Prerelease of Tarkir
Ein Erlebnisbericht
Jedes neue Magic-Set wird rituell mit dem Prerelease-Wochenende vor dem Verkaufsstart eingeläutet. Auch wenn für Turnierspieler und –spielerinnen ein Prerelease nicht DAS Event ist, macht es mir immer wieder Freude an einem teilzunehmen (und nein, das liegt nicht daran, dass es in Khans of Tarkir die Möglichkeit gibt, ein paar der begehrten Fetchlands zu öffnen.)
Ein Gastbeitrag von Juli Klippert.
Eher ist es die Möglichkeit, die neuen Karten des Sets in den Händen zu halten und ein bisschen rumprobieren zu können, wie sich diese so im Spiel schlagen. Nebenbei ist das Sealed-Format recht spannend, bietet Neulingen einen guten Einstieg in die Szene, ist aber gleichzeitig nicht leicht zu meistern. Dabei klammere ich mal aus, dass die aktuellen Prerelease-Sealed-Events nicht 100% dem normalen Sealed-Format entsprechen, da der enthaltene „Farbbooster“ das Format etwas verfälscht.
Letztendlich steht beim Prerelease vor allem der Spaß im Vordergrund, auch wenn ein paar Preisbooster oder gar ein Pokal natürlich ein gern genommenes Schmankerl sind. Beim Prerelease triffst du auf Dutzend bekannte, alte und neue Gesichter, die das gleiche Hobby wie du teilen oder gerade für sich (wieder-)entdecken. Es ist schön, sich mit guten Spielerinnen und Spielern zu messen, den Neulingen (hoffentlich) hilfreiche Tipps zu geben oder zwischen den Spielen noch an den Decks anderer Leute für die verbleibenden Runden rumzuschrauben
Sonntag 9:30 irgendwo in Deutschland
Bei uns in Hannover heißt ein Prerelease allerdings auch ein Tag voller Konzentration und Anstrengung. Unsere Prerelease-Turniere umfassen nämlich seit geraumer Zeit meist über 100 Personen, was bedeutet, dass wir 6 bis 7 Runden nach Schweizer System spielen. Auch an diesem verregneten Sonntagmorgen sollten wir wieder in den dreistelligen Bereich kommen. Weswegen es auch wichtig ist, sich mit einem Vorrat an Essen, Getränken und dem ein oder anderen Nascherl für den Zuckerhaushalt einzudecken. Ich und ein Großteil meines Teams waren vorangemeldet und mussten erst kurz vor Anmeldeschluss bei der Location sein. So konnten noch wir eine gute Stunde mehr Schlaf für den Tag tanken und uns in Ruhe mit obengenannten Dingen eindecken. Dort angekommen und durch die Voranmeldeschlange gewühlt, konnte ich mein Prerelease-Pack in Empfang nehmen und erst mal versuchen in den gutgefüllten Räumlichkeiten einen Platz zu finden …
Schon im Vorfeld der Veranstaltung entschied ich mich für den Temur-Klan. Zum einen hatte ich erwartet, dass die Ferocious „Fähigkeit“ grundsolide sein wird, denn im Normalfall gewinnen die dicken Kreaturen deine Matches. Zum anderen gefiel mir die Kombination aus Fliegern und Card Draw (Blau), schnellen Kreaturen und Removal (Rot) sowie den schongenannten „Fetties“ (Grün). Gut, nachdem alle Karten gespoilert waren, wurde mir bewusst, dass Ferocious vermutlich weniger ausschlaggebend sein und Weiß vermutlich die beste Farbe im Sealed sein wird, letztendlich Temur aber eine grundsolide Wahl ist.
Nach einiger Warterei gab es dann durch die Begrüßung unseres Hauptorganisators Maxe die Info, dass sich ganze 142 Leute versammelt haben und wir erhielten endlich das Signal, unser Produkt zu öffnen. Mit dem Startschuss mussten wir nun innerhalb von 50 Minuten ein mindestens 40 Karten umfassendes Deck bauen. Aus dem lauten Gemurmel wurde eine andächtige Stille. Vorherrschend waren die knisternden Geräusche sich öffnender Boosterpackungen, immer wieder durchbrochen von freudigen Jauchzern über spielstarke (oder vielmehr wertvolle) Karten. Ja, das Ganze erinnert ein wenig an Weihnachten oder Geburtstage. Deswegen gilt auch hier, nicht jedes Kind bekommt seinen Wunsch erfüllt. Nach der anfänglichen Freude macht sich natürlich bei den Ersten die Ernüchterung über ihren geöffneten Kartenpool breit. Trotz Fetch-Länder also business as usual.
Ein Paket zu öffnen, sie alle zu besiegen
In meinem Paket befindet sich eine Postkarte, die mir meinen Klan mit einigen Tipps erklären möchte, aber besser zu ignorieren ist. Des Weiteren noch eine Pappkarte mit allerlei Achievments zum Ankreuzen, ein Sticker sowie Button meines Klans, ein W20 mit sortierten Zahlen, die allesamt erfrischend neue Farben spendiert bekommen haben, fünf deutsche Khane von Tarkir Booster sowie mein Klan-Booster, aus dem mich meine Promokarte schon herausfordernd anfunkelt.
Der Rattleclaw Mystic erfreut mich auch sogleich, da ich in der Karte recht viel Standard Potential sehe und sie in Limited als Manafixing auch seine Dienste leisten wird. Die Promo weist aber auch gleich Neuerungen auf: denn weder hat sie ein alternatives Design, noch ist sie zusätzlich zu der (Mythic-)Rare im Klan-Booster enthalten! Die Karte gleicht nämlich einer normalen Foilkarte. Nur durch den Datumsstempel lässt sie sich überhaupt als Promo identifizieren. Dafür gibt es jetzt gleich 40 Promos anstatt den üblichen 5 verschiedenen Karten. Oder einfacher gesagt, die Rare-Karte aus deinem vorgefertigten Booster ist die neue „Promokarte“. Die Neuerung gefällt mir nicht sonderlich und ich wünschte, wir würden einfach wieder zu sechs Boostern und einer Promokarte, die nicht gespielt werden darf, zurückkehren. Nachdem ich aber nun sechsmal das Wort Promo in einem Absatz benutzt habe, belasse ich es dabei.
Meinen Unmut über diese Neuausrichtung konnte ich allerdings schon vorher zur Genüge freien Lauf lassen und daher geht es auch ohne Umschweife ans Deck bauen. Dafür reiße ich ohne genaueren Blick auf die Karten die Booster auf und sortiere mir alles sorgfältig nach Farben, um mir einen besseren Überblick zu verschaffen. Nach dem ersten Schritt schaue ich mir ganz „klanbewusst“ meine Goldkarten in den Temur-Farben sowie meinen Pool aus blauen, roten und grünen Karten an und das Denken geht los …
Mein Sealed-Deck … was ist das?
Um ungefähr auf einen gemeinsamen Stand zu kommen, möchte ich Kurz und Knapp ein paar Eckpunkte zum Thema Deckbuilding im Sealedformat vorstellen.
- Die Mindestanzahl von 40 Karten ist die richtige Anzahl. Na gut, manchmal wollen wir 41 spielen, aber eigentlich sollten wir das nicht tun!
- Abgesehen von alternativen Manaquellen spielen wir 17 Länder. Schon im Theros Block ging bis auf eine Ausnahme die Manakurve allerdings schnell hoch (Stichwort Bestow und Monstrous), so dass wir auch da schon oft 18 Länder spielen wollten. Mit der Wiederkehr von Morph und Delve steigt diese Kurve weiterhin und als Grundlage wollen wir in Khans of Tarkir mit 18, wenn nicht gar 19 Länder rechnen.
- Kreaturen gewinnen uns die Spiele, deswegen wollen wir im Regelfall 16-17 Kreaturen spielen. Ein Punkt, dem ich persönlich am wenigsten beherzige, da ich lieber etwas kontrolllastige Decks spiele und dafür mehr Nicht-Kreaturen Sprüche benötige.
- 40 – 18 – 17 = 5 Nicht-Kreaturen Sprüche. Natürlich nur, wenn wir die ersten drei Punkte auch beherzigen, was wir eigentlich tun sollten!
Die Suche nach Bomben und Antworten
Ich sitze also vor meinen Karten und suche in den Temur-Farben nach meinen „Bomben“. Damit sind meist Kreaturen gemeint, mit denen wir unser Spiel gewinnen, wenn unser Gegenüber sie nicht beantworten kann. Solche Bomben finden sich natürlich oft im Rare-Slot, aber nicht immer ist es uns vergönnt, eine spielbare Rare aufzumachen. Das ist aber nicht ganz so schlimm, denn auch im Common- und Uncommon-Bereich lassen sich einige Bomben finden. In Khans of Tarkir ist das zum Beispiel die Karte Wolly Loxodon. Auf die Karte trifft sowohl der Ausdruck „Fettie“ als auch „Bombe“ sehr gut zu.
7 Mana (gemorpht sogar nur 6 Mana) für eine 6/7er ist im Limited Format sehr stark! Mit ihrer Power von 6 tötet sie eigentlich jede normale Kreatur und ihre Toughness von 7 blockt auf der anderen Seite eigentlich jeden Aggressor erfolgreich weg. Von solcherlei Bomben möchte ich mindestens 5 in meinem Deck haben. In den Farben der Temur muss ich allerdings feststellen, dass ich insgesamt gerade einmal 19 Kreaturen zur Verfügung habe! Davon ist natürlich bei Weitem nicht jede wirklich spielbar und mein Plan, weniger Kreaturen als im Regelfall zu spielen, scheint aufzugehen.
Der zweite Blick offenbart aber nicht nur eine geringe Anzahl an Kreaturen, sondern auch einen sehr schwachen Rot-Pool. Mit Ausnahme zweier Snowhorn Rider sowie der Crater’s Claw möchte mich die Farbe nicht wirklich supporten. So folgt also der Blick in die beiden verbliebenen Farben Schwarz und Weiß. In Weiß finde ich ein paar gute kleinere Kreaturen, die allerdings nicht mit Grün und Blau mithalten können und auch keine Karte möchte noch durch einen weiteren Farbsplash in mein Deck kommen.
Der schwarze Pool sieht da etwas anders aus. Wie gewöhnlich besticht die düstere Magicfarbe vor allem durch ein gutes Set an Removal die sich auch in meinem Pool wiederfinden lassen. Drei an der Zahl und mit einem Schwenk auf die übrigen Goldkarten finde ich noch eine gute Morph-Kreatur in den Sultai-Farben sowie zwei passende Sultai Charms. Bingo! Schwarz gibt uns genau die Antworten, die wir für gegnerische Bomben gesucht haben.
Wir lassen also doch unseren Klan im Stich, schwenken auf ein Blau/Grün zentriertes Sultai um und splashen für die Crater’s Claw als vielseitigen Burn Spell und die beiden Morph-Kreaturen noch Rot als Farbe rein. Vier Farben sind natürlich nicht immer ganz einfach, und gerade Neulinge riskieren selten einen Splash. Doch Khans of Tarkir belohnt uns bei diesem Unterfangen mit 10 doppelfarbigen Common Taplands und einem Cycle von Uncommon Trilands in den Klanfarben, die unserem Mana einem bunten Anstrich verpassen und unsere Deckidee spielbarer machen. Außerdem sind es meiner Meinung nach oft genau diese Splashs, die ein Deck aus der Menge abheben und zum Sieg verhelfen.
Supreme Verdict
Nach sieben Runden und der Preisverleihung ist das Spektakel gegen 21:00 auch „schon“ zu Ende. Trotz guter Organisation kam es mir so vor, als hätten die Runden erheblich länger gedauert als üblich und bestärkt meinen Eindruck, dass Khans of Tarkir Limited nicht das schnellste Format ist. Ich selber schaffte es mit einem mittelmäßigen Kartenpool auf vier Siege und drei Niederlagen. Die erste Niederlage erfuhr ich gleich in der ersten Runde bei einem 1-2 gegen Sarkhan, the Dragonspeaker, auf den mein Deck nicht ganz vorbereitet war. Die nächsten vier Runden sollten dann weitaus besser laufen und mit einem 4-1 waren die Preise sicher und noch etwas mehr Luft nach oben. Die letzten beiden Runden musste ich mich allerdings jeweils mit 1-2 geschlagen geben. Nach einem guten Start gegen ein Mardu-Aggro-Deck, musste ich im zweiten und dritten Spiel Mulligan auf vier beziehungsweise fünf Karten nehmen und da war die Schlacht auch schon längst verloren. Gegen Jeskai-Tempo war es ein schneller Schlagabtausch mit ähnlichen Mulligan-Händen, die mich allerdings besser ins Spiel zurückbrachten, doch auch da ging die Gratulation an meinen Gegenüber.
Zu guter Letzt haben wir in unserem Team 34 Preisbooster gewonnen und wir durften am Ende nochmal ein wenig „Weihnachten“ zelebrieren. Mir persönlich machte sowohl das Prerelease als auch generell Khans of Tarkir Limited sehr viel Spaß und die Freude auf den bevorstehenden Draft und das neue Standardformat war eigentlich bei allen mehr als geweckt!
Der Schwierigkeitsgrad bei Khans of Tarkir Limited ist meiner Einschätzung nach allerdings höher als bei einigen seiner Vorgänger. Die Wahl der richtigen Farbkombination, die Erstellung der richtigen Manabasis und das Einschätzen der vielen Morphkarten kann sich für Einsteiger doch als schwierig herausstellen. Vielleicht ist aber auch genau dieser Schwierigkeitsgrad der Grund, warum ich so viel Spaß an diesem kopflastigen Prerelease hatte.
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