London has Fallen (USA, UK, BGR 2016)
Nachdem Olympus aka das Weiße Haus ja bereits erfolgreich gegen die nordkoreanische Flut verteidigt wurde und im Remake zu Die rote Flut (Original: Red Dawn) kurzerhand ebenfalls Kims Truppen als ultimative Bedrohung der USA herhalten mussten – ursprünglich waren wohl Chinesen als Aggressor geplant – ist jetzt also London als Ziel eines terroristischen Angriffs dran. Als Terroristen haben wir es diesmal allerdings nicht mit dem Russen oder Islamisten zu tun, nein, es ist ein Waffenschieber namens Aamir Barkawi, der aufgrund eines amerikanischen Drohnenangriffs auf eine Hochzeit sickig ist. Zusammen mit seinem Sohn Kamran plant er also den größtmöglichen Schlag gegen die verhassten Imperialisten aus den US of A – und da die Nordkoreaner bereits gezeigt haben, dass man so einen Krieg auf amerikanischem Boden nicht wirklich gewinnen kann, muss halt London herhalten. Ach so, sein Plan ist einfach: Terror verbreiten, die USA erpressen den Präsidenten herauszugeben, damit dieser um 08:00 PM MEZ live und in Farbe und bunt hingerichtet wird.
Wie aber den amerikanischen Präsidenten Benjamin Asher (wie gehabt: Aaron Eckhart) nach Europa locken? Na, ist doch ganz einfach, der britische Premierminister muss sich gerade einer Routineoperation am Knie unterziehen, was wohl passiert, wenn dieser stirbt? Richtig, die ganzen Regierungschefs müssen zur Beerdigung antanzen, ob sie wollen oder nicht. Sowas lässt sich ja sicher machen, jeder kennt ja ein paar Ärzte die bestechlich genug sind, den britischen Premierminister bei einer Routine-OP zu killen. Läuft also. Natürlich ist man bereits bei den Vorbereitungen dieses Staatsaktes mega paranoid, es könnte ja so viel passieren. Begleitet von Leibwächter Mike Banning (auch wie gehabt: Gerard Butler) geht es also nach Europa und wir dürfen erstmal einer ehrlich gesagt ziemlich unlustigen Klischéparade der Peinlichkeiten zuschauen. So soll die deutsche Kanzlerin Agnes Bruckner (soso…) eine Blume von einem (Flüchtlings-?)Mädchen überreicht kriegen, der japanische Premier steht im Stau, der französische Kollege gammelt auf einem kleinen Boot auf der Themse rum und ist notorisch zu spät, der kanadische Premier witzelt mit seiner Frau im Auto, der russische Präsident kommt gar nicht und so weiter. Ich fühlte mich ein wenig an diesen Werbespot von Mercedes mit den ganzen Botschaftern erinnert (die dann alle aufgrund ihrer schäbigen Autos vom deutschen Botschafter eingesammelt wurden und nur deshalb pünktlich waren).
Dann geht natürlich der perfide Plan der Terroristen auf: Ein als Bombenexperte getarnter Bösewicht bringt eine Bombe unter dem Auto des kanadischen Premiers an, als dieses explodiert zücken die anwesenden Palastwachen auf einmal automatische Gewehre und erschießen unter anderem die deutsche Kanzlerin, die ganzen anwesenden Polizisten sind auch keine echten Polizisten, Krankenwagen mit Bomben an Bord werden auf der Brücke gesprengt und alles bricht in Chaos aus. Natürlich sind auch unter anderem Sprengsätze im Big Ben versteckt. Stand halt so im Drehbuch, dann muss man das nicht erklären wie so ein Plan unter dem strengen Überwachungsapparat der Briten durchführbar wäre… Natürlich ist Mike Banning immer noch so richtig auf Zack und schafft Kumpel Benjamin souverän aus der Gefahrenzone und knallt nebenbei diverse Terroristen ab.
Die Flucht führt dann erstmal durch die Straßen Londons zu drei Helikoptern und später zu Fuß zu einem Safehouse des MI6, unter ständiger Verfolgung von willigen Helfern Barkawis. Die sind dann auch wirklich überall, auf Motorrädern, auf Hausdächern mit Stinger-Raketen, zu Fuß und auch punktgenau da, wo die Protagonisten gerade langfahren (einmal wird das Auto vom Präsidenten und Banning von einem Transporter von der Straße gerammt, da dachten wir schon: Die lungern da also den ganzen Tag rum und hoffen, dass der vielleicht irgendwann da lang muss… ). Wie wir also schnell merken: Die ganze Geschichte ist Bullshit³.
Dafür stimmt die Action einigermaßen. Es wird viel geschossen, es explodiert viel und es lauern wirklich überall pöse Purschen, die nur darauf warten erschossen zu werden. Mike Banning geht dabei, was durchaus eine Hommage an die 80er mit Arnold, Sylvester, Chuck verstanden werden könnte, äußerst brutal vor. An einer Stelle quält er einen Terroristen mit einem großen Messer zu Tode und auf die Frage, ob das nötig war antwortet er schlicht mit „No“. Auch sonst ist er kein Mann großer Worte, geschossen wird meist direkt in den Kopf, oft auch aus sehr kurzer Distanz, Gegner werden regelrecht kaputtgemacht und uns lag durchaus der eine oder andere Tweet zum Thema Polizeigewalt auf der Zunge. Außerdem schon krass, wie viele Gegner in der ganzen Stadt verteilt waren, es fühlte sich da fast wie in einem neuen Purge-Film an. Ich fand die ganze Action sehr videospielig aufgemacht. Zwar nicht aus der Ego-Ansicht (kurz sicher mal, aber nicht wirklich im Fokus), aber der Film folgt schon einem Level-zu-Level-Aufbau und die Gegner sind meist namenlose Pappkameraden, die immer nur aufploppen, um direkt umgeschossen zu werden, unterbrochen von ein paar Quicktime-Events, wo auch mal mit Messer oder anderen tödlichen Gegenständen gekämpft wird.
Leider verkommt der ganze Film dabei immer mehr zu einer seelenlosen, zynischen Gewaltorgie, die auch nicht wirklich nachvollziehbare oder gar sympathische Hauptfiguren aufweist. Und wenn dann noch erwähnt wird, dass der Waffenschieber mehr Menschen auf dem Gewissen hat als die Pest frage ich mich schon: Welche Pest meinen die? Die von Unter-Uncton? Es gibt natürlich noch die eine oder andere Wendung in der Story, ist aber echt nicht der Rede wert. Neben der ganzen Action dürfen natürlich die Geheimdienstmitarbeiter unter Führung des amerikanischen Vizepräsidenten Allan Trumbull (Morgan Freeman, wie gehabt halt) von den USA aus den Briten die Ermittlungsarbeit abnehmen und mal eben herausfinden, wo die Bösewichte denn ihr Hauptquartier haben könnten.
Das klingt jetzt ehrlich gesagt furchtbar und ist es auch irgendwie. Dennoch: Ich fühlte mich einigermaßen gut unterhalten. Schwachsinnige, reaktionäre und dümmliche Actionfilme gehen halt irgendwie immer. Vor allem, wenn die sich auch noch selbst total ernst nehmen und keinen wirklich lustig/lustig gemeinten Spruch im Script stehen haben. Es gibt natürlich viel coolere Actionfilme, die ich deutlich eher empfehlen würde (z.B. der aktuelle Judge Dredd, The Raid 2, Snowpiercer und viele mehr), aber London has fallen ist jetzt auch kein größerer Schwachsinn als der neue Independence Day. Anderes Genre und andere Zielgruppe, aber auch nicht dümmer oder schlauer. Passt also für einen DVD-Abend mit ein paar Bieren und ohne Hirn ganz gut.
Geschaut haben wir das englische Original mit (hohoho) englischen Untertiteln. Uns wurde freundlicherweise ein Testmuster zur Verfügung gestellt.
Anekdote zum Schluss: Als ich meinte, dass die Terroristen in Stirb Langsam deutlich plausibler agierten als die in London has fallen habe ich mir dennoch eine ordentliche Portion Kopfschütteln von der Sofa-Fraktion in meinem Wohnzimmer eingefangen. Bonus-Anekdote: Ich fragt nach circa 15 Minuten: „Wie heißt der Held des Films?“ Schweigen. „Wie heißt der amerikanische Präsident?“ Schweigen. Und ehrlich gesagt: Ich konnte diese Fragen auch nicht beantworten.
Herrlich! Ganz großes Kino für jeden, der Bock auf einen gnadenlos politisch unkorrekten Abend hat (auch erwähnenswert – vorsicht, Spoiler: Der unterschenkellose Hacker-Waffenschieber-Terrorist im Rollstuhl, der, wie die anderen, erfolgreich ’neutralisiert‘ wird…oder die hohe Sterberate afro-amerikanischer Charaktere zu Beginn). Auch empfehlenswert für all jene, die Filme mögen, bei denen man null Funken Sympathie für die angeblich ‚Guten‘ aufbringen kann. Und natürlich ein Schmankerl für Freunde plumpen Foreshadowings. Die Liste ist lang. Aber, wer weiß, vielleicht will uns der Film bloß allen den Spiegel vorhalten und ist eigentlich eine mega geschickte Parodie…? 😉