraumer Zeit auf Konzerten und Festivals. Gerne fungierten sie als Support für beispiesweise die Scorpions oder Status Quo. Viele Studioveröffentlichungen finden wir nicht in der Diskografie Circle Creeks und vermuten daher eine Liveband mit Leib und Seele.
Nach fünf Jahren sind die vier Jungs aus Österreich nun aber drauf und dran ihr zweites Studioalbum zu veröffentlichen. Und um den 35 Jahren des Musikmachens angemessen zu huldigen gibt‘s obendrauf ein Jubiläums-Release. Und zwar in Form der Deluxe-Version ihres erfolgreichen Albums Anger: Anger – Deluxe (nicht zu verwechseln mit St. Anger).
Bei 35-jähriger Bandhistorie und nur einem veröffentlichten Album (besagtes Album Anger, erschienen 2013) ist es sinnvoll, ein Minialbum zum Warmwerden vorneweg zu schicken. Das rüttelt die alten Fans wach und ködert neue Interessenten, bevor dann Ende des Jahres die neue Scheibe The World is on Fire in die große weite Musikwelt geschickt wird.
PAST presents FUTURE
Wir haben eben jene Warmwerd-EP mit dem wortverspielten Namen PAST presents FUTURE unter die Lupe genommen. Als erstes fällt auf: mit guten 35 Minuten Spielzeit müsste sich die EP gar nicht zwangsläufig EP nennen. Natürlich handelt es sich aber auch nicht um ein vollwertiges Album, denn die Songauswahl besteht, wie der putzige Name vermuten lässt, fifty-fifty aus Altem (von Album Anger) und Neuem (schätzungsweise von der anstehenden neuen Platte).
Ihre Musik beschreiben die Zirkelbachs als Heavy Stoner Rock. Und der erste Eindruck bestätigt dies: Wir hören Hardrock, ein bisschen Grunge, ein bisschen Heavy Metal und viel Stoner-, respektive Desert Rock. Man hört außerdem die langjährige Banderfahrung. Circle Creek geben einen guten musikalischen Überblick über die 90er bis Anfang 2000er als Josh Homme und Freunde noch die Rockcharts besiedelt haben: Queens of the Stoneage, Kyuss, Soundgarden, Turbonegro, vielleicht ein Eckchen Motörhead. Alles sehr solide und angenehm zu hören, alles recht bekannt. Der Genremix ist mittlerweile, so kann man sagen, fast als ‚oldschool‘ zu verschubladen in einer Zeit, in der Nirvana und Slayer eher als modisches Accessoire denn als (modisches) Statement auf T-Shirts internationaler Bekleidungsketten gedruckt werden.
Track für Track
„Creatures“ ist der erste Eindruck. Der Song tritt auf als Standard Hardrock Nummer, doch beeindruckt durch ein unerwartetes, wüstiges Desert Rock-Gitarrensolo. Wir sind ganz Ohr und neugierig, was als nächstes kommt. Möglicherweise versteckt sich der Musikfuchs hier im Detail.
Der zweite Song „Killing Factories“ startet mit Walgesängen. Das Intro lässt uns stutzig werden: „Killing Factories“? Wale? Keine Frage, um was es in dem Stück geht! Rettet den Planeten, seid lieb zueinander, schützt die Umwelt, esst kein Walfleisch – anstatt Wüstenwahn, Haschkekse und laffes Bier. Ein solcher Ansatz ist immer löblich, doch kann sehr schnell als Predigt verstanden werden. Predigten mag niemand.
Doch uns interessiert das erstmal nicht, denn musikalisch hat Killing Factories durchaus was zu bieten. Nach einem langsamen Start, bei dem das Vergleichhörnchen auf Tool oder A Perfect Circle verweist (‚Circle‘ – sicher kein Zufall), mixen sich durchaus ansprechende QOTSA-artige Riffs in den Songaufbau. Nice. Danach wieder zurück zum, nun im Wechsel zugegebenermaßen, etwas dünn und weinerlich erscheinenden A-Perfect-Circle-Ökolament. Nach einiger Zeit schauen wir auf die Uhr. Trotzdem bleiben die „Killing Factories“ am beständigsten im Gedächtnis, dank des Stimmungsmixes.
Auf zum dritten Song. „D.R.U.G.S.“ – eine ironische Erinnerung an all die Suchtmittelchen, die wir uns täglich (und nicht so täglich) zu Gemüte führen. Angefangen mit Kaffee schwingt sich der Text quer durch die (Alltags-)Drogenlandschaft hoch bis zu Crystal Meth und darüber hinaus. (Am Rande: ‚Crystal Meth‘ – ein Wort, dass niemals unverkleidet in einem Songtext Verwendung finden sollte! Aber das ist poetische Geschmackssache und kommt sicher häufiger vor, als einem das lieb ist.)
Danke für die gut gemeinte Aufklärung, Circle Creek. Nächstes Lied. Nein, mal im Ernst: Stimmt ja alles und der Text ist nicht unlustig. Der up-tempo Song rockt außerdem. Aber der Kaffee bleibt einem trotzdem kurz im Halse stecken, Humor oder nicht.
Der vierte im Gepäck: „Going Nowhere“. Und hier geht der alteingesessene Fan nun endlich ‚somewhere‘. „Going Nowhere“ ist der bekannteste Hit der Band und der eingängigste Song der EP. Diese Version ist die Originale, wie sie auf Anger zu finden ist. Der letzte Song der EP ist die neue Version der Neuauflage Anger – Deluxe.
In Nummer fünf hört das Vergleichhörnchen nun sogar etwas Rage Against the Machine. Leider kommt der Gesang in der schnellen Anarcho-Nummer nicht so kraftvoll rüber wie bei einem authentisch wütenden Zack de la Rocha. Auch bekannt von RATM, aber nicht unbedingt gut: Der Song wirkt etwas lang. Rebellen mögen kurze Songs, zu lang und repetitiv kills the mood (oder trennt die Spreu vom Weizen…?).
Sechs ist eine erneut ein bisschen Toolige mid-tempo Nummer. Gefällt. Und auch dieser Song morpht, wenn auch ein bisschen scheu, zu einem Crossover à la Rage Against the Machine. Macht aber nichts.
Wie bereits erwähnt ist Nummer sieben dasselbe wie Nummer vier in neu und wird in dieser Form auf dem Re-Release Anger – Deluxe zu finden sein.
Unterm Strich
Auf PAST presents FUTURE findet man solide, gut hörbare Rockmusik. Circle Creek fallen dabei keinesfalls in die Deutschrockkategorie, sondern singen auf Englisch mit einem gehörigen Schuss Palm Desert Wüstencharme. Der ‚unverkennbare Sound‘, den jeder Wüstenmusiker delirisch in der Wüste zu finden versucht, wird jedoch vermisst. Wir wollen das nun aber den Österreichern nicht gleich zum Vorwurf machen; schließlich könnte man behaupten, dass dafür die Seelensuche in der echten Steppe unersetzlich ist. Auf der anderen Seite jedoch konnten Madrugada das auch im schattigen Norwegen.
Text und Musik unterstützen sich gegenseitig und sind gut aufeinander abgestimmt. Inhaltlich ist der Ansatz, sozialökopolitische Themen aufzugreifen zwar nicht unsinnvoll, doch kommen die Aussagen trotz Ironie und Metaphern immer noch etwas zu direkt und offensichtlich beim Hörer an. Die Einflüsse bekannter Sounds sind deutlich erkennbar und werden auf interessante Art und Weise vermengt. Allerdings wird trotz Gemixe und Kombination kein Rad neu erfunden. Wer abgefahrene Desert-Sessions-Soundexperimente erwartet, wird auf PAST presents FUTURE eher nicht fündig. Wer Wüstenrock mag und die Kyuss-Diskographie totgehört hat, kann Circle Creek ruhig eine Chance geben. Die Diskografie ist übersichtlich, der Einstieg schnell gefunden und unkompliziert. Die Songs sind melodiös und unterscheidbar, bleiben im Ohr und das Handwerk ist solide.
PAST presents FUTURE wurde uns freundlicherweise von NRT-Records zur Verfügung gestellt. Die EP enthält sieben Tracks, läuft knapp 35 Minuten und ist als Vorspeise zu dem Doppelrelease The World is on Fire und Anger – Deluxe gedacht.
- In diesem Review finden Kreismetaphern keine bewusste Verwendung, also viel Glück! ↩
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