Doctor Who – Staffel 24
Dass Nostalgie eine wunderbare Triebfeder sein kann, haben schon Don Drapers Marketingkollegen in den Sechzigern entdeckt. Dass dieser Antrieb immer noch ein mächtiger ist, zeigt uns die Flut von Prequels, Sequels, Remakes, Reboots, Reimaginations und weiteren Formen des Medienrecyclings. Vielleicht die ehrlichsten von allen diesen Nostalgie-Auslösern sind DVDs, die lang ersehnte Originale nach langer Zeit wieder auf den Markt bringen. Das ist vor kurzem mit Doctor Who Nummer Sieben geschehen. Staffel Eins des Zeitreisenden, verkörpert von Sylvester McCoy, ist seit Ende November erhältlich.
Zeitreisen wie 1987
Die Staffel beginnt mit dem Absturz der TARDIS auf den Planeten Lakertya, bevölkert von gelben Aliens mit Schuppenhaut. Der frisch regenerierte Doctor gerät in die Fänge der Rani (Kate O’Mara), einer abtrünnigen Time Lord (Lady?) und ihrer fiesen fledermausartigen Diener, der Tetraps. Noch ganz konfus vom Regenerieren lässt sich der Doctor von seiner Rivalin reinlegen und hilft ihr zunächst sogar dabei, mit Einsteins Gehirn die Zeitherrschaft an sich zu reißen. Seine Begleiterin Mel (Bonnie Langford) und die lakertyanische Widerstandsbewegung müssen ihn wieder zur Besinnung bringen. Vier Folgen umfasst Time and the Rani (deutscher Titel: Terror auf Lakertia), knapp zwei Stunden.
Auch die beiden nächsten Storys, Delta and the Bannermen (Delta und die Bannermänner) und Paradise Towers (Der Fluch des Kroagnon) umfassen mehrere Episoden. In der ersten geraten der Doctor und Mel im Wales der Fünfziger Jahre zwischen die Fronten des Krieges der außerirdischen Bannermänner gegen die Chimeron. Nicht weniger friedfertig geht es in den Paradise Towers zu. Mädchen-Straßengangs, militarisierte Hausmeister, kannibalische Rentnerinnen und Killerroboter bevölkern den gigantischen Wohnkomplex in einer postapokalyptischen Zeit. Während die Episoden um die Bannermänner eher betulich sind, unterhalten die mitunter zynischen und schwarzhumorigen Folgen in der Arkologie ungemein.
Weiter geht es auf der Iceworld, der dunklen und kalten Seite des Planeten Svartos. In der Story Dragonfire (Das Feuer des Drachen) sehen wir noch vor der Ankunft des Doctors, wie der eiskalte Diktator Kane (Edward Peel) Menschen einfriert und sie so zu willenlosen Sklaven macht. Kaum der TARDIS entstiegen machen sich der Doktor und Mel gemeinsam mit dem Weltraumschurken Sabalom Glitz (Tony Selby) und der sprengstoffaffinen Ausreißerin Ace (Sophie Aldred) auf der Suche nach einem Drachen, der in den Eishöhlen sein Unheil treiben soll. Eiskalte Bösewichte in weißen Uniformen, Teenager mit Nitroglyzerin und ein laserverschießender Cyberdrache, deutlich inspiriert von Gigers Alien: Dragonfire bietet so einiges und ist ein würdiger Abschluss der ersten Staffel.
Optik: Achtziger
Noch heute sehen die Monster bei Doctor Who eher befremdlich, fast schon albern aus. Trotzdem sind sie meistens auch ein bisschen gruselig. Das war in den Achtzigern natürlich nicht anders. Zottige Fledermausleute, unglaublich langsaaaaame Killerroboter und irgendwie zusammengestoppelte Aliens, die durch bunte Kulissen watscheln versprühen ihren ganz eigenen Charme. Dazu kommen noch Klamotten, die sowohl 80s- als auch Alien-Flair verkörpern sollen und wahrhaft außerirdisch sind. Trotzdem wirken Effekte und Ausstattungen mit Liebe gemacht, wenn auch nicht mit Top-Budget.
Die Gefahren des Zeitreisens
Die Rückkehr in eine Zeit, an die wir nur noch nostalgisch verklärte Erinnerungen haben, ist immer ein Risiko. Oft folgt die Ernüchterung: Was für unser kindliches ich der Oberhammer war, überzeugt uns als Erwachsene nicht mehr. Die Tricks sind veraltet, die Schauspieler übertreiben furchtbar und bei dem einen Kostüm sieht man in der remastered Edition bei Slow Mo sogar den Reißverschluss. Deswegen muss ich vor dem Anschauen der Box warnen: Es wird nicht mehr dasselbe sein. Wer dagegen keine nostalgischen Gefühle hat (die Folgen liefen 1990 bei RTL) und aus reiner Begeisterung für die aktuelle Serie einen Blick auf ältere Inkarnationen werfen möchte, kann ja nichts verlieren. Für wahre Whovians bietet die Box auch eine regelrechte Schatztruhe an Zusatzmaterial. Eine Untertitelspur mit unzähligen Fakten, 5 Stunden Bonusmaterial und Audiokommentare. Nur eines sollte man sich vorher klarmachen: Die volle Packung Achtziger kriegt man gleich mit.