Doctor Who und das Ende der Zeit
Die kompletten Specials
2009 sollte als ein dunkles Jahr für die Fans des Doctors in die Geschichte eingehen. Statt einer kompletten Staffel der Science-Fiction-Serie sendete die BBC nur drei Specials, mit der 2008er Weihnachtsfolge und dem 2010er Neujahrsspecial zusammen gerade einmal fünf Folgen. Als Grund dafür gab der damalige Produzent Russel T Davies die Einarbeitungsphase für das neue Produktionsteam an. Polyband hat alle ‚Lückenbüßerfolgen‘ in einer DVD-Box veröffentlicht. Beginnen wir unsere Sichtung mit der erste Weihnachtsfolge.
Der andere Doctor (The Next Doctor)
Pünktlich zum Heiligabend 1851 steigt der Doctor in London aus seiner Zeitmaschine, der TARDIS und muss sich auch gleich mit einem Cyberschatten (einer Art primitiver Cyberman) auseinandersetzen. Überraschenderweise steht unserem Freund vom Gallifrey dabei ein Mann zur Seite, der sich ebenfalls der Doctor nennt, mit einer Begleiterin reist, einen Schallschrauber und eine TARDIS sein eigen nennt. „Das muss wohl eine Inkarnation aus der Zukunft sein.“ denken sich da Doctor und Zuschauer. Da der Doctor II. (David Morrissey, der fiese Governor aus Walking Dead kann auch nett) jedoch an Amnesie leidet, erfahren wir erst später, was es mit ihm auf sich hat. Denn natürlich muss zunächst Miss Hartigan (Dervla Kirwan) aufgehalten werden, die sich in ihrem Kampf gegen patriarchale Unterdrückung ausgerechnet mit den Cybermen verbündet hat.
Natürlich passt ein viktorianisches verschneites London hervorragend in die Weihnachtszeit, trotzdem muss sich keine Zuschauerin vor kitschigen X-Mas-Botschaften fürchten. Denn wie die meisten Feiertagsspecials von Doctor Who hat die Folge nur rudimentär mit dem Winterfest zu tun. Äußerst unweihnachtlich trampelt im Folgenfinale ein riesiger Steampunk-Cyberman auf London rum und verschießt Laserstrahlen. Ebenfalls auf der DVD enthalten sind ein ausführliches Hinter-den-Kulissen-Video »Doctor-Who-Confidential« und »Doctor Who at the Proms«, ein Konzert der Film-Musikstücke mit Auftritten von Schauspieler(inne)n und Kreaturen aus der Serie.
Planet der Toten & Der rote Garten
Vielleicht ein wenig unpassend betitelt zum christlichen Fest der Auferstehung Jesu führt uns das Osterspecial »Planet of the Dead« ins London der Gegenwart, wo die Gentlewoman-Einbrecherin Lady Christina de Souza (Michelle Ryan) auf der Flucht vor der Polizei in den falschen Bus steigt. Der landet nämlich per Dimensionsloch auf einem öden Wüstenplaneten. Zum Glück ist der Doctor mit an Bord und kann bald darauf nicht nur die gestrandeten Passagiere sondern auch die Erde vor einer tödlichen Gefahr retten. Eine actionreiche Episode mit putzigen Fliegenkopfaliens und dem Komiker Lee Evans als UNIT-Wissenschaftler Malcolm Taylor. Auch hier finden wir ein längeres Confidentialvideo als Extra.

Chillen auf dem wüsten Planeten. David Tennant als der Doctor, Michelle Ryan als Lady Christina de Souza.
© BBC 2009
Das Herbstspecial »The Waters of Mars« führt den Doctor im Jahr 2059 auf den Mars, als die erste irdische Kolonie dort Fuß fasst. Allerdings sind die Menschen dort nicht alleine, und als der Doctor die beginnende Katastrophe bemerkt, stellt sich gleichzeitig heraus, dass er einen Fixpunkt in der Zeit erwischt hat, der niemals geändert werden darf. Eigentlich eher untypisch, greift der gute Doctor voller Hybris trotzdem in den festgelegten Ablauf der Zeit ein. Die Folge endet dann auch mit der Vision eines Ood, der den Tod des Doctors vorhersagt (dazu später mehr).
Das Ende der Zeit
Die Doppelfolge beginnt mit einem Ritual, in dem der Master (John Simm) wieder zum Leben erweckt wird. Zeit für einen kurzen Einschub: Rituale, Prophezeiungen – ich weiß nicht ob es ein Trend oder das Konzept der neuen Serie ist, aber »Doctor Who« wird immer mehr zu Space Fantasy anstatt von Science Fiction. Die Serie neigte von je her zu Handgewedel und irgendwie magischen Erklärungen, aber insbesondere seitdem das Produktionsteam gewechselt hat wird alles immer märchenhafter. Dabei ist die Serie immer noch höchst unterhaltsam, das Label Science Fiction passt aber immer weniger. Im Gegensatz dazu möchte ich an die Folge Drachenfeuer von 1987 erinnern, in der sich der vermeintliche Drache als ein Roboter entpuppt. Jaja, früher war mehr Lametta und Opa erzählt vom (Zeit-) Krieg. Aber das wollte ich halt noch loswerden.

Zeitreisen geht, aber mit den Photoshop-Kenntnissen hapert es noch. Wilfred Mott (Cribbins), Doctor (Tennant), Master (Simm).
© BBC 2009
Zurück in den Zeitstrom: Der wiedererweckte Master verbündet sich schließlich mit dem Großindustriellen Joshua Naismith (David Harewood), der ein Alien-Artefakt verwenden will, um seiner geliebten Tochter die Unsterblichkeit zu gewähren. Natürlich dreht der Master sein eigenes Ding und verwirklicht den wohl größenwahnsinnigsten Plan, den ein wahnsinniges Verbrechergenie sich jemals ausgedacht hat. Jedoch ist das noch nicht alles, der Master ist bloß ein Werkzeug der alten Time Lords vom Planeten Gallifrey, die im Time War mit den Daleks gefangen sind. Mit Hilfe des Masters wollen sie das ‚Zeitschloss‘ brechen und das Ende der Zeit einläuten.
Die Doppelfolge »Das Ende der Zeit« ist ein würdiger Abschluss für Tennants zehnten Doctor. Timothy Dalton als Lord President Rassilon trägt extradick auf und der damals 91-jährige Bernard Cribbins als Wilfred Mott sorgt für Humor und Herzlichkeit, ohne in Lächerliche abzugleiten. In einer sehr langen Schlussszene sehen wir noch einmal alle Companions der letzten Jahre. Natürlich ist der Schwanengesang des Doctors, der tödlich verstrahlt noch einmal quer durch die Zeit reist arg melodramatisch, aber das hat bei der Serie ja noch nie gestört. Eine Ära endet, ab hier sollte Matt Smith den Doctor in seiner elften Inkarnation verkörpern.
Insgesamt ist der Inhalt der 5-DVD-Box aber ein bisschen mau. Zum selben Preis kriegt man die vierte Staffel mit 14 Folgen. Knapp 40 Euro für fünf Folgen sind einfach kein angemessener Preis, da können auch die extralangen Confidentals und der Prom-Konzert-Mitschnitt nichts ändern. Eigentlich wäre das eine gute Möglichkeit gewesen, die beiden animierten Episoden »The Infinite Quest« und »Dreamland« unterzubringen. So lohnt sich die Special-Box wohl nur für eingefleischte Whovians und andere Komplettisten.
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar der DVD-Box von der Polyband Medien GmbH erhalten.