Jahresrückblick 2017: Britta
Wir schreiben den kürzesten Tag des Jahres. [Zumindest taten wir es an dem Tag, an dem dieser Rückblick entstand.] Die Welt vor meinen Fenstern trieft vor Nässe. Von Tageslicht kann nicht ernsthaft die Rede sein. Immerhin: Von nun an geht es wieder voran. Die Tage werden wieder länger, das Wetter hoffentlich besser. Die Aussichten sind also grandios. Und die Rückschau, mein Fischpott Jahresrückblick 2017, was besagt der? Mal wieder habe ich mehr gelesen als gesehen oder gar gehört. Aber das ist ja nichts Neues. Leseratte bleibt Leseratte. Und sonst so?
besucht: Literaturcamp Bonn
Besucht habe ich für Fischpott nur das Literaturcamp Bonn, das erste seiner Art in NRW. Natürlich war ich dieses Jahr auch wieder beim Barcamp Köln. Und beim WordCamp Cologne, dem Barcamp der WordPresser. Aber das Fischpott Henkeltöpfchen habe ich nur bei dem Literaten-Treffen vor mir hergetragen. Das Literaturcamp Bonn kam übrigens so gut an, dass es in eine zweite Runde gehen wird. Am 28.04.2018 trifft man sich wieder in der Stadtbibliothek Bonn, um sich von den Session-Ideen der Teilnehmenden überraschen zu lassen. Tickets gibt es ab Ende Januar 2018 – aber lasst bitte eines für mich übrig.
gesehen: Männer auf Holzskiern
In Sachen gesehen-Rezensionen gab es bei mir dieses Jahr nur zwei Bilderlieferanten, Die Geiseln und Saboteure im Eis. Dabei hat es vor allem der Norwegische Winter der Saboteure geschafft, sich in meinem Hirn festzukrallen. Männer, die sich auf Holzskiern durch den Norwegischen Winter kämpfen. So was gefällt mir. Vor allem während ich im mit einer heißen Tasse Tee und einer Wolldecke gemütlich auf dem Sofa sitze. Hauptsache, ich muss selbst nicht irgendwie raus in die Kälte. Doch, ich denke, die Saboteure werde ich mir noch mal anschauen.
gelesen: asiatische Science Fiction
Für Fischpott gelesen habe ich dieses Jahr sechs Bücher. Weitere mindestens fünf neue kamen unkommentiert hinzu. Unter diesen elf Werken stammten vier aus der Feder zweier japanischer und eines chinesischen Schriftstellers. 2017 war für mich also ein vergleichsweise asiatisches Jahr. Aber der Reihe nach. Da waren vor allem Die drei Sonnen, diese chinesische Hard Science Fiction, die nicht nur so gut ist, dass so ziemlich jeder ihr huldigen musste. Die drei Sonnen sind sogar so gut, dass der WDR in Kooperation mit dem NDR sie zu einem Hörspiel produziert hat. Die sechs Folgen laufen an Weihnachten und zwischen den Tagen auf WDR 5 und stehen dann auch zum Download bereit. Ich bin extrem gespannt!
Die japanische Wissenschaftsfiktion Extinction hat mir nicht minder gut gefallen. Allein deshalb mussten es dann für mich auch die 13 Stufen von Kazuaki Takano sein, die allerdings nicht ganz mit Extinction mithalten konnten. Und weil das so heiß war, lese ich es aktuell bereits zum zweiten Mal.
Und weil ich ja immer versuche, von Schriftstellern möglichst viel, wenn nicht gar alles zu lesen, gab es dieses Jahr auch noch einen Haruki Murakami: Hard-boiled Wonderland und Das Ende der Welt. Von allen Murakamis, die ich bislang gelesen habe, erschien mir dies doch der schrägste zu sein: Ein seltsamer Datenkrieg in einer Welt unterhalb Tokios, in der krude Experimente mit dem Unbewussten stattfinden. Während am Ende der Welt Zeit und Sinn keine Rolle mehr spielen; die Seele jedenfalls muss vor den Toren dieser Welt bleiben und leidet dort vor sich hin. Ich wusste schon, warum ich dieses – immerhin auch schon ältere – Werk nicht für Fischpott rezensieren wollte. Allein die Kurzzusammenfassung fällt mir schon schwer. Dennoch habe ich es auf eine schräge Weise sehr gemocht.
mehr gelesen: Abseitige Ansichten
Von den drei weiteren Büchern, die ich für Fischpott rezensiert habe, hat mir The Watcher von Ross Armstrong definitiv am besten gefallen. Diese Huldigung Hitchcocks und die Begeisterung für das Beobachten von was auch immer. Mit zum Teil arg abseitigen Ansichten vom Leben an sich und im Speziellen hat der britische Schriftsteller, der eigentlich Schauspieler ist, mich im Spätsommer auf jeden Fall mal gut unterhalten. Im Anschluss kam dann The Most Explosive Thriller of the Year To Kill the President von Sam Bourne, der mich allein mit seiner weisen Voraussicht direkt hatte. Einzig Dark Matter von Blake Crouch wollte mir nicht wirklich gut gefallen. Geschrieben darüber habe ich trotzdem. Oder gerade deswegen.
noch mehr gelesen: Alle Jahre wieder kommt …
… ja nicht nur der neueste Reacher raus. Sondern auch die neueste Poznanski. Beide habe ich natürlich gelesen. Über The Midnight Line von Lee Child hätte ich auch gerne geschrieben. Nur sah mich nicht in der Lage dazu, ohne wesentlich zu spoilern. Und das wäre echt blöd.
Die Kurzzusammenfassung von The Midnight Line klingt erstmal nicht so wahnsinnig spannend: Reacher ist eigentlich unterwegs zu seiner neuesten Flamme. Doch der Überlandbus, in dem er sitzt, macht einen etwas längeren Zwischenstopp. Dabei entdeckt Reacher in den Auslagen eines Pfandhauses einen West Point Ring. Und weil er denkt, dass kein West Point Absolvent jemals freiwillig seinen Ring abgeben würde (sofern er oder sie sich denn einen hat machen lassen), will er nun unbedingt die Geschichte dahinter erfahren. Und die entwickelt sich fortan fast schon zu einem Kommentar zu einer sehr zeitgemäßen Problematik in den USA. Die Washington Post jedenfalls war nicht weniger begeistert als ich und nannte das Buch »a timely, affecting, suspenseful and morally complex thriller«.
Nun ist dies schon der 22. Reacher-Band. Und natürlich sind nicht alle gleichermaßen beliebt. Dieses Jahr wählten die Fans bei Facebook den Erstling Killing Floor zu ihrem Favoriten. Kann ich unterschreiben, auch wenn eine Reihe weiterer für mich gleichermaßen großartig sind. Einige andere habe ich allerdings auch als weit schwächer erlebt.
Vor diesem Problem steht auch Ursula Poznanski. Wer schon mal echte Knaller rausgehauen hat, kann diesem Niveau sicherlich kaum auf Dauer entsprechen. Abgesehen davon hat alles ja nun auch viel mit individuellem Geschmack zu tun. Elanus fand ich jedenfalls nur insofern interessant, als die Hauptfigur in so mancher Hinsicht dem Sohn einer Bekannten zu ähneln schien. Ihr musste ich das Buch einfach leihen. Und sie stimmte mir in jeder Hinsicht zu, nicht nur die Ähnlichkeit betreffend. Sie sah auch dieselben Schwächen in der Erzählung wie ich.
noch viel mehr gelesen: Verbrechen ohne Grenzen
Nachdem ich Ende letzten Jahres mit Neid und Hass den dritten und vierten Band der OPCOP-Reihe von Arne Dahl gelesen hatte, habe ich Anfang diesen Jahres mit Gier und Zorn auch Teil eins und zwei abgearbeitet. OPCOP, das steht für Overt Police Cooperation und stellt die erste operative Polizeitruppe unter dem Dach Europols dar, bedeutet letztlich also europäisches FBI. Entsprechend die Fälle, die die zehn bis fünfzehn internationalen Polizist/innen bearbeiten. Im Vordergrund steht immer wieder die Mafia. Konkret die kalabrische ´Ndrangheta. Und die kennt keine Grenzen. In keiner Hinsicht. Deshalb variiert die Anzahl der europäischen Polizist/innen auch so sehr.
Ein guter Fall für das OPCOP-Team wäre jedenfalls auch die Geschichte von Dark Web gewesen. Wobei ich das Werk von Veit Etzold in Teilen bei Weitem fieser fand als die Stories von Arne Dahl. Vor Letzteren musste ich mich jedenfalls nicht so derart ekeln. Aber wie hieß es schon bei Brecht: Wir wären gut, anstatt so roh, doch das Internet, das ist nicht so. Ach nee, bei Brecht waren es die ja Verhältnisse, die einfach nicht passen wollten. Aber das ist ja mittlerweile fast gleichbedeutend.
In dem Sinne werde ich mir über die Feiertage und zwischen den Jahren mal internetfreie Zeit gönnen. Ganz ohne wird es wohl nicht gehen. Aber man kann ja mal klein anfangen.