Community
Two and a Half men, How I met your mother, The Big Bang Theory, Scrubs – Das Nachmittagsprogramm im Privatfernsehen quillt in Deutschland vor amerikanischen Sitcoms nur so über. Und alle funktionieren nach einem ähnlichen Schema. Brauchen wir also tatsächlich eine weitere Serie von der Sorte?
Der ehrgeizige und arrogante Junganwalt Jeff Winger wird gezwungen, seinen College-Abschluss nachzuholen: sein eigentlicher Abschluss war gefälscht. Um sich so wenig Arbeit wie möglich zu machen, entscheidet er sich für das Greendale Community College, im Groben die amerikanische Version einer Volkshochschule. Dort wirft er schnell ein Auge auf die attraktive Britta, die jedoch wenig von dem Junggesellen hält. Jeff lässt sich davon nicht beirren und gründet eine Lerngruppe, um an Britta heranzukommen. Neben Britta schließen sich schnell weitere Studenten der Gruppe an: Abed, der entwicklungsgestörte Nerd; Annie, die ehrgeizige, gerne mal hysterisch werdende Perfektionistin; Pierce, der gealterte, perverse Großindustrielle; Shirley, die gottesgläubige Mutter von zwei Kindern; Troy, der frühere High School-Footballer und Freund von Abed. Zunächst ist Jeff noch genervt von den skurrilen Gestalten um ihn herum, doch schnell schließt er die bunte Truppe in sein Herz.
Nicht wie jede andere Sitcom
Community ist keine einfache Serie. Das mag angesichts dieser sehr simpel klingenden Story erstmal überraschen. Tatsächlich wirkt der Stoff zunächst wie aus dem Sitcom-Baukasten entnommen. Doch Community funktioniert auf deutlich mehr Ebenen. Die Charaktere sind skurril und abgedreht, werden aber bewusst von Anfang an sehr stereotypisch gezeichnet. Eigenschaften typischer Sitcom-Charaktere werden aufgegriffen und hemmungslos überzeichnet. Abed, der sein gesamtes Umfeld als TV-Serie ansieht, ist dabei die eigentliche Schlüsselfigur. Seine Kommentare und Ansichten nehmen die Mechanismen und Klischees von Filmen und besonders Sitcoms regelmäßig auseinander . Regelmäßig wird die Vierte Wand, also die Grenze zwischen den fiktiven Figuren und dem Zuschauer, durchbrochen. Auch popkulturelle Anspielungen sind zahlreich vorhanden; gleichzeitig wird jedoch die Arbeit mit diesen popkulturellen Anspielungen in Serien selbst parodiert.
Bei dieser komplex klingenden Struktur und Vielschichtigkeit bleibt glücklicherweise das Wichtigste nicht auf der Strecke: Der Humor. Hier ist vordergründig für jeden etwas dabei: Es gibt rasante Dialoge, skurrile Nebencharaktere, Slapstick, Anspielungen auf Filme, Serien und Schauspieler, Beziehungskrisen etc. Hervorzuheben ist hier vor allem der Meta-Humor (kurze Definition: Meta-Witze sind Gags, die mit den Erwartungen an einen klassischen Gag spielen, nur um diese dann zu brechen), der in den abgedrehten Szenarien grandios ausgespielt wird. All das wird in einem derart rasanten Tempo abgefeuert, dass man kaum die Chance hat, wirklich jeden einzelnen Gag oder jedes versteckte Detail beim ersten Sehen zu erkennen.
Klischeebilder zum Verlieben
Die Charaktere sind, wie schon erwähnt, klassische Rollenklischees, die vor allem von ihren Selbstparodien und den skurrilen Popkulturszenarien leben. Trotzdem sind sie nicht unsympathisch und man schließt sie schnell ins Herz. Das liegt nicht zuletzt an den grandiosen Darstellern. Die größtenteils nur aus Nebenrollen bekannten Schauspieler verschmelzen förmlich mit ihren Rollen und agieren so abgedreht und over-the-top, wie es ihre Figuren verlangen. Als größter Besetzungs-Coup erweist sich allerdings Chevy Chase. Die als Clark Griswold aus der National Lampoons-Reihe berühmte Comedy-Legende spielt mit dem rassistischen unsensiblen und überalterten Pierce Hawthorne selbstironisch und mit deutlich erkennbarem Spaß an seiner Rolle auf. Und ein weiterer bekannter Name versteckt sich bei den Nebencharakteren: Ken Jeong, den Meisten bekannt als der verrückte Chinese aus den Hangover-Filmen. Hier darf er als verrückter Spanisch-Lehrer (!!!) voll auftrumpfen.
Ein letztes Plus: Keine Dosenlacher im Hintergrund, was sehr angenehm auffällt (Wozu braucht man in Comedy-Serien immer ein nerviges Publikum, das dem Zuschauer zeigen muss, wann er zu lachen hat?). Insgesamt ist Community eine schnelle und unglaublich witzige Comedy-Serie, die mit Anspielungen und Parodien gespickt ist, gleichzeitig aber auch die Klischees seine Sitcom-Kollegen genüsslich demontiert.
In den USA wurde kürzlich eine vierte Staffel bestätigt. Zurzeit wird die erste Staffel in Deutschland auf ProSieben zur undankbarsten Sendezeit (Samstags um 13:30 Uhr) ausgestrahlt. Fischpott empfiehlt allerdings die Originalfassung, in der die vielen feinen Anspielungen und der sprachliche Witz einfach besser rüberkommen.
DG
Video-Link: http://youtu.be/C4W4L9TLJa8
Angeregt von diesem Artikel habe ich Community angefangen. Nach einer harten Video-Marathonwoche habe ich drei Staffeln gesehen und will mehr. Community verdient das größte Kompliment, dass man einer Sitcom machen kann: Es kommt an Spaced heran.