Silent Hill: Revelation 3D
Bassett folgt Gans – und verkackt
Willkommen in Silent Hill! Vor sechs Jahren entführte uns Hollywood erstmals in die höllische Paralleldimension und brachte den Horror-Game-Klassiker auf die große Leinwand. Nun ist es Zeit für einen neuen Trip in das nette Städtchen – aber kann das lang erwartete Sequel mit dem Vorgänger oder der Vorlage mithalten?
Seit Jahren zieht Christopher DaSilva (erneut gespielt von Sean Bean) mit seiner Tochter Heather (Adelaide Clemens) von Stadt zu Stadt, ständig auf der Flucht vor einem mysteriösen Kult, der hinter ihnen her zu sein scheint. Zusätzlich wird Heather von grauenhaften Visionen geplagt, die ihr den Schlaf rauben. Doch plötzlich verschwindet ihr Vater und eine blutige Inschrift in ihrem Haus mahnt sie „Come back to Silent Hill“. Heather scheint keine andere Wahl zu bleiben. Unterstützt von dem geheimnisvollen Mitschüler Vincent (Kit „Game of Thrones“ Harrington) macht sie sich auf nach Silent Hill, um ihren Vater und Antworten auf ihre Fragen zu finden.
Silent Hill gilt als der Klassiker unter den Survival-Horror-Spielen: Das Game lebte von seinen bizarren Gestalten, der unschlagbaren Atmosphäre und seiner Kreativität. Sein Universum wurde in sieben Fortsetzungen erweitert, bis sich schließlich Pakt der Wölfe-Regisseur Christophe Gans 2006 an eine Realverfilmung wagte. Das Ergebnis war ein sehr guter Horror-Film, der sowohl als Verfilmung der von den Fans geliebten Spiele als auch als eigenständiges Werk für Neueinsteiger funktionierte. Die Story konnte man zwar mit einer Brechstange auseinanderreißen, aber das Gesamtpaket stimmte. Mit einem effektiven Spannungsaufbau sowie surrealen und kreativen Bildern war Silent Hill das filmische Äquivalent zu einem bizarren Alptraum und ein sehr guter Horror-Film. Die Fortsetzung setzt direkt an seinem Vorgänger an – und scheitert grandios.
Und da hat es „Buh“ gemacht
Es dauert keine fünf Minuten, da ahnt man bereits, dass Silent Hill: Revelation kein neuer Horror-Klassiker wird: Bereits in der alptraumhaften Eröffnungssequenz setzt M. J. Bassett auf plötzliche Jumpscares. Nicht nur einen oder zwei, nein, der gesamte Anfang ist übersät mit völlig unnötigen und teilweise einfach nur sinnfreien “Buuuh“-Momenten. Im Laufe des Films wird das nicht besser. Von subtilem Spannungsaufbau oder Atmosphäre scheint die Regisseurin nicht viel zu halten. Warum auch, Horror ist ja viel effektiver, wenn man plötzlich ein Toast (!) ohrenbetäubend laut aus dem Toaster feuert. An Stellen wie dieser wirkt es fast, als habe Michael Bays Remake-Schmiede »Platinum Dunes« seine Finger im Spiel gehabt. Der Vorgänger von Christophe Gans hatte kaum Schockmomente und war trotzdem der deutlich spannendere Film.
Fans der Spiele könnten sich darüber freuen, dass der Film weitestgehend der Handlung von Silent Hill 3 folgt. Leider tut er dies nicht besonders gut. Im Gegenteil, das Drehbuch ist ein einziges uninspiriertes Chaos. Revelation strotzt geradezu vor Logikfehlern und Plotlöchern. Auch der erste Film hatte seine Probleme mit Anschlussfehlern und dergleichen, aber dort wirkte es nie störend oder riss den Zuschauer aus dem Geschehen. Hier allerdings ist das Erzähltempo viel zu hoch, als das man überhaupt in das Geschehen einsteigen könnte. Nie nimmt sich der Film die Zeit, näher auf seine Charaktere einzugehen und ihnen Tiefe zu verleihen. Stattdessen wird in den 90 Minuten von Plot Point zu Plot Point gehetzt, dazwischen wird ordentlich CGI-Blut in die Kamera gespritzt und natürlich „BÄÄÄÄÄM“ – Jumpscare! Regisseurin M. J. Bassett (auch für das Drehbuch verantwortlich) schafft es zudem nicht einmal, die Geschichte ordentlich zu erzählen. Ständig muss irgendein Charakter in lahmen Dialogen Handlungsstränge und Zusammenhänge knapp erklären, bevor die nächste Monster-Szene folgt.
Eine einzige große Enttäuschung
Zugegebenermaßen: Silent Hill: Revelation sieht ganz ordentlich aus. Bassett gelingt es, den düsteren Stil von Christophe Gans wiederzugeben und dem geschaffenen Universum zumindest visuell treu zu bleiben. Dass sie dabei auf viele altbekannte Kreaturen wie die Nurses und natürlich Pyramid Head zurückgreift, sei ihr zugestanden. Tatsächlich bietet der Film auch eigene Ideen, wie eine recht kreative, wenn auch mäßig animierte Szene in einem Lagerraum für Schaufensterpuppen. Mit der Rückkehr nach Silent Hill schafft es Bassett im Mittelteil des Films kurz sogar so etwas wie Atmosphäre und Ansätze von Spannung aufzubauen. Aber keine Sorge: Das sinnfreie Finale weiß das wieder perfekt zu vergurken und nebenbei sogar der Ikone Pyramid Head seine Bedrohlichkeit zu nehmen.
Die Schauspieler haben es in Silent Hill: Revelation nicht besonders einfach: Ausnahmslos alle Figuren sind eindimensionale Reißbrett-Charaktere. Vielleicht spielen die Darsteller deshalb so schlecht und lustlos. Am schlimmsten ist dabei jedoch Kit Harrington, der nicht nur keine einzige Emotion glaubhaft rüberbringt; sein Charakter und dessen Hintergrund-Geschichte sind derart faul geschrieben und klischeebehaftet, dass es fast schon wie eine Parodie wirkt. Ach ja, die deutschen Synchron-Stimmen sind übrigens grauenhaft. Das macht aber auch nicht mehr viel aus.
Silent Hill: Revelation ist nicht nur der Inbegriff eines schlechten Horror-Films, er ist auch ein perfektes Beispiel dafür, wie wichtig Christophe Gans für den ersten Film wirklich war. Silent Hill von 2006 hatte einen fähigen Regisseur und ein spannendes Drehbuch. Dieses Sequel hat weder das eine noch das andere und gehört qualitativ zu den trashigen Direct-to-DVD Fortsetzungen in der Grabbelkiste bei Saturn. Eine Enttäuschung für Fans der Spiele, für Fans des Originals und für Horror-Film-Fans allgemein.
Anmerkung der Redaktion: 2021 wurde dieser Artikel hinsichtlich des Geschlechts der Regisseurin M. J. Bassett, die sich 2016 als trans geoutet hat, aktualisiert.
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