Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves
Hat das bekannteste Rollenspiel der Welt endlich eine solide Kinoumsetzung bekommen? Das war die große Nerd-Frage beim Start des neuesten D&D-Films. Die folgende Filmkritik wird sie ein für alle mal beantworten.
Sitzen eine Barbarin und ein Barde im Knast …
Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves beginnt in einem eisigen Gefängnis im Hohen Norden der Vergessenen Reiche. Der Barde Edgin (Chris Pine) und die Barbarin Holga (Michelle Rodríguez) sind dort eingekerkert, weil ihr letzter Raubzug schief ging. Zusammen mit ihrer Abenteuergruppe und der dubiosen Magierin Sofina (Daisy Head) waren sie in eine Schatzkammer eingedrungen. Nur dummerweise wurden sie überrascht und Holga und Edgin eingeknastet.
Aber schon nach wenigen Szenen und einer umfangreichen Rückblende sind die beiden frei. Jetzt können sie Edgins Tochter wiedersehen und ihrem alten Freund Forge (Hugh Grant) einen Besuch abstatten. Der ist mittlerweile Lord von Waterdeep geworden. Aber welche Schande – Forge ist ein Verräter! Das barbarisch-bardische Duo muss das Familientreffen verschieben und stattdessen den nächsten Coup planen. Mit dabei ist der unfähige Zauberer Simon (Justice Smith) und die menschenfeindliche Druidin Doric (Sophia Lillis). Unterwegs treffen sie noch den rechtschaffenen Paladin Xenk (Regé-Jean Page), einen adipösen Drachen und zahlreiche Einträge aus dem Monsterkompendium.
Rettungswurf geschafft
Wer sich noch an den ersten D&D-Kinofilm von 2000 erinnert hatte Schlimmes befürchtet. Doch Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves ist erstaunlich gut – und das aus mehreren Gründen. Zum einen nehmen Drehbuch und Inszenierung die Vorlage ernst. D&D-Fans finden hier so ziemlich alles wieder, was sie aus ihrem Lieblingshobby kennen. Kreaturen, Zauber, Klassen – alles ist bekannt. Rostmonster tauchen ebenso auf wie Eulenbären, der untote Magier Szass Tam ebenso wie der Zauber Evards Schwarze Tentakel. Und gleichzeitig erlaubt sich der Film kleinere Abweichungen, damit die Geschichte kinotauglich erzählt werden kann.
Zum anderen nimmt sich der Film selbst nicht allzu ernst. Heist-Geschichten leben normalerweise von Lockerheit und Selbstironie, zwei Eigenschaften, die Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves förmlich atmet. Zwar geht es um Leben und Freiheit der Filmfiguren, aber alles findet ohne den bierernsten Pathos einer Herr-der-Ringe-Verfilmung statt. Dazu tragen die Darstellenden ungemein bei. Chris Pine spielt den sympathischen Gauner mit jeder Menge Spielfreude, Michelle Rodríguez stellt mit ihrer Rolle als stoisches Muskelpaket einen perfekten Gegenpart dazu dar, Hugh Grant brilliert in seiner Rolle als charmantes Ekelpaket und Regé-Jean Page als gutmenschlichster Paladin ist auf genau die richtige Art und Weise nervig und inspirierend.
Zu loben ist auch noch das Drehbuch. Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves lebt von Rückblenden und Wendungen, von absurden, fast schon pythonesken Ideen in einer stringenten Handlung. Mancher Twist ist vorhersehbar, andere komplett überraschend. Und auch wenn Humor eine der wichtigsten Säulen des Films ist, blitzt zwischendurch Herzenswärme auf. Etwa wenn die Barbarin Holga ihren Halbling-Exfreund trifft. Was zu Beginn der Szene wie eine billige Sketchnummer aussieht ist einfach eine wertschätzende Begegnung. Dann flackert tiefschwarzer Humor auf, wenn Gräber geöffnet und Tote befragt werden.
Getragen wird das alles dann noch von hervorragenden Effekten. Die großen CGI-Bilder sind vorhersehbar gut – eine Gestaltwandlerin-Verfolgungsjagd oder der oben genannte fette Drachenangriff – aber auch der Einsatz von animatronischen Katzenmenschenbabys oder sprechenden Leichen ist überzeugend.
Eine natürliche 20
Insgesamt ist fast schon überraschend, wie unterhaltsam und rundum gut Dungeons & Dragons: Honor Among Thieves geworden ist. Er wirkt nicht nur wie ein millionenschweres Filmprojekt sondern auch so, als ob viel Herzblut drin steckt. Den Regisseuren Jonathan Goldstein und John Francis Daley, die zusammen mit Autor Michael Gilio auch das Drehbuch geschrieben haben, ist hier ein wirklich großer Wurf gelungen.
Fischpott hat zu Rezensionszwecken ein Exemplar der Blu-ray Disc erhalten. Die verfügt über die nötigen Untertitel und lohnt sich allein schon für die erweiterte Friedhofszene, in der ein belebter Leichnam endlos – also wirklich sehr, sehr lang – über seine Lieblingsbücher schwadroniert.