Die letzte Schlacht am Tigerberg (智取威虎山 – Zhì qu weihu shan)
Ende 1946 herrscht Chaos in weiten Teilen Chinas. Diebesbanden beherrschen ganze Landstriche und terrorisieren die Bevölkerung. Eine davon ist die Bande des Kriegsherren Falke, die sich auf dem Tigerberg (eine Bergfestung) eingenistet hat. Durch eine List schafft es Captain Shao Jianbo der Chinesischen Volksarmee 203 mit nur 30 Mann gegen den hoffnungsvoll überlegenen Gegner zu obsiegen.
Das sind jedenfalls halbwegs die legendarisierten Fakten, die bereits in einem Roman und später auch noch in einer Peking-Oper sowie einem Film von 1970 verwurstet wurden. Tsui Hark inszenierte dann 2014 den Stoff nochmals als spektakuläres Actionkino mit milden Verweisen auf die klassische Verfilmung und die Peking-Oper.
Bärte, Kämpfe, Slapstick
Filme wie diesen ordne ich gern mal der Schublade „China-Quatsch“ zu, quasi die Oberkategorie, in die irgendwo auch der „Hütchenfilm“ reingehört. „China-Quatsch“ ist dabei eher ein Sammelbecken für allerlei, von A Chinese Ghost Story über Mission Adler – Der Starke Arm der Götter bis zu Mad Mission und vor allem großangelegte Schlachtenepen wie Warlords oder A Battle of Wits. Umso mehr miese CGI, lustige Kostüme und Bärte, Kämpfe, Slapstick etc. pp. in einem Film verwurstet werden desto quatschiger ist er dann auch. Der Bösewicht in diesem Film sieht zum Beispiel aus wie eine überdrehte Mischung aus dem Pinguin (Batman) und Ben Kingsley.
List und Tücke gegen den Falken
Die letzte Schlacht am Tigerberg findet dabei allerdings erst im letzten Viertel des mit 141 Minuten auch noch recht langen Werkes statt. Der Rest spielt sowohl in einem in der Nähe liegenden Dorf, wo sich die Volksarmee unter Captain Jianbo eingenistet hat als auch am Tigerberg, wo Banditenhäuptling Falke mit seiner Bande herrscht. Nach und nach lernen wir auf beiden Seiten die Protagonisten bzw. Antagonisten kennen und werden mit der Situation vertraut gemacht. Da es natürlich nicht gerade von Erfolg gekrönt ist mit einer derartigen Unterzahl gegen eine mehr oder weniger gut organisierte Bande vorzugehen muss List und Tücke herhalten. Jianbo schickt dabei seinen Vertrauten Ho los, die Bande zu infiltrieren. Dieser schafft es auch, das Vertrauen der Leute zu gewinnen und dabei durch doch recht skrupelloses Vorgehen eine Lücke im Sicherheitskonzept der Festung aufzutun.
Es ist kalt am Tigerberg
Der Film lebt dabei, wie ich finde, in erster Linie von der Atmosphäre und den Bildern. Alles spielt in einer kalten und schneereichen Bergregion und man hat ganz offensichtlich auch in einer solchen Gegend gedreht. Der Schnee wirkt echt und kalt, der Atem gefriert vor den Mündern und alles ist knackscharf und wuchtig in Szene gesetzt. Dabei nimmt sich der Film viel Zeit, die einzelnen Figuren einzuführen und spult nur punktuell brachiale Action oder Kampfhandlungen ab. Von der Ausstattung ist der Film ebenfalls eine Wucht, es gibt schöne Kulissen, Uniformen, Inneneinrichtungen und so weiter, die Charaktere sind auf beiden Seiten mit einem gewissen Wiedererkennungswert zusammengestellt und comichaft überzeichnet. Und wenn es mal kracht, dann richtig, Tsui Hark setzt viel auf Zeitlupe, Granaten, die kurz vor der Explosion einfrieren, vor und zurückgespult werden und Gegner die wuchtig getroffen durch die Gegend fliegen sowie blutige Kopf- und sonstige Einschüsse, noch mehr Zeitlupe und sehr schicke Kameraeinstellungen. Teilweise erinnerte mich der Look und die Präsentation durchaus an moderne Videospiele wie Uncharted oder Call of Duty. Und das mal im positiven Sinne gemeint. Einen CGI-Tiger gibt es auch noch, irgendwoher muss der Berg ja seinen Namen her haben.
Ich fühlte mich durchaus die ganze Lauflänge über gut unterhalten, öfter hatte ich zwar den Verdacht als ob durchaus eine noch längere Fassung existiert (es gibt ein paar Plotholes), gebraucht hätte ich diese aber nicht, der Film hätte auch gern 10 Minuten kürzer sein dürfen, zumal er in eine eher unnötige Rahmenhandlung in der Jetztzeit eingebettet wurde.
Als Fazit bleibt ein unterhaltsames, bildgewaltiges Stück Unterhaltungskino, welches aber auch einen gewissen Fastfood-Charme hat und sicher nicht lange im Kopf bleibt. Vielleicht auch, weil wir heutzutage eher übersättigt sind. Inzwischen auch schon ältere Werke wie der koreanische Musa: The Warrior wirken da zwar im direkten Vergleich billiger, aber auch charmanter und ehrlicher. Die letzte Schlacht am Tigerberg ist ein zur winterlichen Jahreszeit passender Film, den man durchaus gucken kann.
Geschaut hab ich die Blu-Ray-Fassung im originalen Mandarin mit deutschen Untertiteln. Das Bild ist durchgehend knackscharf und der Sound sehr räumlich und in den Actionszenen wuchtig abgemischt. Erschienen ist Die letzte Schlacht am Tigerberg am 03.12.2015.
Fischpott hat ein Rezensionsexemplar der Blu-ray erhalten.
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