Ramses & Das Gold der Pharaonen
Das alte Ägypten ist in der westlichen Welt seit mehr als 200 Jahren ein Dauerbrenner: Museen, Bücher, Filme, Videospiele – Mumien und Pyramiden verkaufen sich konstant. Jetzt zieht das Odysseum in Köln mit der Ausstellung Ramses & Das Gold der Pharaonen nach.
Krieger, Feldherr, Baumeister: So vollmundig präsentiert die Ausstellung den Pharao Ramses II., der den Beinamen „Der Große“ trägt. Hat er in seinen circa 66 Jahren Regentschaft doch Kriege gewonnen, Frieden geschlossen, Monumente und Städte errichten lassen sowie wohl an die 100 Kinder gezeugt. Dem großen Pharao widmet sich also die Ausstellung in Köln. Sie beginnt mit einem Film über sein Leben, dann begrüßt uns schon der Kopf einer Kolossalstatue.

Und hier kann man schon ins Stutzen kommen. Hatte Ramses II. nicht eine ausgeprägte Höckernase? Die haben wir doch sogar eben im Film noch gesehen. Der Kopf hier jedoch hat einen ausgesprochen glatten Nasenrücken. Vielleicht hilft die Beschriftung weiter … „Nachbearbeitung einer Statue eines Königs aus dem Mittleren Reich“ steht dort, also aus der Zeit vor Ramses II. Zur Zeit des großen Ramses haben seine Untertanen also alte Statuen recycelt und dem aktuellen Herrscher gewidmet.
Pharaonische Propaganda
Das erklärt vielleicht sogar, warum Ramses II. überhaupt zum Großen wurde. Er hatte genug Zeit, in seinen 66 Regierungsjahren unzählige Statuen und Obelisken umwidmen zu lassen. Das wäre natürlich eine gute Chance, auch in der Ausstellung darauf einzugehen. Schön pädagogisch nach dem Punkt zwischen pharaonischer Propaganda und Realität zu suchen. Stattdessen geht es erst einmal weiter zu bemalten Scherben.

Und die sind absolut faszinierend. Auf den Jahrtausende alten Steinscherben hat sich die Tinte erstaunlich gut gehalten. Die Zeichnung wirkt frisch und modern. Sie zeigt Ramses – allerdings nicht den II. sondern den IV. – in einem Streitwagen. Ramses und Streitwagen, das gehört einfach zusammen. Denn nachdem wir an einem Modell des Tempels von Abu Simbel vorbeigehen, sehen wir ein animiertes Schaubild der Schlacht von Kadesch, die Ramses laut eigener Angabe haushoch gewonnen hat. Immerhin wird erwähnt, dass die Gegenseite – die Hethiter – das anders sahen und von einem Unentschieden sprach. Mehr solche Vergleiche zwischen ägyptischer Überlieferung und anderen Quellen hätten der Ausstellung gut getan.
Der Silbersarg des Pharao
Beim weiteren Rundgang durch Ramses & Das Gold der Pharaonen sehen wir das versprochene Gold aber auch einen silbernen Sarg, in dem Pharao Scheschonq II. ungefähr 300 Jahre nach Ramses II. bestattet wurde. Besonders spannend ist der Falkenkopf, den der Sarkophag hat. Weiter geht es an diversen Tiermumien, die wiederum aus der Zeit der ptolemäischen Herrschaft stammen und also 1000 Jahre nach Ramses II. einbalsamiert wurden. Klar, das ist alles noch ägyptisch, aber die Verbindung zum titelgebenden Herrscher ist ansonsten etwas dünn.

Dann ist es so weit: Wir stehen vor dem Herzstück der Ausstellung. Der Sarg von Ramses II. Der ist hervorragend erhalten, aber auch ein bisschen … unspektakulär. Gold ist nicht mehr dran, war es laut „offiziellem Souvenierbuch“ aber mal. Vielleicht auch Edelsteine. Aber der Pharao ist nach Überschwemmungen und Plünderungen seines Grabes ein paar mal umgebettet worden. Nach dem Sarg sehen wir noch einen kurzen Film im nächsten Raum und dann stehen wir auch schon im Souvenirshop.

War es das?
Nein, das war es noch nicht. Denn das Virtual-Reality-Erlebnis kommt ja noch. Mit Videobrille im schwenkbaren Sessel fliegen wir um 10 Minuten durch den Tempel von Abu Simbel, begegnen Ramses’ Ehefrau1 Nefertari, einer wütenden Mumie und einem Sandsturm. Das erinnert deutlich an Die Mumie von 1999 und wirkt ein bisschen bemüht. Wie man richtig gute VR-Erlebnisse im Museum hinkriegt zeigte zum Beispiel bis vor kurzem die Austellung Mondes Disparu / Missing Worlds in Paris.
Lohnt sich’s?
30 Euro für Erwachsene, 24 Euro für Kinder und Jugendliche2 – das ist schon nicht ohne. Dafür sehen Besuchende um die 180 altägyptische Artefakte, eine VR-Show3 und ganz viel Ramses II. Fast hat man den Eindruck, dass die Marketingabteilung des alten Pharao die Ausstellung organisiert hat, so sehr wird der starke Stier, Geliebter der Ma’at, Beschützer Ägyptens, der die Fremdländer unterwirft, reich an seinen Jahren, groß in seinen Siegen, machtvoll ist die Gerechtigkeit des Re, Re ist der der ihn geboren hat, Geliebter des Amun (so der volle Name) hier zelebriert.
Ein ähnlich großes Ego hat wohl der Kurator der Ausstellung, der bekannte Archäologe Zahi Hawass. Gefühlt taucht er seit ein paar Jahrzehnten in jeder Doku über das alte Ägypten auf und war 2011 kurzzeitig sogar ägyptischer Minister für Altertumsgüter. Auf der Pressekonferenz zu Ramses & Das Gold der Pharaonen lobt er die Einzigartigkeit der Ausstellung, die vorher in den USA und Australien zu sehen war. Natürlich nutzte Hawass die Bühne und kündigte zuversichtlich eine bedeutende archäologische Entdeckung in den kommenden Monaten in der Großen Pyramide von Gizeh an und bestätigte die Absicht, die Büste der Nofretete von der deutschen Bundesregierung zurückzufordern. Das klingt nach einer spannenden Zeit für die Ägyptologie – wahrscheinlich spannender als die Ausstellung in Köln. Wobei ich die Schatzsammlung nicht kleinreden möchte. Wer es mag, ägyptische Artefakte anzuschauen und nur ein paar Hintergrundinfos braucht4 kommt wahrscheinlich ganz zufrieden aus Ramses & Das Gold der Pharaonen.
Disclaimer: Wir haben eine Einladung zum Pressetermin im Odysseum vor der offiziellen Eröffnung erhalten und angenommen.