Sondaschule – Unbesiegbar (2022)
2017 beschenkte uns die Mülheimer Punkrock-Ska-Combo Sondaschule mit dem sehr abwechslungsreichen Album Schere, Stein Papier. Der Nachfolger Unbesiegbar ist nun entsprechend abwechlungsarm gelungen, aber auch sehr schnell und…irgendwie geil.
„Ruhe vor dem Sturm“ heißt das Intro der neuesten Sondaschule-Platte Unbesiegbar, und der Name könnte passender nicht sein: Erstens ist es ruhig und zweitens folgt der Sturm. Wer glaubt, die Vorabsingles „Unbesiegbar“ oder „Was ich am liebsten mach’“ gäben den Ton an, sieht sich geirrt: Eher dient der mit Dritte Wahl kreierte Geburtstagskracher „Der große Tag“ als Blaupause für den neuesten Longplayer. Knappe 45 Minuten lang hält die Band aus Mülheim und Oberhausen den Beat und gibt den geneigten Fans gehörig auf die Zwölf.
Nachfolger der Ärzte?
„Irgendwann wird es die Ärzte und die Toten Hosen nicht mehr geben, und dann…“, so hieß es damals, 2010, selbstbewusst aus dem Herzen des Potts. Diesem Anspruch ist die Sondaschule freilich nicht ganz gerecht geworden. Dennoch steigert sie sich von Jahr zu Jahr und hat sich im Gegensatz zu ähnlich talentierten Punkbands wie The Wohlstandskinder, Schrottgrenze oder Tagtraum über Jahrzehnte gehalten. Was allein schon aller Ehren wert ist.
Ein holpriges Release
Der Tod eines Bandmitglieds, die Pandemie und Lieferschwierigkeiten: Unbesiegbar hätte schon vor langer Zeit veröffentlicht werden sollen. Ob und wie sehr der Sound in der langen Wartezeit überarbeitet wurde, lässt sich nicht sagen, aber es schwingt schon eine Menge Ungeduld in fast jedem Lied mit: Es läuft alle immer einen Tick zügiger, als man es dieser Tage erwarten würde, erst Recht von einer Band, deren Mitglieder die 40 alle überschritten haben dürften. Produziert hat das Album übrigens Vincent Sorg, der auch schon für u.a. die Broilers produzierte, was man aber zum Glück nicht merkt.
Gleich der erste richtige Track „Gute Zeiten“ legt mit The-Offspring-Ohohoooo in hohem Tempo vor und abgesehen von kleinen Ruhephase wie beim Titeltrack „Unbesiegbar“ in der Mitte des Albums gibt es kaum Pausen. Auch die Ska-Elemente, die sehr prominent platziert sind, bremsen nicht, sondern folgen dem Beat des Schlagzeugs. Das Album Unbesiegbar ist wie für ein Festivalpublikum geschrieben.
Keine Abwechslung – und das ist auch gut so!
Alleine die ersten vier Lieder des Vorgängers Schere, Stein, Papier boten mehr Variation als das ganze Album Unbesiegbar. Auch sind die Texte nicht übermäßig originell: Lokalpatriotismus, Freunde, Liebe, Bier. Und dennoch ist es gerade abwechslungsreich genug, dass man jedes Lied für sich genommen gerne hört. Hervorzuheben sind besonders die Ruhrpott-Romantiksongs „Beverly Hills“ und „Liebe für die Freaks“ und das witzige „Merkst Du nicht…“, welches textlich sehr an das neue „Doof“ der Ärzte erinnert, einen vom linken Mainstream sicher allgemeingültig als Vollidioten anerkannten besorgten Bürger auf’s Korn nimmt und sowohl auf Konzerten als auch auf privaten Feiern zum Mitgröhlen anregen dürfte:
Jeder Mensch hat seine Meinung, jeder kriegt, was er verdient
Manche Menschen nähen Kleidung, andre nehmen Kokain
Erst verprügelst du die Kinder, dann misshandelst du die Frau
Dann rufst du die Polizei an, denn
[CHOR:] die Nachbarn sind zu laut
Wie auch hier verstärkt sich der Livecharakter des Albums durch häufiges chorales Gröhlen im Toten-Hosen-Stil. Das mag durchaus auch mal stumpf wirken, ist aber eher erfrischend, wenn man bedenkt, dass mittlerweile jede zweitklassige Band versucht, auf 11 Lieder 12 verschiedene Facetten ihrer künstlerischen Fähigkeiten zu zeigen. Ein solch entschlossenes Rockalbum war im Jahr 2022 kaum zu erwarten, kann aber nur begrüßt werden.
Fazit: Mehr davon!
So richtig überzeugt hat mich die Sondaschule erst mit ihrem Album Schön kaputt (2015). Seitdem ist nun aber Unbesiegbar das dritte gelungene Album in Serie, ohne dass sich die Band jeweils wiederholen würde: Ich ziehe meinen Hut.
4 von 5 Fischen im Pott.