Southpaw
Regie: Antoine Fuqua
Mit: Jake Gyllenhaal, Rachel McAdams, Forest Whitaker, 50 Cent
Im Grunde macht Southpaw Spaß. Den leicht zu begeisternden Sportliebhaber erwarten überzogene Boxkämpfe mit mehr Volltreffern als ein Rudel Klitschkos einstecken könnten. Cast, Soundtrack und Regisseur sind wohlgewählt. Und wer mag, darf sich an Gyllenhaals olympischer Physis erfreuen. Leider nur bemüht sich Southpaw allzusehr darum, als Boxerdrama ernstgenommen zu werden; und scheitert dabei an seinen zahlreichen Klischees und kaum nachvollziehbaren Charakteren.
Die Handlung ist schnell erzählt: Billy Hope (Jake Gyllenhaal) ist mehrfacher Boxweltmeister im Halbschwergewicht. Er lebt mit seiner Frau und Tochter in New York City und hat ein schickes Haus. Leider nur ist er sein kindliches Temperament nie ganz losgeworden, und so kommt, was kommen muss: Billy lässt sich provozieren („hey Billy, I fucked your bitch!“), in dem Handgemenge stirbt seine Frau, Billy wird Alkoholiker, verliert seine Tochter ans Jugendamt, seinen Manager (Curtis Jackson aka „50 Cent“) an die Konkurrenz und sein Haus an die Insolvenzverwaltung. Nun folgt jedoch auf jedes Tief ein Hoch und so trifft Billy auf Titus „Tick“ Wills (Forest Whitaker), der ihn an den Weltmeistergürtel und in das Herz seiner Tochter zurückführen will.
Source Code, End of Watch, Prisoners, Nightcrawler: Selbst wenn mal ein Film misslingt – an Jake Gyllenhaal liegt es bestimmt nicht. Wie bei jedem seiner Neulinge, so habe ich mich auch dieses mal wieder gefragt: „Box-Champion – kann der das?“. Jau, kann er. Nicht nur, dass er seinen Körper fleißig für die Rolle gestählt hat; er verkörpert alle Facetten seiner Rolle – Sieger, Verlierer, Dünnhäuter, schlechter Redner, Wahnsinniger, guter Vater, stolzer Ex-Champion – zutiefst glaubhaft. Generell ist die Schauspielkunst nicht das Problem dieses Films. Forest Whitaker, Kinderstar Oona Laurence in der Rolle von Hopes Tochter und auch 50 Cent als rationaler Boxpromoter stellen sich als gute Castingentscheidungen heraus. Die Regie von Antoine Fuqua (Training Day) bietet zwar keine Neuheiten, sorgt aber für eine gewohnt spannende Darstellung großstädtischer Drogenmilieus und spektakuläre (teils eklige) Nahaufnahmen seiner Hauptdarsteller.
Worunter Southpaw aber sehr wohl leidet, ist das Drehbuch. So sind die Launen von Hopes Tochter – die immerhin Antriebsfeder seines Handelns sein sollen – kaum nachvollziehbar. Wie ein Fels in der Brandung will sie nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Vater bleiben, nur um in der nächsten Szene – ohne weitere Zwischenfälle – nicht mehr mit ihm sprechen zu wollen. Nachdem Billy Hope den vermeintlichen Mörder seiner Frau aufspüren wollte, aber davon absieht, weil er dessen Tochter erkennt, fährt er plötzlich gegen einen Baum. Dass Hope plötzlich sein Hab und Gut verliert, kommt ebenfalls vollkommen unvermittelt daher, wurde vorher doch nicht gerade das Bild des im Überfluss lebenden Verschwenders gezeichnet (wenngleich sein Haus sehr hübsch ist). Warum am Ende das eigentlich sehr interessante Aufeinandertreffen von Hope und seinem Todfeind im Ring nicht näher thematisiert wird, ist mir dann völlig schleierhaft – denn das ist eigentlich der natürliche Gipfel der Handlung. Stattdessen … boxen die einfach gegeneinander.
Der Sportliebhaber kommt auf seine Kosten, vorausgesetzt, er nimmt das Boxen nicht zu ernst. Das Boxtraining in Southpaw besteht im Wesentlichen aus ein paar Fitnessübungen und in den Weltmeisterschaftskämpfen kassiert Hope fortlaufend freiwillig Volltreffer, nur um seine Gegner bloßzustellen. Auch bar jeder Ahnung vom Boxen nehme ich mir das Urteil heraus, dass auch der souveränste Boxer im Halbschwergewicht nach mehreren Volltreffern nicht mehr aufstehen wird. Die Szenen erinnern ein wenig an den hanebüchenen Retroboxkampf zwischen Batman und Bane in der Kanalisation in The Dark Knight Rises; dort kassiert Bane willentlich Batmans Fausthiebe, wohlwissend, dass eine Beschädigung seiner Maske seinen Tod bedeuten würde. Dieser Kampf ist nun wahrlich kein Vorbild, an dem man gemessen werden will. Dennoch: Die Vorbereitung auf den Showdown und der Showdown selbst garantieren eine unterhaltsame Schlussviertelstunde. Angedeutet nimmt sich Southpaw in Person von Forest Whitaker („Stopping punches with your face is not defense”) sogar ein wenig selbst auf’s Korn.
So lautet das Verdikt, dass mit Southpaw ein unterhaltsamer Sportfilm entstanden ist, der sich als Drama viel zu ernst nimmt. An Rocky, The Fighter oder gar Warrior kann er sich aber keinesfalls messen.