Spring – Love is a Monster
Eigentlich hat das Leben den jungen Evan (Lou Taylor Pucci) schon genug gebeutelt: Sein Vater ist kürzlich verstorben, den Tod der Mutter erleben wir in den ersten fünf Minuten des Films mit, nach einer Schlägerei verliert er den Job als Koch und sein bester Kumpel Tommy (Jeremy Gardner) ist ständig besoffen und/oder bekifft und somit auch keine große Hilfe. Was macht der durchschnittliche Kalifornier in so einer Situation? Richtig, den erstbesten Flug in das erstbeste Land zur schnellstmöglichen Zeit buchen. Also nach Italien.
Italien im Frühling genauer gesagt.
In Rom lernt Evan zwei Rucksacktouristen kennen, mit denen er mehr oder weniger haltlos umherreist bis es ihn ins pittoreske Puglia verschlägt. Dort findet er Arbeit im Olivenhain von Angelo (einem älteren Mann, der seit Jahren allein lebt, nachdem seine Frau bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist) und lernt die sehr attraktive und zugleich sehr seltsame Louise (Nadia Hilker) kennen. Oder besser: Er verliebt sich Hals über Kopf in Louise.
Wir als Zuschauer ahnen recht früh, dass mit Louise irgendwas nicht stimmt. Ihre Haut scheint sich zu verändern, wird schuppig oder haarig oder schleimig, weshalb sie sich eine Spritze aus einer Flasche mit einem traurigen Smiley drauf reinjagen muss. Außerdem scheint sie sich verwandeln zu wollen oder zu müssen. Immer wieder sehen wir kleine Tiere im Bildvordergrund, die von Louise fast schon magisch angezogen werden. Oder Blumen die im Zeitraffer aufblühen oder verwelken. Tierkadaver am Wegesrand, aus denen auch mal eine Schlange kriecht. Irgendwie hatte ich die ganze Zeit den Verdacht, dass Evan ein Date mit Beelzebub hat.
Dabei ist Louise sehr menschlich, sie interessiert sich für Evans Geschichte, ist sehr von Gefühlen bestimmt und lebt und liebt das Leben. Gut, sie kann mehr als ein Dutzend Sprachen (aber kein Sumerisch). Man hat aber zu keiner Zeit das Gefühl, dass sie böse oder bösartig ist. Nur normal ist sie auch nicht. Dazu kommt dass der Film zumindest in dem Puglia-Abschnitt (es geht am Ende auch noch nach Neapel) in einer isolierten kleinen Welt spielt. Ähnlich vielleicht wie bei Dellamorte Dellamore von Michel Soavi (Unbedingt ansehen, sehr sehenswerter und surrealer Film!), der auch in seiner eigenen kleinen Welt spielt. Spring erzählt seine Geschichte in blassen, digital erzeugten Bildern, unterstrichen von sehr zurückhaltender Musik. Teilweise setzt man dabei auf durchaus beeindruckende Art und Weise eine Drohne für Kameraaufnahmen ein, es gibt verschiedene Luftaufnahmen vom Meer und seinen Strömungen und den Straßenzügen von Puglia. Dazu kommt, dass der Film in der Vorsaison spielt. Evan erwähnt irgendwann, dass jetzt ja die ersten Touristen kommen, worauf Louise erwidert dass es dann hier nur so vor Menschen wimmelt. Kann man sich gar nicht vorstellen, weil der Ort absolut verschlafen, ein wenig märchenhaft und isoliert wirkt. Halt eine Blase, in der die Sorgen nur an die Oberfläche kommen wenn man sie lässt.
Was Spring auf gar keinen Fall ist und auch nicht sein will: Ein Horrorfilm. Es gibt natürlich Horrorfilm-Elemente. Die Regisseure Justin Benson und Aaron Moorhead waren schließlich vorher unter anderem in die V/H/S-Filme involviert. Dennoch möchte Spring eher eine surreale und ungewöhnliche Liebesgeschichte erzählen, vielleicht ein modernes Märchen, in dem der Froschkönig in den Prinzen verwandelt werden will. Außerdem spielt das Leben, der Tod, das Klammern an das Leben, das Vergängliche, Trauer und Einsamkeit und Liebe als Erlösung durchaus eine große Rollen in diesem Film. Die Beziehung zwischen Louise und Evan ist dabei sehr real dargestellt, die Gespräche und das Miteinander der beiden schön ausgearbeitet und überhaupt nicht überzogen oder für die Handlung zurechtgebogen.
Das Erzähltempo von Spring ist eher gedrosselt und da nur selten die Handbremse gelöst wird sollte der Zuschauer sich auf einen eher ruhigen Film einlassen können und wollen. Gerade im letzten Viertel, wenn alles erklärt ist und man nur (ne, „nur“ eher) aufs Ende zusteuert hätten sich einige von uns ein klein wenig mehr Tempo gewünscht. Das hätte dem Film aber gar nicht so gut getan, somit ist es auch nur konsequent wie der ganze Film aufgebaut und abgebaut wurde. Muss man sich nur drauf einlassen beziehungsweise eher auf ruhige Filme stehen.
Technisch, wie gesagt, sehr digital und vom Sound her auch unaufgeregt. Der Look erinnert mich ein wenig an Mickey vs. The Dead (mit Jeremy Gardner, der hier quasi im gleichen Look nochmal eine Nebenrolle als Tommy hat) und passt hier wirklich sehr gut. Ein trendiger Retro-Look hätte diesem Film gar nicht gut getan, so wirkt alles relativ zeitlos. Die Effekte kommen aus dem Computer, das stört aber nicht und viele sind es ohnehin nicht. Die FSK 16 geht durchaus in Ordnung. Negativ aufgefallen sind mir die ausschließlich auf deutsch verfügbaren Untertitel, die teilweise was ganz anderes wiedergeben als der englische Originalton, was daran liegen dürfte, dass es eher Dubtitles denn Subtitles sind (Dubtitles geben die Synchro 1:1 wieder, während Subtitles den O-Ton möglichst originalgetreu darstellen), was ich sehr schade finde, ich hätte gern wenn schon beide Varianten oder ideal auch noch englische Untertitel gehabt.
Die deutsche Blu-Ray läuft dabei 109 Minuten, das Bild liegt in 1080/24p HD vor und an Tonformaten hat man immerhin neben dem deutschen DTS-HD Master Audio 5.1 auch noch das gleiche Format in englisch drauf gepackt.
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