Kikis kleiner Lieferservice
Am 23. September 2016 bringt Universum Film mit Kikis kleiner Lieferservice ein hierzulande weniger bekanntes Werk des des japanischen Meisterregisseurs Hayao Miyazaki in einer Collector’s Editon neu heraus. Angesichts der streng limitierten SteelBook-Ausgabe (5000 Stück) mit DVD, Blu-ray, Sammlermünze und 137 Minuten Bonusmaterial hat Fischpott einen erneuten Blick auf den Zeichentrick-Klassiker geworfen.
Die Anime-Filme aus dem japanischen Studio Ghibli haben in meinem Leben einen ganz besonderen Stellenwert. Ich erinnere mich noch, als ich auf dem Comicsalon in Erlangen eine Aufführung von Mononoke Hime (Prinzessin Mononoke) gesehen habe. Viel wurde damals über den Film in der für Fans unausweichlichen Zeitschrift AnimaniA geschrieben und nach der Vorführung war ich im wahrsten Sinne verzaubert. Das kann sich ein heutiger Konsument wahrscheinlich gar nicht mehr vorstellen, da inzwischen natürlich das ganze Portfolio des japanischen Animationsstudios Nummer 1 völlig problemlos überall auf DVD und Blu-Ray zu beziehen ist.
Mit Kikis kleiner Lieferservice (Original: 魔女の宅急便, Majo no Takkyūbin – was so viel wie „Der Lieferdienst der Hexe“ heißt) liegt ein etwas älterer Film aus der Studio Ghibli Collection vor, genauer gesagt ist das Werk bereits 1989 erschienen und somit quasi der direkte Nachfolgefilm zu dem absoluten Meisterwerk Mein Nachbar Totoro. Dazu schweife ich auch mal kurz ab: Totoro habe ich vor einer halben Ewigkeit mal auf der ziemlich genialen J-Junk Convention in Groß Gerau gesehen, auf Japanisch ohne Untertitel. Die Veranstalter hatten den Film irgendwo in Japan im Hotel auf VHS aufgenommen und einfach so vorgeführt, die Werbung hat man immer vorgespult (was schon schade war). Jedenfalls ist mir bei dem Film aufgefallen, dass man der Handlung problemlos folgen kann, auch wenn man die Sprache nicht versteht. Filme für die ganze Familie halt. Kikis kleiner Lieferservice ist allerdings deutlich dialoglastiger als Totoro.
Gemäß einer alten Hexentradition darf es an jedem Ort nur eine Hexe geben, so dass es zum Erwachsenwerden wie selbstverständlich dazugehört, dass man im Alter von 13 Jahren von den Eltern losgeschickt wird, die weite Welt kennenzulernen und fern der Heimat sesshaft zu werden. So muss eines Tages auch die junge Kiki allein (naja, fast, Kater Jiji darf natürlich mit) aufbrechen und findet nach einem längeren Flug auf ihrem Besen in einer kleinen Stadt am Meer eine neue Heimat. Naja, fast, ganz so einfach geht das natürlich nicht. Die neue Stadt ist hektisch, voller fremder Leute und Kiki ist anfangs ganz schön erschlagen von den neuen Eindrücken. Schließlich kommt sie bei einer Bäckersfamilie unter und beschließt, einen Lieferdienst zu gründen, mit so einem Hexenbesen ist man ja doch schneller als zu Fuß oder mit dem Auto (zumal die Straßen in der Stadt recht verwinkelt sind). Das läuft anfangs auch ganz gut, zunehmend bekommt Kiki allerdings Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.
Der Film ist dabei durchaus an einigen Stellen spannend, ich erinnere mich noch, wie meine Nichte mit offenen Augen und Hand vor dem Mund vor der Glotze saß, als Kiki eine Stoffkatze, die sie als Geschenk ausliefern sollte, nach einem Gefecht mit wilden Krähen über einem Waldstück verlor – und kurzerhand erst einmal ihren Kater Jiji ausliefert, der natürlich später unauffällig ausgetauscht werden soll. Außerdem fällt es Kiki teilweise durchaus schwer, Freunde zu finden, die Annäherungsversuche des Jungen Tombo schlägt sie anfangs doch sehr unwirsch ab. Dazu kommt im späteren Verlauf auch noch eine Sinnkrise, in der Kiki ihre Zauberkräfte und die Fähigkeit, mit ihrem Kater zu kommunizieren, verliert. Dieser ernste Touch passt gut, da der Film sich auch mit dem Thema Erwachsenwerden beschäftigt. Ich erinnere mich jedenfalls noch gut daran, wie in der Nachbarschaft Kinder weggezogen sind und ich da durchaus traurig war (und dann natürlich den Kontakt verloren habe).
Für Spannung ist also gesorgt. Dazu kommt, dass der ganze Zeichenstil wie immer total schön ist, sowohl die Charaktere als auch viele Details in der Stadt und die ganzen Brote beim Bäcker, alles sieht toll aus. Bei der Stadt hat man sich von einigen mediterranen Orten inspirieren lassen und ich muss sagen: Toll, ich würde unglaublich gern in dieser Stadt Urlaub machen, ein absolut stilsicher designter Ort am Meer mit einem Glockenturm, Kopfsteinpflaster auf den Straßen, hübschen Häusern und so weiter. Gerade wegen dieser Stadt ist Kikis kleiner Lieferservice einer meiner liebsten Film aus dem Hause Ghibli.
Wer eher leichte Kost wie zum Beispiel Totoro mag kommt um Kiki jedenfalls nicht herum, ich kann den Film rundum empfehlen, gerade für kleinere Kinder ab 6 Jahren ist der Film ideal und gefällt mir immer noch besser als manch neueres Werk von Hayao Miyazaki Die Blu-Ray hat einwandfreies Bild und Ton und wird dem Werk absolut gerecht. Als Extras gibt es noch Storyboards, ein Hinter-den-Kulissen-Feature und eine Trailershow. Der Ton ist sowohl in deutsch als auch japanisch an Bord in DTS-HD-Master 2.0 und es gibt selbstverständlich deutsche Untertitel. Das Digipack ist schön gestaltet und das USK-Logo lässt sich rückstandslos lösen, sehr vorbildlich.
Der Film ist wirklich sehr gut und besser als Disney jemals könnte aber die Deutsche Version ist wiedermal abgespeckt.
So wie hier müsste das Bonusmaterial aussehen:
Storyboard version of the movie [HD] (101:01 min)
Introduction by John Lasseter (SD) (0:51 min)
Ursula’s Painting featurette (SD) (2:32 min)
Behind the Microphone featurette (SD) (4:59 min)
Creating Kiki’s Delivery Service featurette (HD) (2:26 min)
Kiki and Jiji featurette (HD) (3:26 min)
Flying with Kiki and Beyond featurette (HD) (2:49 min)
The Producer’s Perspective featurette (HD) (1:47 min)
The Locations of Kiki featurette (HD) (29:13 min)
Original Japanese Theatrical Trailers (HD) (8:06 min)