Search and Destroy
Search and Destroy ist eigentlich weniger ein Film als vielmehr eine Collage aus Szenen eines vermutlich mal beabsichtigten Drehs und von irgendwoher geklautem Bildmaterial, in dem Züge, Boote und pralle Hintern gezeigt werden. Der Regisseur starb fünf Jahre vor Erscheinen dieses Werkes, und so können die schlechten Bewertungen kaum ernst genommen werden. Obwohl Search and Destroy selbstverständlich sehr schlecht ist.
Rekordverdächtige Bewertungen
2,8 Sternchen von 10 in der Internet Movie Database, und damit in exquisiter Nachbarschaft von Mega Shark vs. Giant Octopus (2,5) und Air Rage (3,2). Solche Bewertungen erzielt man eigentlich nur, indem man Dinge auf ganz spektakuläre Weise falsch macht, wie es die Filmproduktionsgesellschaft The Asylum regelmäßig zelebriert.
Entsprechend unauffällig wirkt Search and Destroy über weite Teile des Films. Die Schauspieler können einigermaßen geradeaus sprechen, die Kampfchoreographien sind zumindest eine 4 von 10 und die Kameraführung erinnert an solide B-Movies.
Worum geht’s überhaupt?
John Cutter1 (Dylan Bruce) verkackt zu Beginn eine Mission gegen Igor Rodin, den Boss einer multinationalen Terrororganisation – der „größten der Welt“, wie wir zu Beginn erfahren. Kurz darauf erhält er jedoch die Gelegenheit, sich zu rehabilitieren, wenn er Igor in Albanien zur Strecke bringt – und nur Cutter kann dies schaffen, denn nur er kann Igor identifizieren … was etwas erstaunlich ist, weil Igor – Chef einer weltumspannenden Terror-NGO – bei jedem noch so kleinen Feuergefecht seiner Mannen in vorderster Reihe ungetarnt vor Ort zu sein scheint. Jeder sollte ihn identifizieren können. Igor philosophiert etwas viel herum, aber wirkt durchaus massiv, wie eine physische Weiterentwicklung von Henning Baum (Der Letzte Bulle) mit Glatze. Der Bart wirkt authentisch, und sein Akzent wirkt mal russisch, mal französisch.
Auf jeden Fall ist die Mission wichtig: Igor hat eine Menge Gift geklaut und zudem drei Wissenschaftler, die ihm die dazu passende Bombe bauen. Am Ende verschlägt es alle auf einen Zug, auf dem Cutter Geiseln retten, Igor verprügeln und die Bombe entschärfen muss. Spannend.
Der Teufel liegt im Detail
Darsteller und Story also soweit irgendwo zwischen B- und C-Movie. Dennoch muss man keine fünf Minuten dieses Streifens sehen, um zu merken, dass in der Umsetzung einfach gar nichts stimmt. Das Intro bildet eine Reihe von Nahaufnahmen einiger Frauengesäße am Strand, die weder mit der Story noch mit dem Setting des Films irgendetwas zu tun haben. Die Schriftart der Credits ist kaum lesbar. Zahlreiche Standbilder werden eingeblendet, in denen wir Namen und Funktion der unbedeutenden Nebendarsteller erfahren – was zu einigermaßen skurrilen Szenen führt, etwa wenn einer erst als „Colonel Anderson“ angesprochen und uns dann zwei Sekunden später feierlich qua Untertitel als „Anderson: Colonel“ vorgestellt wird. Achja, danke!
Die Musik stellt einen Zusammenschnitt aus 80er-Elektro (von der schlechten Sorte), Jerry-Bruckheimer-Rock’n’Roll aus den 90ern und ein bisschen Jump’n’Run-Mucke dar, die in den unsinnigsten Momenten und in meist unpassender Lautstärke eingespielt wird. Riesige Explosionen entstehen, wenn Heuballen von Maschinengewehren getroffen werden und einzelne Szenen werden sogar doppelt verwendet – so, als Cutter am Anfang durch ein offenes Fenster schießt. Totalaufnahmen scheinen aus den unterschiedlichsten Quellen und sogar den unterschiedlichsten Jahrzehnten geklaut. Der Zug, auf dem der Showdown stattfindet, hat in fast jeder Einstellung eine andere Anzahl an Waggons.
Trotz aller herrlichen Schwächen kann man dem Gesamtwerk nur wenig genuinen Trash-Wert abgewinnen, weil die Szenen für sich genommen nicht übermäßig schlecht umgesetzt sind. Einzig die recht frühe Unterwasserszene konnte mir dezente Schmunzler entreißen: man wusste nie, wer gerade spricht, die Stimmen klangen wie aus South Park und der Kameramann muss den Wert einer Unterwasserkampfszene in trübem (!) Wasser völlig überschätzt haben.
Keine Wertung
Strenggenommen lässt sich der Film als Ganzes aber gar nicht werten, weil er gar keiner ist. Regisseur Danny Lerner starb bereits im Jahr 2015 und irgendwann seitdem muss jemand auf die Idee gekommen sein, die abgedrehten Fragmente des finalen Werkes – zu welchem Bruchteil auch immer dieses abgeschlossen war – mit ein paar frei zugänglichen Schnipseln kombiniert in einer linearen Abfolge zusammenzukleben. Die einzelnen Bilder sind so heterogen, dass der ganze Film keine einheitliche Auflösung besitzt, und so ist Search & Destroy eher YouTube- als BluRay-Material.
Keine Wertung. 0 von 0 Fischen im Pott…
Finale
…wenn da nicht der Abspann wäre. Nachdem wir den Film „geschafft“ haben und mit einem abschließend eingeblendeten „The End … For Now!“ in Panik versetzt werden, folgt das Highlight als noch offizieller Teil des Hauptfilms: Ein kleines Making Of als Hommage an Regisseur Danny Lerner, in dem Cast & Crew dem verstorbenen Schöpfer dieses Epos huldigen. Und da sie dies bar jeglicher Ironie tun, erhält Search and Destroy nach seinem Ende doch noch die Trashwürze, die sich vermutlich jeder gewünscht hat, der sich bewusst für den Kauf dieser DVD entschieden hat.
Die dort geäußerten Kommentare werde ich nun nicht weiter kommentieren, denn wie im Falle des Moskauer Gebets von Soyeon Schröder-Kim gilt, dass man gewisse Dinge nicht parodieren kann.2 Deshalb lasse ich Sie nun mit den schönsten Zitaten alleine.
„Danny Lerner was the first producer and director that gave me chance to supervise the pyro effects.“
„It has everything. It has train, it has submarine, underwater shots, aerial shots, it has everything that an action movie might want to be … a big action movie.“
„It’s been fun for me and the rest of the cast to run through flames, fire guns and to jump around like a bunch of kids playing GI Joe.“
„He [Danny, d. Aut.] is a One-Take-Wonder. He knows what he wants and he gets it.“
„Short prep time. The story, casting … Everything came together at the last minute, but it came together beautifully.“
„All the actors, they were … great actors.“
„We are a family.“
- Full Disclosure: Ich hätte diesen Film nie gesehen, wenn der Held nicht den gleichen Namen wie Wesley Snipes Figur in Passagier 57 gehabt hätte. ↩
- https://www.spiegel.de/netzwelt/web/soyeon-schroeder-kim-auf-instagram-im-krieg-ist-alles-erlaubt-aber-das-a-e196d54c-ec89-4c69-baa9-fe350135ff68 ↩