Doctor Who – Staffel 4
Zeitreisen, Aliens, Action – das Leben des Doctors ist immer voller Überraschungen. Denn der Doctor (David Tennant) ist keineswegs ein promovierter Erdenbewohner, sondern ein Time Lord, der letzte Überlebende der zeitreisenden Zivilisation vom Planeten Gallifrey. Wie zu erwarten erlebt er mit seinen menschlichen Begleitern in der vierten Staffel das eine oder andere Abenteuer in Raum und Zeit. Die Box mit 6 DVDs ist bei Polyband erschienen, der folgende Text ist nicht ganz spoilerfrei.
Reise der Verdammten
In guter whovianischer Tradition beginnt Staffel 4 mit einer Weihnachtsfolge. Die TARDIS landet auf der Titanic, allerdings nicht auf dem legendären Unglücksschiff im Jahr 1912 sondern auf einem außerirdischen Raumschiff in Retro-Optik, das 2007 zum Weihnachtsfest unseren Planeten umkreist. Natürlich kollidiert das Schiff mit Meteoriten und droht auf die Erde (Konkreter: London; noch konkreter: den Buckingham Palast) zu stürzen. Zusammen mit unter anderem der Kellnerin Astrid (Kylie Minogue) muss der Doctor gegen fiese Roboter in Engelsgestalt antreten, um den havarierten Luxusraumer zu retten. Eine geradlinige Katastrophenstory mit vielen sympathischen Nebenfiguren, die aber auch durch gewisse Düsternis auffällt. Denn nicht gerade wenige der netten Außerirdischen segnen das Zeitliche und die kitschig-goldenen, zugleich tödlichen Engelsroboter sind fiese Who-Bösewichter. Nach der Folge »Blink« mit heimtückischen lebenden Engelsstatuen (Weeping Angels) in der letzten Staffel stellt sich allerdings die Frage, was die Autoren mit ihrem Engelbashing aussagen wollen.
Es lebe das Fett (Partners in Crime)
Erstaunlicherweise ist der deutsche Episodentitel für den Staffelauftakt ganz witzig und passend: Der Doctor und Donna Noble (Catherine Tate, bekannt aus der Weihnachtsfolge der Staffel 3) kommen gleichzeitig einer Verschwörung von Außerirdischen vom Planeten Adipose (sic) auf die Spur, die aus menschlichem Fett ihre Nachkommen züchten. Body Horror light und unglaublich niedliche Fett-Aliens bilden eine seltsame, aber stimmungsvolle Kombination. Und in Gestalt der Miss Foster (Sarah Lancashire) kriegt sogar noch die Super-Nanny ihr Fett weg. Zum Schluss reist Donna als neue Companion mit Doctor und TARDIS in die Vergangenheit.
In »The Fires of Pompeii« landen sie kurz vor dem berühmten Ausbruch des Ätna in der dem Untergang geweihten Stadt. Überraschenderweise stecken Aliens hinter den Geschehnissen, und der Doctor muss zwischen zwei Katastrophen wählen. Donna unter Römern (mit der einen oder anderen Asterix-Anspielung) sorgt für den Humor, während die außerirdischen Pyroviles und ihre Handlanger für die Spannung zuständig sind. Bonuscontent: Als römischer Familienvater Caecilius ist Peter Capaldi zu sehen, der bald den zwölften Doctor geben soll.
Planet of the Ood (Immer zu Diensten)
In der nächsten Folge schließlich geht es auf einen kalten Planeten in der fernen Zukunft. Hier werden die tentakelgesichtigen Ood gezüchtet (oder produziert?), Whovians aus der Doppelfolge »The Impossible Planet/The Satan Pit« bekannt. Natürlich hat erneut eine anscheinend böse Macht von den Ood Besitz ergriffen und hetzt sie auf die Menschen. Da die meisten dieser Menschen Sklavenhalter sind, die die Oodheit ausbeuten und die Ood wie Verbrauchsgegenstände behandeln, hält sich das Mitleid des Zuschauers in Grenzen. Mit dieser Folge bleibt die Staffel hochdramatisch und die Anspielungen auf Sklaverei und Genozid zeigen trotz einer gewissen Holzhammerigkeit, was die alte Tante Sci-Fi immer noch draufhat.
Dagegen verblasst die Doppelepisode »The Sontaran Stratagem (Dicke Luft)/The Poison Sky (Mörderischer Himmel)« etwas. Der Plot um ferngesteuerte Navis zieht sich, die Lösung des Problems ist selbst für Who-Verhältnisse albern und die Wiederkehr der Sontaraner ist auch wohl nur etwas für Hardcore-Fans. Dreikäsehochs mit Klingonen-Komplex und Kartoffelkopf erzeugen eher Kopfkratzen als das Gefühl von Bedrohung. Und Martha Jones (Freema Agyeman) als UNIT-Mitglied baut gegenüber ihrer Rolle als Companion in der vergangenen Staffel ab.
The Doctor’s Daughter
Nach dem Angriff der Kampfkartoffeln geht es in den nächsten Krieg. Donna, Martha und Doctor reisen in die Zukunft: Auf dem Planeten Messaline bekämpfen sich zwei Gruppen von Kolonisten, Menschen und die fischköpfigen Hath. Um immer neues Menschen- (und Hath-)Material zu produzieren, klonen die beiden Kriegsparteien Soldaten, die innerhalb von Sekundenschnelle bereitstehen. Der Zufall will es so, auch der Doctor wird geklont – fast zumindest, denn der Maschine entspringt eine junge blonde Timelady namens Jenna (Georgia Moffett). Der pazifistische Timelord ist entsetzt von seiner ‚Tochter‘, der Klonkriegerin. Dramatisch passend kommt es zu einer Explosion und die kleine Gruppe von Zeit- und Raumreisenden wird getrennt. Während Martha gezwungen ist, mit einem Hath über die lebensfeindliche Planetenoberfläche zu reisen, nähern sich Donna, Doctor und Jenna dem Ursprung des Krieges. Das Kreaturendesign der Hath mit ihren Blubberglasgesichtern ist wirklich reizend, die Auflösung des Konflikts überraschend.
The Unicorn and the Wasp
Das Wechselbad von Zukunft und Vergangenheit geht weiter: Donna und Doctor landen 1926 in England, treffen Agatha Christie am Tag ihres mysteriösen Verschwindens und lösen einen Kriminalfall – in den ein außerirdisches Wespenwesen verwickelt ist. Eine schöne kleine Who-dunnit-Folge, kombiniert mit Whos-the-Alien. Dass die fremdartigen Vespiformen aus der Silfrax-Galaxie aussehen wie riesige Wespen, damit müssen Whovians wohl leben. Schließlich sieht der Doctor auch aus wie ein Mensch.
In »Silence in the Library(Tödliche Stille)/Forest of the Dead (Wald der Toten)« begegnen wir zum ersten Mal River Song (Alex Kingston). Die reizende Archäologieprofessorin trifft hier bei einer Expedition auf einen verlassenen Bibliotheksplaneten unsere beiden Reisenden. Spannenderweise scheint sie den Doctor richtig gut zu kennen, allerdings – hier schlägt das Zeitreisendendilemma zu – ist das Treffen seine erste Begegnung mit ihr. Hier wird geschickt auf kommende Staffeln vorgegriffen, ohne sich zu verzetteln, zu viel zu verraten oder sich zu widersprechen. Chapeau vor so viel Erzählkunst! Der Rest der Folgen ist ein Ideenfeuerwerk mit fleischfressender Dunkelheit, toten Stimmen im Kommunikationssystem, Skeletten in Raumanzügen und virtuellen Realitäten. Autor Steven Moffat, ebenfalls brilliant bei »Sherlock« und Regisseur Euros Lyn haben hier den Höhepunkt der Staffel kreiert.
Midnight (Geisterstunde)
Während Donna auf dem Planeten Midnight relaxt, macht der Doctor eine kleine Tour mit ein paar anderen Touristen über die gleißende, aber tödliche Planetenoberfläche. Ein Unglück geschieht, das Shuttle hängt fest und eine mysteriöse Kraft scheint sich eines der Passagiere zu bemächtigen. Die Folge ist ein Kammerspiel mit ein paar guten Schockmomenten und einem Doctor ohne Companion.
Wie passend, das die nächste Folge die Companion ohne Doctor featured: »Turn Left (Reise rückwärts)« versetzt uns in eine Welt ohne letzten Timelord. Irgendetwas macht ein Loch ins Raum-Zeit-Kontinuum, Donna biegt vor ein paar Jahren rechts ab und begegnet dem Doctor niemals. Zuschauerinnen und Zuschauer sehen die letzten beiden Staffeln im Schnelldurchlauf als Worst-Case-Szenario – der Doctor überlebt die Weihnachtsfolge »The Runaway Bride« nicht und kann die Erde nicht beschützen. London wird ausgelöscht, Torchwood vernichtet, Millionen von US-Amerikanern sterben an den Folgen der Adipose-Aufzuchts-Invasion und so weiter. Hier haben wir es mit einer hochspannenden Was-wäre-wenn-Folge zu tun. Die serieninterne Geschichte passiert Revue und wir treffen eine alte Bekannte wieder. Und dystopisch wird es, wenn Großbritannien angesichts der außerirdischen Bedrohungen zu einer restriktiven Militärdiktatur wird. Ein weiteres Highlight der Staffel. Allerdings wünsche ich mir als Erbsenzähler ein oder zwei Erklärungen, wer bei den Reisen in die Vergangenheit (zum Beispiel »The Shakespeare Code« oder »The Fires of Pompeii« die Erde gerettet hat.
The Stolen Earth (Die gestohlene Erde)
Apropos Erde: Die verschwindet in der vorletzten Staffelfolge mal eben. Während Doctor und Donna unserem Planeten hinterherforschen, sammeln sich auf dem wegteleportierten Erdenrund die Freunde und Weggefährten des Doctors. Captain Jack Harkness (John Barrowman) und sein Torchwood-Team, Sarah Jane Parker (Elisabeth Sladen) und Familie, Martha Jones und UNIT, sogar Rose Tyler (Billie Piper) und erweiterte Familie schaffen den Ausbruch aus der Paralleldimension. Nach kurzer Zeit wird klar, dass die Daleks hinter der Sache stecken, die Folge endet mit einem Cliffhanger – „Der Doctor wird von einem tödlichen Dalek-Strahl getroffen! Ob er das wohl überlebt?“ – und findet ihre Fortsetzung in der Abschlussfolge. In »Journey’s End (Das Ende der Reise)« müssen Doctor und Co die Erde, das Universum und den ganzen Rest retten. Die Doppelfolge ist ein Fest für Insider, mit Personal aus den Doctor-Who-Spin-Offs »Torchwood« und »The Sarah Jane Adventures«, der Rückkehr des Dalek-Schöpfers Davros und ziemlich vielen Companions der neu aufgelegten Serie. Insgesamt ein würdiger Abschluss der Staffel, der das ‚doktorlose Jahr‘ 2009 einläutet.
14 Folgen, Making-Of-Filme (Doctor Who Confidentials), Untertitel auf deutsch und englisch, entfallene Szenen – für knapp 40 Euro ist die Box ein Muss für Whovians.
Disclaimer: Fischpott hat eine Rezensions-DVD von Polyband erhalten.