Death Wish (2018)
Was passiert, wenn ein leidlich talentierter Regisseur ein Remake eines umstrittenen Films der 1970er Jahre fabriziert? Was passiert, wenn die Hauptrolle ein seit ein paar Jahren lustlos agierender Altstar übernimmt? Richtig, die Chance, dass ein riesiger Haufen Scheiße am Ende herauskommt ist recht groß. Was aber, wenn mir Death Wish am Ende gefällt?
Engel in Weiß meets perfekte Familienidylle
Bruce Willis ist Dr. Paul Kersey. Dieser arbeitet als Chirurg in einem Krankenhaus in Chicago. Privat lebt er mit Frau Lucy und Tochter Jordan in einem netten Haus und wird in den ersten zehn Minuten des Films als liebevoller Ehemann, Vater und Mensch dargestellt. Früher hat er sich wohl öfter mal geprügelt, heute streift er Provokationen auf dem Sportplatz auch dank seiner Frau locker ab. Tochter Jordan hat die Zusage eines Colleges bekommen und macht in ihrer Freizeit Krav Maga.
Im Gegensatz zu Paul hat es sein Bruder Frank (Vincent D’Onofrio) nicht ganz so gut getroffen. Notorisch verschuldet leiht er sich bei Paul 2000 Dollar, um eine Schuld zu begleichen und bringt damit unbewusst die Ereignisse von Death Wish erst in Gang. Unbewusst, weil er einem Mitarbeiter des Parkdienstes sagt, dass Paul derjenige mit dem Geld ist. Und was macht der Parkboy? Der Schlingel fotografiert Pauls Adresse aus dem Navi und beschließt, dass dessen Wohnung ein lohnenswertes Einbruchsziel ist.
Eine tot, eine im Koma, einer in Trauer
Am gleichen Abend wollen die Kerseys eigentlich essen gehen. Da dies aber ausfällt, fährt Paule zur Arbeit und der Rest der Familie heim. Und da der Film Death Wish und nicht Love Wish heißt, kommt jetzt so langsam Schwung in die Bude. Drei Einbrecher steigen mühelos in das Haus ein, nehmen Tochter in Würgegriff, tragen Masken und wollen Wertsachen. Alles schaut so aus, als ob die Sache glimpflich enden würde. Bis Jordan von einem der Einbrecher immer wieder massiv belästigt wird und diese sich wehrt. Wenig später hat einer der Typen kochendes Wasser sowie einen Messerschnitt im Gesicht, Lucy ist tot und Jordan im Koma.
Eingeliefert werden die beiden ausgerechnet in Pauls Arbeitsplatz. Ok, ich mach das jetzt mal kurz. Paul ist traumatisiert. Fühlt sich vom Staat allein gelassen. Bewaffnet sich. Und fängt an, Bösewichter abzuknallen. Diese zu foltern. Sowie letztlich brutal hinzurichten. Ein wenig wird er dabei von seinem Schwiegervater ermutigt, der mal eben direkt nach der Beerdigung ein paar Wilderer auf seinem Grundstück beschießt. Die Knarre hat er wie selbstverständlich in seinem Jeep. Paul will von Selbstjustiz erstmal nichts wissen, erst nachdem die Polizei (und vor allem Detective Kevin Raines, gespielt von Dean Norris) nicht so recht weiterkommt beschließt er, sich zu bewaffnen.
Reaktionärer Mist unterhaltsam verpackt
Pauls Rachefeldzug wird dabei in Death Wish immer wieder von der Öffentlichkeit in Form von Radio- und Internetsendungen kommentiert. Seine Taten von Zeugen gefilmt und hochgeladen. Hero or Zero?, das ist hier immer wieder die Frage. Wobei Team Hero hier eindeutig führt. Kersey wird als Grim Reaper stilisiert und sogar die Polizei hat am Ende offenbar kein Interesse, ihn wirklich festzusetzen. Nach dem Motto Stumpf ist Trumpf werden hier Werbespots für Schusswaffen gezeigt und die AR-15 als wirkungsvoller Bestseller dargestellt. Das Zusammenbauen und Reinigen einer Pistole gegen das Zurechtlegen von medizinischem Besteck geschnitten. Lustig gemeinte Szenen triefen vor Zynismus. Und ich komme zu dem Schluss, dass der Film weder Hommage an die guten, alten 1980er sein noch sich kritisch mit dem Thema Schusswaffen auseinandersetzen will.
Es ist eher so, dass sich damals angeblich Nancy und Ronald Reagan Rambo – First Blood Part 2 privat im Weißen Haus vorführen ließen. Und Eli Roth davon träumt, dass Melania und Donald Trump das Gleiche mit Death Wish machen. Das ist irgendwie ziemlich traurig. Wenn man dem Backcover beziehungsweise der TV Movie trauen kann, ist Death Wish der zugleich gefühlvollste und härteste Bruce Willis aller Zeiten. Zugegeben, der Film ist hart, aber dabei ähnlich gefühlvoll wie ein Gangbang-Porno im Gonzo-Stil.
Und dabei wollte ich es doch nicht mögen
Da komme ich auch gleich zum Hauptproblem mit Death Wish. Ich habe mich vor dem Schauen auf einen ordentlichen Verriss eingestellt. Aber dazu hatte ich viel zu viel Spaß mit dem Teil. Bei einigen Gewaltszenen ist eine Mitguckerin regelmäßig zusammengezuckt. Weggeblendet wird hier nichts und das Hirn spritzt ordentlich. Der Flow passt auch und die dumpfe Musik untermalt das auch treffend. Ich hab mich dabei ertappt, öfter „Yesss, geilo“ zu denken. Wenn man sich auf die Welt des Films einlässt, funktioniert das alles erstaunlich gut. Vielleicht auch, weil Death Wish gar nicht erst versucht, zu moralisch zu sein.
Das war das Original von 1974 mit Charles Bronson auch nicht. Damals wurde noch New York als schlimmste Stadt Amerikas dargestellt, heute ist es (wohl auch zu Recht) Chicago. Auch in The Brave One mit Jodie Foster kommt der Racheengel am Ende davon. Wenn auch menschlich verändert. Als dezentes Gegenbeispiel fällt mir da noch Death Sentence mit Kevin Bacon ein. In James Wans Thriller von 2007 ist der Protagonist am Ende zerstört und verblutet. Paul Kersey kommt mit einer Verwarnung und dem Rat, besser als Lebensretter weiterzuleben, davon.
Death Wish – Fazit:
Ich hoffe jetzt mal, dass der mündige Zuschauer Death Wish als Film sieht und nicht als Blaupause für Selbstjustiz. Leider passt der Film gut in die derzeitige Stimmung in Amerika. Sein ursprünglicher Starttermin wurde von dem Anschlag in Las Vegas überschattet und verschoben. In Amerika ist aber jeder Starttermin für so einen Film ungünstig. Zuviel passiert dort nahezu ständig. Ob man sich dann einen mehr als nur bedenklichen Film wie diesen anschauen sollte, muss man letztlich selbst abwägen. Mich hat er auf dubiose Weise sehr unterhalten und ich spreche mal eine Empfehlung für Fans stumpfer Abendunterhaltung aus.
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