Get lucky – Sex verändert alles
Ungewöhnlich ist es schon, aber die beiden Protagonisten werden nicht im Bild gezeigt. Sie heißen Mumu und Dödel, bekannt auch unter Aliasnamen. Dass der Mensch einen von beiden mit sich trägt, meistens sogar ein Leben lang, ändert nichts an der Geheimniskrämerei um ihr Dasein und ihre Ansprüche. Das wiederum macht es der Jugend nicht leicht, eine Begegnung zwischen den Matchpartnern herbeizuführen und für den Rest des Lebens glücklich mit ihnen zu werden.
Damit stecken wir mitten im Dilemma, zugleich aber in dem etwas konstruiert wirkenden Plot, dass sechs Freunde gemischten Geschlechts auf gemeinsame Ferienreise gehen, um das erste Mal hinter sich zu bringen. Dass ihr Urlaubsdomizil ausgerechnet einer Sexualberaterin namens Ellen (Palina Rojinski) gehört, macht die Sache nicht glaubhafter, schafft aber eine höhere Warte, auf der man über alles vernünftig reden kann.
Also diese Mumu. Ellen hat eine – ehm – stopp. Ellen hat zwei, die eine aber aus Plüsch und von der Größe eines Kuschelkissens, somit gut geeignet, das vertrackte Ding unter die Lupe zu nehmen. An dieser rosa Perle muss man rubbeln, so ähnlich lautet es zum Thema Lustgewinn. Was den Möchtegern-Checker Aaron (Bjarne Meisel) sogleich dazu bringt, seinen ganzen Kopf im Paradies zu versenken.
Lustig? Nun ja, für Erwachsene mit hinreichender Praxis eher nicht. Der pubertierenden Jugend hingegen wird es etliche Lacher entlocken. Doch über das FSK 12 reden wir nochmal, denn eine Stufe tiefer würde es auch funktionieren. Nur dass Julia (Emma-Katharina Suthe) so deutlich ihre Möppis zeigt, dass ihr eine Facebook-Sperre sicher wäre. Also doch ab 12? Dann aber wenigstens bis maximal 25 und jenseits davon mit nachweislicher Spätentwicklung.
Was Regisseurin Ziska Riemann – übrigens auch Comic-Zeichnerin und Musikerin – gelungen ist: Sie hat einen Aufklärungsfilm als konsumierbare Komödie realisiert. Dass sich Julia eine knallfarbene Intimfrisur schnippeln lässt, um David (Benny Opoku-Arthur) auf ihre „Landebahn“ zu lotsen, kann man als Anregung mitnehmen. Dass sie indessen um Davids homosexuelle Orientierung weiß, er sein erstes Mal bei einem Surflehrer erlebt und Julia versucht, gleich beide mit ihrer originellen Nassrasur umzupolen, wirkt dann doch wörtlich an den Haaren herbeigezogen. Doch was soll’s, so wurden eben alle Spielarten mal durchgehechelt. Einschließlich übrigens der pressierenden Frage, woher genau bei Mädels das Pipi kommt. Hannah (Luissa Cara Hansen) geht der Sache per Spiegel auf den Grund, findet aber niemanden, der sich ebenso für eine empirische Klärung interessieren würde.
Haben wir was vergessen? Vielleicht das Thema Minderjährigkeit, inkarniert in Gestalt von Emma (Lilly Terzic). Interessant dazu die Feststellung, dass sie unter der Subhead „Sex verändert alles“ nicht auf dem Coverfoto erscheint. In Zeiten der Missbrauchsdebatte könnte man das Bild ja in den falschen Hals bekommen. Schade eigentlich, denn Lilly ist mit ihrer obercoolen Art tatsächlich das schauspielerische As im Sextett, dicht gefolgt von Emma-Katharina, der man zutraut, auch ohne Regieanweisung die richtigen Register zu ziehen.
Unterm Strich: besonders, aber nicht wertvoll. Kurzweilig, aber kein Brüller. Aufklärerisch, aber erfrischend undogmatisch.