Die sagenhaften Vier
Rezension von Ralf Sandfuchs
Es war einmal eine Zeit, in der wurden Märchen einfach erzählt oder aus Büchern vorgelesen. Doch als immer mehr Kinder in den Kinos und vor dem Fernseher saßen, da kamen Produzenten auf die Idee, Märchen zu verfilmen. Doch dabei wurden nicht einfach die klassischen Geschichten in bewegliche Bilder gebannt, sondern man bemühte sich, ihnen einen modernen Anstrich zu geben.
Irgendwie bekannt und doch ganz anders
Marnie ist eine verwöhnte Hauskatze, die noch nie außerhalb ihres Heims war, die aber meint, durch ihren Fernsehkonsum alles über die Welt da draußen zu wissen. Und nicht nur das, sie hält sich auch noch für eine Super-Spionin!
Als Paul, der hinterlistige Stiefbruder von Marnies Frauchen Rosalinde, plötzlich scheinbar verletzt auftaucht und bei ihnen einzieht, kann die Katze jedoch zeigen, was wirklich in ihr steckt, ist er doch der Drahtzieher einer Einbruchsserie, welche das Örtchen Drabville erschüttert. Leider ist Marnie so naiv, dass der gewitzte Dieb sie mit einem Trick schnell los wird.
In der Folge trifft sie auf Elvis, einen Wachhund mit Angst vor Menschen, auf Eggbert, einen überforderten Hahn, den seine Hühner zu Suppe verarbeiten wollen, und auf ‚Mambo Dibango‘, ein Zirkus-Zebra mit einem ‚grauen‘ Geheimnis.
Gemeinsam sorgen sie für einiges an Chaos in Drabville und geraten sogar in Verdacht, selbst die Gangster zu sein, lernen aber vor allem, was Freundschaft wert ist und wie man zusammen alles schaffen kann.
Viel Einsatz, wenig Budget
Die Geschichte von Die sagenhaften Vier basiert, wie man unschwer erkennen kann, auf dem Märchen um die Bremer Stadtmusikanten, die sich ebenfalls mit Räubern anlegen und diese am Ende besiegen. Doch außer diesem Grundmotiv hat der Film nur wenig mit der Vorlage zu tun, denn hier müssen sich die auf der Flucht befindlichen Tiere um einen Kriminalfall kümmern, der zwar stellenweise etwas konstruiert wirkt, aber trotzdem noch halbwegs schlüssig bleibt.
Man fragt sich allerdings schon, wieso die Menschen so gar nicht verblüfft sind, dass eine Katze einen Kuchen mit der Gabel isst oder ein Hund einen Traktor und ein Auto fahren kann.
Eine weitere Sache, die etwas seltsam erscheint, ist der Ort der Handlung. Vieles wirkt sehr deutsch (zum Beispiel die Tatsache, dass die Post ein schwarzes Horn auf gelbem Untergrund als Symbol hat). Der Name des Dorfes, sein Aussehen und alle Beschriftungen weisen jedoch eher auf England hin, was aber wiederum nicht dazu passt, dass die Autos Rechtslenker sind. Wir müssen also wohl akzeptieren, dass es in der Welt von Die sagenhaften Vier einen Ort gibt, der all diese Dinge in sich vereinigt.
Was jedoch auf jeden Fall zu gefallen weiß, sind die gegenüber der Vorlage veränderten und modernisierten Charaktere, inklusive der eingesetzten Sprecher. Dabei war Alex Prahl (Kommissar Thiel aus dem Münsteraner Tatort) als Elvis mein persönlicher Favorit, weil er so offensichtlichen Spaß an seiner übellaunigen, großmäuligen Rolle hatte. Auch Alexandra Neldel konnte der Marnie die notwendige piepsige Naivität verleihen, während Eggbert durch die quengelig-nasale Stimme von Santiago ‚Spongebob‘ Ziesmer exakt so nervig-überfordert wirkt, wie es die Handlung verlangt. Lediglich Erik Borner als ‚Mambo Dibango‘ beziehungsweise Anton bleibt hier etwas farblos, aber immer noch solide.
Leider fällt die optische Umsetzung des Films eher negativ auf. Man erkennt immer wieder, dass hier das eigentlich nötige Budget fehlte, um mit internationalen Vorbildern mitzuhalten. Sind die Charaktere zwar nicht auf Disney-Niveau, aber durchaus noch akzeptabel, so wirken die Hintergründe optisch ansprechend, aber auch wenig detailliert und oft statisch. Einige Highlights wie zum Beispiel eine Karambolage mit einem Zug sind leider rar gesät.
Ein bedauerlicher finanzieller Reinfall
Die Regisseure dieses Films, die beiden Brüder Christoph und Wolfgang Lauenstein, konnten 1990 mit ihrem animierten Kurzfilm Balance einen Oskar gewinnen, was von allen Werbetexten immer wieder hervorgehoben wurde. Doch diese düstere Allegorie auf Gier und Selbstsucht hat weder inhaltlich noch optisch irgendetwas mit Die sagenhaften Vier zu tun. Wenn schon, dann müsste man ihn mit dem letzten Werk der Brüder vergleichen, Luis und die Aliens, das ähnlich wie dieser Film eher auf skurrile Charaktere und optisch ansprechende Hintergründe ohne viel Bewegung setzt. Beide Filme sind zudem ganz klar auf ein kindliches Publikum zugeschnitten, das sich weder an der eher durchschnittlichen Animation noch an dem bisweilen unrealistischen Drehbuch stört. Damit die Eltern freiwillig mitgucken, sind jeweils noch viele Anspielungen auf andere Filme enthalten, sowie mancher Gag, der sich eher an erwachsene Zuschauer richtet.
Insgesamt kann man Die sagenhaften Vier also durchaus mit Spaß anschauen, solange man keine Animation in Blockbuster-Qualität erwartet. Bedauerlicherweise sah das Publikum dies anders, so dass der Film an der Kinokasse ein ziemlicher Flop war. Aber vielleicht wird er ja jetzt im Heimkino seine Zuschauer finden, was er durchaus verdient hätte.
Leider besteht die Zusatzausstattung auf der DVD nur aus einigen Trailern; es wäre sicherlich interessant gewesen, etwas mehr über die Arbeit der Filmemacher zu erfahren, um das fertige Werk vielleicht besser würdigen zu können.
Die sagenhaften Vier ist am 27. September 2019 als DVD erschienen.
Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar der DVD von der Firma S&L Medianetworx GmbH erhalten.