Erika Mustermann
Erika Mustermann heißt eigentlich Frederike. Die geschiedene Mutter und aktive Grüne wird von politischer Eifersucht auf den Erfolg der Piratenpartei dazu getrieben, sich bei den ‚Gegnern‘ einzuschleichen und versucht, ihnen eins auszuwischen. Vorrangiges Ziel wird dabei der frischgebackene Landtagsabgeordnete Volker Plauschenat, der ihr dereinst eine tolle Idee geklaut hat.
Was mit etwas bösem Willen wie der Auftakt einer dieser typischen deutschen Liebesgeschichten klingt, führt zum Glück zu etwas völlig anderem. Robert Löhr gelingt es mit seinem Buch – sicher nicht zuletzt wegen der umfangreichen Recherchen, die er im Vorfeld bei den Piraten und den Grünen angestellte hat – eine unterhaltsame, liebenswürdige und sehr persönliche Geschichte zu erzählen. Sie verzichtet auf flache Klischees und wirft einen Blick auf die Piratenpartei, der zwischen Bewunderung für ihren Idealismus und realistischer Einschätzung ihrer offensichtlichen Schwächen changiert. Nicht alle Piraten sind weltfremd, aber auch nicht alle sind liebenswerte Über-Demokraten, genauso wenig wie die Grünen immer ökologisch oder gar moralisch korrekt sind.
Löhr erzählt uns auf lebendige und amüsante Weise von zwei Menschen, ihren (nicht nur politischen) Idealen und Zielen und wirft dabei auch ein Schlaglicht auf die Realität der Politik, an der so viele Politiker anbranden.
Als Nerd haben mich die zahlreichen Star-Wars-, Star-Trek- und Rollenspiel-Anspielungen begeistert, die ebenfalls ohne Beschönigung oder Verdammnis abgefeiert werden.
Nach der Lektüre war sogar ich als Urheber gewillt, mich nicht mit den Medien-Klischees zu begnügen, die oft genug ein einfaches Feindbild liefern, sondern selbst nachzusehen, wie die Piraten wirklich sind. Einen ersten Eindruck vermittelt Erika Mustermann, aber das Buch erhebt zum Glück keinen moralischen Zeigefinger.
Und Löhr belässt es nicht allein bei einem kurzweiligen Buch. Er spielt auch mit der Form von Text und Erzählung. Es finden sich ins Buch eingebettet Tweet-Screenshots und Wikipedia-Artikel, Chatprotokolle inklusive Avatarbildern, Spieleinstellungen und sogar ein Sudoku. So überrascht Löhr den Lesern nicht nur, indem er die befürchteten erzählerischen Klischees souverän umgeht und bessere Lösungen findet, sondern auch formal.
Alles in allem ist es ein lustiges, nicht selten auch anrührendes Buch mitten aus dem Leben, mit einem gesunden Schuss Absurdität und Originalität. Bleibt zu hoffen, dass genug Leute es kaufen, statt es sich irgendwo „kostenlos“ herunterzuladen – der Autor hat es sich verdient.