Bloodlight and Bami – Das Leben einer Ikone
Grace Jones ist den meisten als schrille Disco-Diva in extravaganten Outfits und Schmankerl einiger mehr oder weniger trashiger Filme aus den 80ern bekannt. Wie die Person hinter der Bühne wirklich ist, will nun der Dokumentarfilm Bloodlight and Bami von Sophie Fiennes beleuchten.
From The Nipple To The Bottle Never Satisfied
Umstritten und legendär sind wohl die besten Begriffe, um Grace Jones zu beschreiben. Sie zeigte sich nackt in Ketten auf dem Cover des stern, trat im Gorilla-Kostüm auf und schlug in einer Fernsehsendung einen anderen Gast. Auf der Höhe ihrer Karriere war sie Stammgast im Studio 54, wurde zur Ikone der Schwulenbewegung und verwirrte gerne mit ihrem androgynen Styling.
Doch davon zeigt der Dokumentarfilm von Sophie Fiennes, der über einen Zeitraum von zehn Jahren entstanden ist, nichts. Lediglich während einer Unterhaltung im Backstage-Raum erklärt Jones, wie es zu der Ohrfeige für den Moderator Russel Harty kam. Aber ansonsten ist ihre Karriere so gut wie kein Thema.
La Vie En Rose
Stattdessen können wir Jones bei ihren Besuch in Jamaika erleben, wie sie mit ihren Eltern und Verwandten durch ihre Heimat reist, beim Essen über die Familienzusammenhänge spricht und ihre Vergangenheit aufarbeitet. Denn, was den wenigsten bekannt ist, ihre Kindheit muss ein Albtraum gewesen sein.
Nachdem ihre Eltern nach Amerika auswanderten, blieb Jones mit ihren fünf Geschwistern bei ihrer Großmutter und deren zweiten Ehemann. Dieser war ein gottesfürchtiger Tyrann, der Lederriemen mit unterschiedlicher Dicke (und Namen) an der Wand hängen hatte, die er regelmäßig benutzte, um die Kinder zu bestrafen.
Es verwundert also wenig, wieso Grace Jones zu dieser lauten und teils aggressiven Person wurde, die heute so bekannt ist. Sie selbst hat während des Schauspielunterrichts unter Hypnose fest gestellt, dass sie durch ihr angsteinflößendes Auftreten ihre Vergangenheit unter ihrem Stief-Großvater verarbeitet. Oft genug muss sie sich, wenn auch gut überspielt, zusammenreißen, wenn sein Name fällt.
The Performer Out There Takes The Risk
Als absoluter Kontrast zu diesen sehr intimen Szenen zeigt Bloodlight and Bami immer wieder ihre Bühnenauftritte der letzten Jahre, Streitereien bei Studioaufnahmen und ihren Kampf um Authentizität. Jones weiß sehr genau, wie sie sich darstellen will und kann es nicht ertragen bei einer französischen Show mit lauter halbnackter Tänzerinnen wie eine Bordellchefin zu wirken.
Ebenso wenig lässt sie sich von ihren Musikern für dumm verkaufen und scheißt diese auch mal am Telefon zusammen, wenn sie einfach nicht auftauchen.
Was nach außen wie divenhaftes Verhalten wirken könnte, ist im Grunde genommen ein sehr menschliches Verlangen danach, ernst genommen und respektiert zu werden.
I Won’t Give In And I Won’t Feel Guilty
Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Bloodlight and Bami als „eine Sensation“. Tatsächlich ist er aber eher ein stilles und gemütliches Portrait einer Performance-Künstlerin, die auch ein Leben ohne Scheinwerferlicht hat. Die Länge von fast zwei Stunden ist mitunter etwas ermüdend, was aber auch daran liegen kann, dass man ein knallendes Feuerwerk erwartet (danke Süddeutsche). Dieser Film ist eher etwas für eine Tasse Tee nach dem Discobesuch, um wieder runter zu kommen.
Fischpott-Disclaimer: Wir haben eine Blu-ray als Rezensionsexemplar vom Promoter voll:kontakt erhalten.