Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte
Who wants to live forever
Der Anime Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte der Regisseurin und Drehbuchautorin Mari Okada erzählt die Geschichte einer Unsterblichen unter normalen Menschen.
„Ich will lieber ein einziges Leben mit dir verbringen, als alle Zeitalter der Welt allein zu durchleben.“
– Arwen, Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs
Vor kurzem habe ich gelesen, dass wir am Leben unserer Haustiere am besten das Voranschreiten der Zeit miterleben können. Was eben noch ein tapsiger Welpe war, ist jetzt ein arthritischer Hunderentner und wir Menschen spüren einen leichten Schauder angesichts der spürbaren Vergänglichkeit. So ist es kein Wunder, dass auch eine Szene in Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte1 die Beerdigung eines Hundes zeigt. Denn die Lebensspanne der anwesenden Maquia verhält sich zur Lebensspanne der Menschen um sie herum so wie die der Menschen zu der des Hundes. So ist das beim Volk der Iorph.
Wie Elben
Die Iorph sind zierlich, blond und anders als die Menschen. Denn die Iorph leben sehr lange und altern dabei kaum sichtlich. Sie verbringen die meiste Zeit damit, Tücher zu weben, die sie Hibiol nennen und die als Chroniken dienen. Die Waise Maquia ist eine von ihnen, ihre Freunde sind Leylia und Krim. Doch die scheinbare Unsterblichkeit der Iorph lockt Ritter aus dem Königreich Mesate auf ihren fliegenden Lenato-Drachen2 in das Tal der Iorph. Als die Ritter die Iorph zusammentreiben, verfällt einer der Drachen in wilde Raserei, verursacht durch eine Krankheit namens Rotaugen-Seuche. Der kranke Drache dringt in das Heiligtum der Iorph ein, wo sich auch Maquia verschanzt hat, verwickelt sich in die Hibiol-Tücher und fliegt schließlich davon – wobei er in den Tüchern auch Maquia mit sich trägt. Der Drache landet sterbend in einem Wald, Maquia überlebt den Absturz.
Gestrandet in der Welt der Menschen
Maquia wandert durch den Wald und stößt schließlich auf eine massakrierte Karawane. Der einzige Überlebende ist ein Säugling in den Armen seiner toten Mutter. Maquia will sich des Kleinen annehmen, als sie einen weiteren Anwesenden bemerkt: Der Händler Balou ist ebenfalls auf die Toten gestoßen, nutzt dies allerdings nur als Gelegenheit, sich mit ihrem Sake zu betrinken. Er warnt Maquia davor, das Kind mitzunehmen, es ist ja schließlich kein Spielzeug. Maquia nimmt das Baby trotzdem mit und wandert weiter. Sie kommt zum Hof der Bäuerin Mido und ihren beiden Söhnen Lang und Deol. Mido nimmt Maquia und den kleinen Jungen auf, der von Maquia den Namen Erial erhält.
Landleben
Erial wächst zu einem Kind heran und er und seine Ziehmutter Maquia haben sich gut im Dorf Helm eingelebt, als Maquia ein Hibiol-Tuch findet. Sie liest daraus, dass ihre Freundin Leylia noch lebt und zu einer Hochzeit mit dem Prinzen von Mesate gezwungen werden soll. Denn die Rotaugen-Seuche hat die Lenato-Drachen so stark dezimiert, dass der König von Mesate die Macht seines Königreiches gefährdet sieht. Er möchte durch Leylia die Langlebigkeit der Iorph in seine Blutlinie holen. Um ihre Freundin zu retten reist Maquia mit Erial in die Hauptstadt von Mesate. Auf dem Weg trifft sie Krim wieder, der ebenfalls Leylia retten will. Gemeinsam hecken sie einen Plan aus, ihre Freundin bei der großen Drachen-Parade zu retten.
Alleinerziehende Unsterbliche
Aus Spoilergründen sei nur so viel gesagt: Der Plan scheitert, aber anders als erwartet. Maquia und Krim trennen sich wieder voneinander, und Maquia ist wieder als alleinerziehende Mutter auf sich allein gestellt. Es verschlägt sie in die Stadt Dorail, in der eine Industrialisierung einsetzt. Jahre später verdient sie ihren Lebensunterhalt als Bedienung in einer Taverne, während der mittlerweile jugendliche Erial als Minenarbeiter Beschäftigung gefunden hat. Mittlerweile geben sie sich nicht mehr als Mutter und Sohn sondern als Geschwister aus, da ein Altersunterschied nicht mehr zu sehen ist.
Und so setzt sich die Geschichte fort. Krim plant weiter die Befreiung von Leylia, die im Königspalast von Mesate vor sich hin vegetiert, Lang ist mittlerweile Soldat geworden, Erial tritt ebenfalls der Armee bei, wird Vater etc. Die Zeit schreitet voran und Maquia bleibt, wie sie ist.
Das harte Los der Iorph
Das ist schon eine einfache, aber brillante Grundidee. Man kennt das ja aus diversen Fantasy-Geschichten, in denen Elben und Ents Sätze sagen wie „Ach, ihr einfachen Sterblichen, wenn ihr wüsstet, was ich alles schon gesehen habe …“ Und in Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte sehen wir das alles aus der Perspektive der Unsterblichen. Wie fühlt es sich an, wenn die Welt in Hundejahren lebt. Wenn aus Kindern Erwachsene werden, man selbst aber so bleibt, wie man ist. Und Maquia ist keine klassische Fantasy-Heldin, die ein großes Schicksal zu erfüllen hat. Sie ist eine alleinerziehende Mutter, die versucht durchzukommen. Auch deswegen fühlt sich Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte oft sehr realistisch an, obwohl sich alles in einer Fantasy-Welt mit Drachen und Unsterblichen abspielt.
Und diese Fantasy-Welt, die ist auch noch hervorragend animiert. Der typische Anime-Stil mit leicht cartoonesken Figuren in einer realistisch dargestellten Welt – wobei mir zum ersten Mal auffällt, dass das eigentlich auch der Stil der Ligne claire ist – ist hier von P.A. Works meisterhaft ausgeführt worden. Nur manchmal hat man den Eindruck, dass alles ein bisschen zu bombastisch ist für eine doch recht einfache Low-Fantasy-Welt. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Apropos Meckern. Gerade gegen Ende – kleiner Spoiler – gibt es einen Zeitsprung von grob geschätzt 60 Jahren, den ich etwas störend fand. Auch wenn sich an dieser Stelle schon ein bisschen eine Länge des Films gezeigt hat, eine Montage der Ereignisse hätte ich gerne gesehen. Denn insgesamt zeigt Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte nur einen Zeitraum von etwas 20 Jahren, was doch etwas das Potential der Erzählung verschenkt. Trotzdem – ein großartiger Film, eine Perle der Anime-Kunst. Uneingeschränkt empfohlen.
Maquia – Eine unsterbliche Liebesgeschichte ist am 9.8.2019 bei Universum Film erschienen. Wir haben ein Rezensionsexemplar der Blu-ray-Disc erhalten.