Dungeons & Dragons: Dungeon Master’s Guide
Die hohe Kunst
Das Leiten einer Runde Pen & Paper-Rollenspiel ist nicht einfach. Der Dungeon Master’s Guide, mit dem wir die Trinität der D&D5-Rezensionen abschließen, erklärt uns wie.
Nachdem wir im Player’s Handbook gelernt haben, wie wir Charaktere bauen und das Monster Manual uns eine breite Auswahl antagonistischer Kreaturen präsentiert hat, verbindet der Dungeon Master’s Guide beide Welten. Er soll uns darauf vorbereiten, die Geschicke in jener Arena zu lenken, in der Helden und Monster aufeinandertreffen: Dem Dungeon. Wobei, so ganz stimmt das ja auch nicht mehr. Der Dungeon, jenes verwinkelte Gemäuer voller abscheulicher Kreaturen und sagenhafter Schätze, war früher zentral für das Rollenspiel. Heute ist er aber nur ein kleiner bis mittelgroßer Aspekt jener Welt, in der die Spielfiguren herumstromern. Folglich hat sich die Aufgabe der Spielleitung über das Managen von Würfelkämpfen und die Ausgabe fiktiver Schätze hinaus weiter entwickelt – es geht darum, die gesamte Spielwelt zu simulieren. Diese Kunst will uns der Dungeon Master’s Guide lehren.
Welten über Welten
Im ersten Kapitel geht es um das Weltenbauen und jede Menge Fragen, die sich angehende Spielleiter und Spielleiterinnen stellen müssen: Wie magisch ist die Spielwelt? Welche Gottheiten und Monster gibt es? Wie funktionieren Herrschaft und Wirtschaft? Welche Stile oder Subgenres – Heroic Fantasy, Sword and Sorcery, Dark Fantasy, Wuxia, etc. – beschreiben die Welt? Für jede Frage gibt das Buch mehrere Antwortmöglichkeiten und beschreibt die verschiedenen Stellschrauben des Weltenbaus.
Das nächste Kapitel eröffnet uns das Multiversum: Die bekannten Höllen, Himmel und Elementarebenen des D&D-Kosmos werden kurz angerissen und auf 25 Seiten vorgestellt. Dieser erste Teil des Buchs mit seinen beiden Kapiteln ist vor allem für Weltenbauer und Planehopper interessant. Für die meisten Gruppen, die auf etablierte Kampagnensettings wie Forgotten Realms oder Dark Sun setzen, ist die Fülle an Informationen nicht unbedingt notwendig.
Der gute Kram
Von allgemeinem Interesse ist dagegen der nächste große Abschnitt namens „Master of Adventure“, der dann auch gleich sechs Kapitel umfasst. Hier geht es um das Kreieren von Abenteuern, Nichtspielercharakteren und Orten. Dabei gehen die Autoren ins Detail, erklären Abenteuer-Ansätze wie Location-based und Event-based und sparen nicht mit einem bunten Sammelsurium an Zufallstabellen. Die sind – wenn man sich nicht sklavisch an das Ergebnis hält – ohnehin das beste Werkzeug beim Bauen. Die einzelnen Ergebnisse geben meistens ein schönes Gerüst vor, in dem sich dann das Abenteuer oder die Begegnung wunderbar improvisieren lässt. Im Kapitel zu NSC gibt es außer Anregungen zur Gestaltung dann auch zwei Klassenoptionen, die im Player’s Handbook gefehlt haben: Die Death Domain für Kleriker und den Oathbreaker-Paladin. Fiese Möpps (Möppe?), die nicht in jeder Gruppe gern gesehen sind. Schnelle Regeln für das Überleben in ungewöhnlichen Umgebungen und zum Erstellen von Orten in der Wildnis, von Siedlungen und Fallen schließen diesen Abschnitt ab.
Weiter geht es mit Anregungen für den Raum zwischen Abenteuern. Zum einen mit Tipps, wie die einzelnen Abenteuer verknüpft werden können, zum anderen mit Aktivitäten, mit denen die Charaktere ihre Freizeit verbringen. Wie üblich ist das Beten, Stehlen, Craften und Loot-Verjubeln, aber auch dafür sollte es ja Regeln geben. Der Abschluss des zweiten Abschnitts ist fast ebenso unverzichtbar wie das Monsterkompendium: Die Liste der magischen Gegenstände. Vom Book of Vile Darkness bis zur Potion of Healing ist hier auf über 90 Seiten alles aufgelistet, was Dungeoncrawlern die Augen aufgehen lässt. Im Vergleich zu früher hat ein Hauch Storytelling Einzug gehalten, etwa wenn die Vorgeschichte von magischen Gegenständen mit ins Spiel einbezogen werden kann.
„Der brennt!“ „Dann lösch doch.“
Der letzte Abschnitt dreht sich um die hohe Kunst der Spielleitung. Würfelkonventionen (Neuwürfeln, wenn der Würfel „brennt“ oder gelten lassen.), Spiel-Etiquette (Gesagt, getan – oder lockerer Umgang) und Spezialregeln zu Verfolgungsjagden, Vergiftungen und Wahnsinn werden vorgestellt. Schließlich öffnet das letzte Kapitel den SL-Werkzeugkasten mit Optionalregeln. Hero Points, Honor und Sanity als Charaktereigenschaften, Horror-Regeln, moderne Waffen und „realistischere“ Verletzungsregeln – damit lässt sich so einiges machen. Regeln zum Modifizieren und Selbermachen von Monstern, Klassen und Rassen sowie ein Anhang mit der – natürlich – Zufallsgenerierung von Dungeons schließen das Buch ab.
Wie immer ist der reichhaltig und größtenteils geschmackvoll illustrierte Dungeon Master’s Guide ein Pflichtkauf für D&D-Fans. Was andere Rollenspiele in ein Buch packen, muss bei D&D schon aus Tradition auf die drei heiligen Grundregelbücher aufgeteilt werden. Deswegen ist der Wälzer auch nichts für Neugierige, die mal in das Hobby reinschnuppern wollen. Wer dagegen spielleiten will, der muss sich den Dungeon Master’s Guide schon zulegen. Aber es lohnt sich. Mit relativ leicht zugänglichen Regeln, vielschichtiger Charaktergenerierung und der Möglichkeit, die Nostalgie abzuschöpfen, die sich in über 40 Jahren gebildet hat, hat D&D5 das Potential, das weltweite Rollenspiel Nr. 1 zu bleiben.
Dungeon Master’s Guide – von Jeremy Crawford, Christopher Perkins, James Wyatt, u.a. 320 Seiten, Sprache: Englisch, ISBN: 978−0−7869−6562−5, Preis: um 44 Euro
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar des Dungeon Master’s Guide von Hasbro erhalten.