Risiko Europa
Sattelt die Pferde! Schärft die Schwerter! Stoßt ins Horn! Risiko Europa macht mittelalterliche Eroberungsfantasien wahr.
Risiko ist zu recht ein Spieleklassiker, stammt aber auch aus einer Zeit, als Brettspiele noch frustrieren durften. Unvorhersehbar lange Spielzeiten, das vorzeitige Ausscheiden einzelner Spielender und nervige Aufträge machen aus Risiko eine Übung in Geduld, gegen die Mensch-Ärgere-Dich-Nicht geradezu entspannend wirkt. Risiko Europa ist in dieser Hinsicht eine Weiterentwicklung. So sind die Siegbedingungen einheitlich: Wer zuerst sieben Kronen erobert hat, gewinnt. Kronen erringt man durch das Erobern von Städten (von denen es 15 auf dem Spielbrett gibt) oder durch das Kaufen einer Kronenkarte.
Kriegsbeginn
Der Anfang von Risiko Europa ist recht einfach: Die Spielenden bieten mit ihrem Startkapital auf das Recht anzufangen und platzieren dann eine kleine Streitmacht von 10 Fußsoldaten sowie eine Festung auf einer Stadt und einem angrenzendem Feld. Danach beginnt das eigentliche Spiel. Jede Runde müssen zwei Karten mit Befehlen verdeckt ausgelegt werden. Ein Befehl kann das Erheben von Steuern, der Kauf von Truppen, das Vorrücken innerhalb der eigenen Gebiete oder ein Vorstoßen in freie oder feindliche Gebiete sein. Im Uhrzeigersinn decken die Spielenden ihre oberste Karte auf und führen den Befehl durch. Anschließend werden die zweiten Karten aufgedeckt und durchgeführt. Man weiß also nie ganz genau, wie sich das Spielfeld entwickeln wird und ob die zweite Karte sinnvoll gewählt war.
Stoßen dabei zwei feindliche Heere aufeinander, wird das betroffene Gebiet zum Krisengebiet (kein sehr mittelalterlicher Begriff) und die Kämpfe werden in typischer Risiko-Manier ausgefochten. Wobei – ganz typisch sind die Kämpfe doch nicht. So unterscheidet Risiko Europa zwischen Kriegsmaschinen, Bogenschützen, Rittern und Fußtruppen. Kriegsmaschinen, Bogenschützen und Ritter greifen vor dem Gefecht einmal an und haben unterschiedlich gute Chancen, dem feindlichen Heer Verluste zuzufügen. Festungen erlauben es, einen Truppentyp neu zu würfeln und können nur von Armeen mit Belagerungsmaschinen angegriffen werden.
Das Ausfechten der Kampfhandlungen beendet die Runde. Jetzt wandern die gespielten Karten auf den Ablagestapel und man muss in der folgenden Runde wieder zwei neue von der Hand wählen. Erst wenn alle abgelegt sind, darf man den Ablagestapel wieder aufnehmen. Das führt dazu, das alle Aktionen limitiert sind. Hat man zum Beispiel zuerst dreimal Steuern erhoben beziehungsweise Einheiten gekauft (die Karten haben alle Doppelfunktionen), muss man fünf andere Befehle wie Vorrücken oder Nachrücken ausführen, bis wieder Steuern einsacken möglich ist. Diese Einschränkung der Handlungsfreiheit lenkt die eigene Taktik in ausgewogene Bahnen – das kann man für Bevormundung halten, ist beim Testspiel aber nicht negativ aufgefallen. Zudem bringen manche Karten Sonderfähigkeiten wie eine Verstärkung oder das Aufnehmen des Erster-Spieler-Siegels mit sich.
Hübsche Sarazenen und schnieke Wikinger
Sehr gelungen sind die Spielfiguren. Jede Farbe ist unterschiedlich gestaltet, so wirken die lilafarbenen Truppen wie Sarazenen oder die blauen wie Wikinger (natürlich mit ahistorischen wagnerianischen Hörnerhelmen). Die 15 goldenen Kronen, die auf eroberten Städten platziert werden, sind ein hübsches Extra. Dabei sind sie eigentlich nicht nötig – man sieht dank der Punkteanzeige sowieso den aktuellen Kronenstand. Das Spielbrett ist groß und übersichtlich, nur manchmal bieten die Gebiete nicht allen Figuren Platz.
Berlin, Sachsen
Apropos Gebiete: Bei der Einschätzung europäischer Geografie sind dem anonymen Autorenteam ein paar Schnitzer unterlaufen. Wenn Berlin als Hauptstadt von Sachsen fungiert, dann wundert man sich als Mitteleuropäer*in doch sehr. Und überhaupt, warum ist Berlin als Hauptstadt in Mitteleuropa aufgeführt, wenn Prag, Wien oder Köln im Mittelalter doch sehr viel bedeutender waren? Die Vermittlung eines einigermaßen korrekten Geschichtsbildes ist zwar nicht die Hauptaufgabe eines Brettspiels, wäre aber ganz schön gewesen.
Höret, höret
Die Mittelalterisierung hat dem altehrwürdigen Klassiker Risiko sehr gut getan. Risiko Europa ist übersichtlicher und potentiell schneller als das Urspiel, schön gestaltet und macht jede Menge Spaß. Klare Kaufempfehlung für Fans von brettbasierten Kriegsspielen, die sich aber immer noch auf einen hohen Glücksfaktor einlassen müssen.
Disclaimer: Wir haben von Hasbro ein Rezensionsexemplar erhalten.
Alter: 14+
2-4 Mitspielende
60-180 Minuten Spieldauer