Das traurige Sonntagsbild
Ein immerwährender Postkartenkalender von Gregor Mothes
Wir befinden uns am Anfang des Shocktober. Die Straßen sind trist und grau, es nieselt die ganze Zeit und Black Metal Fans geht das schwarze Herz auf. Außerdem werden die Läden nicht nur mit Weihnachtsgebäck, sondern auch mit Kalendern geflutet. Das traurige Sonntagsbild ist ein Postkartenkalender, in dem jeden Tag Sonntag ist. Allerdings nicht einer jener schönen Sonntage, an denen man bei Kaffee und Kuchen beisammen sitzt. Eher der Sonntag mit Kaffee und Kuchen zum Leichenschmaus. Wo man am liebsten schon Montag hätte. Wo Müll, bittere Großstadtironie und die eher abgründigen Facetten unserer Gesellschaft Oberhand genommen haben.
Das traurige Sonntagsbild – Nur ein weiteres Geschenk für den modernen Hipster?
In einem Song von Prinz Pi hieß es einmal: „Ist das ein Obdachloser oder doch der letzte Trend? Es ist ein Redakteur der VICE voll auf Klonopin Gutem Meth, schlechtem Speed. Er tut, als wär es Krokodil.“ Der genannte Redakteur hätte sicher seine helle Freude an Das traurige Sonntagsbild. Einfach, weil es in gewisser schäbig-schöner Weise unsere Gesellschaft abseits der Gesellschaft und doch mitten in der Gesellschaft abbildet. Auch Chefredakteur Fabian hätte mit diesem Kalender bestimmt jede Menge Spaß, ist es doch eines seiner (dirty) Hobbys, sogenannte Stillleben im Ruhrgebiet für die Ewigkeit festzuhalten. So erleben wir hier vergessene Crosstrainer im Park, Graffitis an geschlossenen Läden, in Bäumen hängende Scooter und vieles mehr. In praktischer Postkartenform.
Mehr als nur ein Fest für den White Trash Liebhaber
Dabei stellt Das traurige Sonntagsbild mehr als nur eine Hommage an White Trash dar. Laut Verlag soll es eine im wahren Kern komische Fotografie in Wochenform abbilden. Begonnen hat alles an einem grauen Sonntag im Jahr 2015 mit dem Ablichten einer vom Zahn der Zeit zerfressenen Konstruktion, die womöglich mal ein Verlagshaus gewesen sein mochte. Seitdem wurde jeden Sonntag ein weiteres Bildnis des Verfalls veröffentlicht und es entstand eine freudig erwartete fotografische Reihe. Viele davon zieren diesen Wochenkalender. Während ich die Fotos durchblättere und den Entstehungsort auf der Rückseite lese, höre ich passende Musik. You Axed For It von den Mentors zum Beispiel. Auch eine Folge Al Bundy kann man sicher gut im Hintergrund laufen lassen. Dazu gönne ich mir einen edlen Korn (denn: Korn ist der neue Gin!).
Ein trauriges Sonntagsbild – Geschenkidee für einen selbst
Ich stelle mir den Kalender auf jeden Fall auf meinen Schreibtisch. Dann muss ich mir das Elend vor meinem Fenster nicht geben, nein, ich hab es direkt vor mir zwischen den Arbeitsunterlagen stehen. Gregor Mothes hat mit Das traurige Sonntagsbild auf jeden Fall einen interessanten und hochwertig verarbeiteten Kalender über den Satyr Verlag veröffentlicht. Erwerben könnt ihr das gute Stück zum Preis von 3 Schachteln billiger Zigaretten. Und einen deutlichen Mehrwert im Vergleich habt ihr auch. Uns wurde ein Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt.
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