Henry Frottey – Sein erster Fall: Teil 2 – Das Ende der Trilogie
Grausame Morde, geheimnisvolle Frauen, finstere Ganoven, verwirrte Polizisten und ein Privatdetektiv, der alles besser weiß. All das hat Henry Frottey zu Genüge. Man hört förmlich den Trenchcoat durch Chicagos Straßen flattern.
Glücklicherweise hat Henry Frottey1 nicht nur das.
Ein Gastbeitrag von N. Balnis
Ich habe jetzt ziemlich lange in einer moralischen Zwickmühle abgehangen: mich häppchenweise zum Ende des Hörbuchs durchzukämpfen oder diesen Artikel noch 2015 zu Ende bringen. Das folgende Review behandelt nur die ersten 12 von 27 Kapiteln. Damit wisst Ihr, wie ich mich entschieden habe. Neben den üblichen Film-Noir-Klischees enthält HF-123 genug überraschende Wendungen für ein kleineres Schleudertrauma. Außerdem bietet das Hörbuch jede Menge Gelegenheiten, um vor Lachen vom Stuhl zu fallen. Warum also fiel mir das Zuhören so schwer?
Vielleicht, weil Hardboiled-Parodien noch toter geritten sind als das Genre selbst. Jan-Philipp Zymny reiht sich da in eine sehr lange Tradition ein; zusammen mit so großartigen Künstlern wie Bill Watterson und Douglas Adams. Daneben stehen aber eben auch Figuren wie Mickey Mouse, Roger Rabbit, und ungefähr 50% aller US-Fernsehserien. HF-123 füllt also nicht gerade eine unbesetzte Nische. Nicht mal auf dem Hörbuch-Markt. Roger Graf hat nämlich für den SRF3 ungefähr 400 satirische Hörspiele über den Privatdetektiv Philip Maloney geschaffen.
Immerhin ist HF-123 bei aller Parodie kein Abklatsch des Malteser Falken: Im Gegensatz zu Sam Spade betreibt Henry Frottey ab liebsten gar keine Ermittlungen, er besucht viel lieber den Jahrmarkt. Und mit der geheimnisvollen Dame schlendert er durch Kunstgalerien. Beschäftigt Frottey sich zwischendurch doch mal mit einem Verbrechen, lässt er hauptsächlich seine Gedanken ziellos umher schweifen, bis sich, vielleicht, hoffentlich, eine Erkenntnis einstellt. Die dabei wild wuchernden Assoziationsketten werden den Hörer_innen als surreale Monologe um die Ohren gehauen; komplett mit SciFi-Musik und LSD-Gefühl. Zur Erholung gibt es dann gelegentlich einen Exkurs in die Quantenphysik. Beides ist natürlich anstrengend, macht aber sehr viel Spaß.
– Leider nur den Leuten, die nicht zufällig hartgesottene2 Fans von Douglas Adams‘ Dirk-Gently-Reihe sind und all das schon schöner und besser kennen. Das wäre dann ein weiterer Grund dafür, dass mir das Zuhören schwer fiel.
Über den dritten Grund lässt sich streiten: Nach meinem Empfinden sind 12 Stunden für so ein Hörbuch viel zu lang. Nach dem ersten Drittel war ich einfach erschöpft. Aber wer regelmäßig von Berlin nach München pendelt, freut sich bestimmt über diese epische Breite. Überhaupt ist HF-123 ein Hörbuch für Pendler_innen: es hält sehr gut wach und ist fast nie langweilig. Aber wer es nur häppchenweise während der wöchentlichen Fahrt zum Supermarkt hört, verliert zwischendrin sämtliche Handlungsfäden. Andererseits braucht man die auch nicht unbedingt, um sich mit HF-123 zu amüsieren.
Wer könnte HF-123 mögen? Fans der Känguruh-Chroniken, Fans von Douglas Adams, Pendler, und natürlich die Fans und Freunde der an der Produktion beteiligten Poetry Slammer.
Wer könnte HF-123 hassen? Fans der Känguruh-Chroniken, Fans von Douglas Adams und natürlich alle, die tiefgründige Bücher mit strukturierter Handlung schätzen.
- Der Einfachheit halber werde ich das Buch im Folgenden als HF-123 bezeichnen. Besonders schön wäre es, wenn Ihr Euch dann R2D2 vorstellt, wie er mit Lupe und Deerstalker durch die Sand von Tatooine rollt. Auf der Suche nach C-3POs linken Arm vielleicht. („Eben hatte ich ihn noch! Er war genau hier!“) ↩
- pun intended, obviously. ↩
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