Rivalinnen – Duell auf der Klinge
Es gibt diese Sportarten, die sich nie die Butter vom Brot nehmen lassen. Und zwar schon deshalb nicht, weil überhaupt nur Margarine auf der Stulle war. Von so einem sportlichen Mauerblümchen berichtet der russische Film Rivalinnen. Und als sei’s nicht genug der Hürden, handelt er noch von der weiblichen Seite der Disziplin, genauer: vom Säbelfechten der Damen. Inspiriert hat den Regisseur Eduard Bordukov die Olympiade 2016 in Rio de Janeiro, als russische Teilnehmerinnen Gold und Silber im Einzel abräumten, dazu Gold im Mannschaftskampf. Also etwa so publikumswirksam wie der umgefallene Sack Reis in China.
Es braucht eine gute Geschichte, um aus solcher Zitrone Saft zu pressen. Mittel der Wahl ist für Bordukov das niederschwellig moralisierende Spiel mit dem Konkurrenzgerangel zwischen Altmeisterin Alexandra (Svetlana Khodchenkova) und Newcomerin Kira (Stasia Miloslavskaya). Sind einem erst einmal die Namen vertraut – und übrigens auch die Gesichter der Damenriege, die einer Großfamilie mit vielen gemeinsamen Chromosomen zu entstammen scheint –, ist man schon mitten im Zickenkrieg, dessen Ursache nebulös bleibt. Irgendwie will die eher mittellose Kira aus der Provinz, was die wohlhabende Alexandra aus der Hauptstadt auch nicht hat, von dem sie aber träumt, während Kira am nicht vorhandenen Thron sägt und Gift speit. Jugendlicher Übermut, aus dem sie zugleich Sprungkraft und Schnelligkeit für ihr sportliches Auftreten bezieht.
Da wabern Klischees, die aber nur ansatzweise den Hollywood-Blaupausen entsprechen. Zur erzählerischen Spannung, die der Film trotz der unspektakulären Materie entwickelt, gesellt sich für westliche Betrachter eine zweite Spannungsebene. Da ist die Begegnung mit Moskau, mit den (hoffentlich realistisch präsentierten) Stärken russischer Frauen, mit einer eigenen Bilderwelt gar, die am Ende Lust auf eine Russlandreise macht.
Starke Bilder übrigens mit glücklicherweise gebremstem Einsatz von Computeranimation. Vielmehr begegnen uns altbewährte Stilmittel in allerdings digitaler Politur: dramatisierende Slow Motion, Sfumato-Hintergründe aus der Nebelmaschine, High-Key-Innenarchitektur oder auch die amerikanische Nacht in russischer Schneelandschaft. Es macht Spaß allein dieser Impressionen wegen, wobei zwei Einstellungen jäh herausragen. Zum einen ist es das Tuning von Schauspielerin Stasia Miloslavskaya für ein Coverfoto. Die Aufnahme zu PR-Zwecken soll sie als den „russischen Panther“ zeigen, den man ihrer Rolle, der Fechterin Kira, im Laufe der Karriere andichtet. Was man geboten bekommt, ist die Verwandlung einer Landpomeranze in eine Wow-Frau mit rotem Flattertuch und der Sprungkraft einer Wildkatze. Dass dies auch ohne Nacktheit schlichtweg vom Hocker fegt, ist genau dieser überragenden russischen Bildidee zu verdanken.
Die zweite Einstellung spielt an einem kalten Abend über den Dächern von Moskau. Kira und Alexandra haben nach heftigen gegenseitigen Verletzungen, deren Beweggründe man leider noch immer nicht gänzlich durchschaut, zu einer Art Freundschaft gefunden. Die Beleuchtung dazu ist grandios, nur muss man sie zu lesen verstehen. Die Schatten sind gefüllt mit den kalten Blautönen einer weiterhin schwelenden Rivalität, während die Spitzlichter alle Wärme einer großen Vertrautheit erhalten. Es gibt unendlich viele Kniffe in der Kameraführung, tief durchdachte Einstellungen, Farb- und Lichtführungen, die dazu verleiten, den Film ein zweites Mal und dann mit ausschließlichem Blick auf die Bildsequenzen anzuschauen. Ein visuell rundum schönes Werk fern der oft viel zu plumpen Special Effects im Mainstream. „Frauen-Säbelfechten ist wie Ballett mit einer Klinge“, kommentiert zu Beginn des Films ein Sportreporter. Genau das demonstriert Rivalinnen in starker Umsetzung, ohne den leisesten Anflug von Stümperei und ohne dass diese Realisierung Selbstzweck wäre. Kurzum: Der Film ist bei aller Spannung immer auch auf einer Meta-Ebene zu betrachten, um ihm gerecht zu werden.
Disclaimer: Wir haben eine DVD des Films als Rezensionsmuster vom Publisher erhalten.