Peter und der Wolf (2006)
Ein Wolf, ein Junge, sein Großvater und zwei Vögel: Die bekannten Elemente von Sergei Prokofjews Peter und der Wolf finden sich auch im animierten Kurzfilm von Suzie Templeton. Der oskarpämierte Film aus dem Jahr 2006 ist jetzt vom Weltkino Filmverleih neu herausgebracht worden.
Peter und der Postkommunismus
Peter und der Wolf beginnt in postsowjetischer Tristesse. Das Haus, in dem Peter und sein Großvater leben, ist ein aus Einzelteilen zusammengebauter Verschlag. Der Großvater steht in der ersten Szene im Schneesturm auf dem Dach und schlägt mühsam mit dem Hammer ein paar Bleche zurecht. Die ersten paar Minuten von Peter und der Wolf verstreichen ohne Musik. Peter geht in die Stadt, sieht den heruntergekommenen Zirkus, der hier gastiert und wird von zwei Milizionären – die später als Jäger wiederkommen – gegängelt. Als er in die Hütte seines Großvaters zurückgekehrt ist, beginnt die vertraute Musik von Prokofjew. Suzie Templeton betont aber in ihrer Version das Heruntergekommene, Gebrochene. So wird aus dem fröhlichen Singvogel eine flugbehinderte Elster,1 der Teich ist zugefroren, die Stadt ist grau.
Das wirkt ein bisschen wie eine Antwort auf Prokofjews Grundidee, ein sowjetisches Märchen zu erzählen. Schließlich ist Peter in den ersten Versionen der Geschichte ein strammer Jungpionier.2 Hier ist er ein Junge in einem System, das ihn weder respektiert noch liebt. Die anderen Kinder unternehmen nichts, als er von den Milizionären in eine Mülltonne gesperrt wird. Deswegen unterscheidet sich das Ende wahrscheinlich auch dermaßen von der Originalversion.
Trotz alledem ist Templetons Version von Peter und der Wolf wunderschön animiert. Die Augen der Puppen wirken ungeheuer lebendig und in der grauen postsowjetischen Tristesse stechen die Farben um so stärker heraus. Der Verzicht auf eine Erzählerstimme macht den Puppentrickfilm zu einer intensiveren, ernsteren Erzählung als es bisherige Versionen waren.
Disclaimer: Wir haben die DVD zu Rezensionszwecken vom Weltkino Filmverleih erhalten.
- Oder Nebelkrähe, laut Wikipedia. Wobei ich eine Elster erkenne, wenn ich eine sehe. ↩
- siehe New York Times von 1985: PROKOFIEV’S ‚PETER AND THE WOLF‘ is 50 YEARS OLD ↩