Stromberg – Wiedervorlage
Die deutscheste Adaption eines angelsächsischen Formats ist zurück: komplett auf DVD.
Es ist eigentlich ein Klischee, ein blödes Vorurteil, aber leider nicht ungewöhnlich: Wenn man zum ersten Mal hört, dass die brillante Büro-Mockumentary Stromberg eigentlich das Remake einer britischen TV-Serie ist, kann schnell das beruhigende Gefühl aufkommen, dass man es ja eigentlich geahnt hätte. Deutsches TV kann gar nicht so originell sein. Doch damit tut man Stromberg unrecht. Wer je das britische Original The Office mit Ricky Gervais und Nerd-Ikone Martin Freeman – oder die US-Version mit Steve Carell – gesehen hat, erkennt die Unterschiede. Nach ähnlichen Pilotfolgen entwickeln alle drei Serien völlig eigenständige Richtungen, die kaum noch zu vergleichen sind.
In Deutschland ist dies eben Stromberg. Da wahrscheinlich eh jeder vernunftbegabte Mensch die Serie bereits gesehen hat, trotzdem eine kurze Zusammenfassung:
In Form einer Fake-Dokumentation wird der Alltag in einem Büro der fiktiven Capitol Versicherung gezeigt, das von dem fachlich wie auch menschlich unterkompetenten Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) geführt wird. Stromberg, sowie seine Mitarbeiter und Vorgesetzten, werden dabei immer wieder bei dem Versuch gezeigt, vor der Kamera ein möglichst positives Bild ihrer selbst zu transportieren, wobei sich ein seltsamer Humor entwickelt, der zwischen Schadenfreude, Mitleid und Fremdschämen variiert.
Was die Serie jedoch über andere Formate erhebt, ist weniger die zugegebenermaßen clevere Grundidee, sondern ein paar elementare Komponenten, die schnell übersehen werden, die im Fernsehen leider selten geworden sind und welche das Bonusmaterial der DVD-Box bewusst macht.
1. Richtige Schauspieler
Anders als andere Formate, insbesondere im Comedy-Bereich, besteht das Ensemble bei Stromberg nicht aus von sich aus lustigen Leuten, die schlicht ihren eigenen Humor durchziehen und sich selbst spielen. Stattdessen werden präzise ausgearbeitete Figuren von ausgebildeten Schauspielern so dargestellt, dass sie ein bizarres Eigenleben entwickeln. Man glaubt fast, dass jeder Capitol-Mitarbeiter so real ist, wie die unzähligen Menschen, die in Reality- und Doku-Soaps tagtäglich versuchen, sich selber zu spielen. Es überrascht fast zu sehen, dass Bjarne Mädel in Wirklichkeit kein introvertierter Sonderling ist oder dass Christoph Maria Herbst sich eigentlich recht eloquent ausdrücken kann.
2. Richtige Drehbücher
Was in der Serie spontan wirkt, ist vor allem mit Bedacht konstruierter Humor. Die Dialoge sind nicht improvisiert, was in kleinen Ensemble-Formaten wie Dittsche wunderbar funktioniert, sondern bis ins Detail durchdacht. Jeder Versprecher ist genau in dieser Form an dieser Stelle lustig. Die Handlung ist präzise aus unzähligen Kleinigkeiten zusammengesetzt, die allesamt für die Figurenentwicklung und den Verlauf relevant sind. Und das führt zu:
3. Ausgearbeitete Inszenierung
Jede Szene hat eine eigene, wohl konstruierte Anatomie. Es wird versucht, für jeden Gag das optimale Timing zu finden. Die Outtakes zeigen, wie alle Sprechpausen, die Mimiken und auf den ersten Blick beliebige Abläufe auf die Sekunde genau inszeniert sind.
Was Stromberg zur Ausnahmeerscheinung im deutschen Fernsehen macht, ist weniger die aus Großbritannien übernommene Grundidee, sondern die professionelle Ernsthaftigkeit, mit der die Serie produziert wurde. Das kostet freilich mehr Geld als eine schnell mit Comedians oder Laiendarstellern und nur groben Plot-Entwurf gedrehte Show. Aber Serien wie Stromberg machen bewusst, wie sehr sich dort jeder Cent lohnt. Und es ist eine Schande, dass andere Serien den Stromberg-Produzenten Ralf Husmann wie Der Kleine Mann und Dr. Psycho nicht die Aufmerksamkeit bekommen haben, die sie verdienen.
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar der DVD-Box von Heiko Neumann PR erhalten.