Dangerous Beauty – Gefährliche Schönheit
Rezension von Ralf Sandfuchs
Man möchte doch eigentlich meinen, nach mehr als zwanzig Jahren sei so ziemlich jeder Film schon auf DVD oder Blu-ray erschienen. Doch manchmal findet eine Filmfirma in den Archiven noch den einen oder anderen unveröffentlichte Streifen aus längst vergessenen Zeiten. So wie im Fall von Dangerous Beauty – Gefährliche Schönheit aus dem Jahr 1998, der im vergangenen Jahr seine Premiere auf einem Silberling feierte.
Eine Geschichte aus dem Venedig des 16. Jahrhunderts
Veronica Franco (Catherine McCormack) ist die Tochter einer Kurtisane, doch das hindert sie nicht daran, von Höherem zu träumen. Sie liebt den venezianischen Senator Marco Venier (Rufus Sewell), doch ihre Mutter (Jacqueline Bisset) ist überzeugt, dass ihre Tochter es niemals schaffen wird, in diese edle Familie einzuheiraten. Hochzeiten werden nicht um der Liebe willen, sondern nur um der Macht willen geschlossen.
Also bildet sie Veronica in der Kunst der Kurtisanen aus, damals die einzige Möglichkeit für eine nicht standesgemäße Frau, in höhere Kreise aufzusteigen. Die junge Frau stellt sich dabei als begabte Dichterin und Philosophin heraus, die selbst Maffio (Oliver Platt), dem dichtenden Bruder des Senators, mit Leichtigkeit Paroli bieten kann. Veronica erregt jedoch nicht nur die Aufmerksamkeit der Veniers, sondern auch des Königs von Frankreich und sogar verschiedener Vertreter der Kirche.
Doch Marco will sie nicht mit anderen teilen und zieht aus Verzweiflung sogar in den Krieg gegen die Osmanen. Währenddessen sammeln sich die Feinde Veronicas, um sie dafür zu bestrafen, dass sie als Kurtisane einen solchen Einfluss auf die Stadt hat.
Historie oder Schnulze?
Der Film basiert auf der historischen Figur der dichtenden Kurtisane Veronica Franco, genauer gesagt auf ihrer Biographie The honest courtesan von Margaret Rosenthal. Es fällt schwer, ohne Kenntnis dieses Buches zu entscheiden, welche Freiheiten sich der Film nimmt. An manchen Stellen wirkt er zwar historisch akkurat, doch andere Passagen erscheinen sehr melodramatisch und überhöht. So frage ich mich beispielsweise, ob sich eine Kurtisane jener Zeit wirklich in ein Fechtduell mit einem Adligen gewagt hätte und ob sich ein Würdenträger Venedigs wirklich offen gegen die Kirche gestellt hätte. Leider hat die Blu-ray keinerlei Bonusmaterial zu bieten, das über die Adaption oder andere Aspekte der Produktion Aufschluss geben könnte.
Letztendlich wirkt der Film oft wie eine abgewandelte Mixtur aus Romeo und Julia und Pretty Woman, wobei jedoch der Ton von Szene zu Szene wechselt. Mal erzählt er seine Geschichte locker-leicht, dann wieder ernsthaft-düster und im nächsten Augenblick rebellisch-aufmüpfig. Vermutlich ist diese Unausgewogenheit der größte Kritikpunkt an dem Film, der sich dadurch auch der festen Zuordnung zu einem Genre verweigert.
Was die Produktionswerte angeht, kann sich Dangerous Beauty – Gefährliche Schönheit auf jeden Fall sehen lassen. An Originalschauplätzen in Venedig, teilweise auch in Rom gedreht, kann der Film neben den Hauptrollen eine ganze Reihe bekannter Darsteller wie Fred Ward, Naomi Watts, Jeroen Krabbé und Joanna Cassidy bieten, die ihre Aufgabe samt und sonders gut erledigen.
Vergessenes Juwel?
Die Frage, die man sich bei einem solchen Film, der quasi aus dem Nichts erscheint, stellen muss, ist wohl, warum man ihn nach zwanzig Jahren zur Veröffentlichung „ausgegraben“ hat, vor allem, weil er damals nicht einmal seine Produktionskosten einspielen konnte.
Tatsächlich wirkt Dangerous Beauty – Gefährliche Schönheit (der im Kino übrigens noch Die Kurtisane von Venedig hieß) seltsam zeitgemäß, wenn man bedenkt, wie viel Wert heute auf gut gespielte und geschriebene Frauenrollen gelegt wird. Veronica Franco lässt sich in diesem Film nichts bieten, tritt für ihre Rechte und Überzeugungen ein und versucht immer wieder, die scheinbar unumstößlichen Gesetze der fast noch mittelalterlichen Machtstrukturen von Staat und Kirche zu unterwandern oder gar zu durchbrechen.
Ein potenzieller Zuschauer muss bereit sein, sich dem Springen zwischen Genres und Stimmungen zu unterwerfen, das diesem Film zu eigen ist. Wenn er das aber akzeptiert, wird er vielleicht nicht gerade auf ein vergessenes Juwel der Filmgeschichte stoßen, aber doch auf einen Film, der sich nicht ganz eindeutig einer bestimmten Richtung zuordnen lässt.
Und allein das macht ihn fast schon sehenswert.
Dangerous Beauty – Gefährliche Schönheit ist am 18. Oktober 2019 als DVD und Blu-ray erschienen.
Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar der Blu-ray von der Firma justbridge Entertainment erhalten.