The Canal
Obwohl ich in den letzten Jahren gar nicht mehr so sehr auf Horror-Filme stehe bzw. nicht mehr so viele Filme aus diesem Genre schaue oder eher: mich nicht mehr so viele Filme aus diesem Genre interessieren, liegt meine Review-Quote auf Fischpott im Horror-Bereich recht weit oben. Nach Dark House, WER und The Second Coming also schon wieder gar horrible Unterhaltungskost. Ich war gespannt, ob ich diesmal wirklich den Kanal bereits im ersten Filmdrittel voll habe.
The Canal ist eine irische Produktion. Irgendwie haben zwar auch noch die Waliser ihre blutigen Finger mit im Spiel, aber grundsätzlich sind die Iren für diesen irren Film verantwortlich. Irische Filme sind dabei meist recht speziell. Nicht dass ich viele kenne, aber A Film With Me In It hat mir beispielsweise sehr gut gefallen und Cavalry (aka Sonntag bist du tot, demnächst hier auf diesem Kanal!) war ein spätes Highlight eines eher soliden Filmjahres 2014. Und über Iren lachen kann ich dank Father Ted auch, und wenn mir mal nicht zum Lachen zu Mute ist, höre ich die irische Folk/Pagan/Metal-Band Primordial.
Der Film beginnt damit, dass David und seine hochschwangere Frau Alice ein Haus besichtigen und dieses dann auch kaufen. Und auch wenn das Haus diesmal nicht wirklich dunkel ist, verbirgt es doch ein dunkles Geheimnis. Doch halt, erstmal werden 5 Jahre vorgespult, Sohn Billy ist wohlbehalten auf die Welt gekommen und die Ehe… ja, läuft, würde man sagen. Erste Anzeichen einer sich anbahnenden Krise kriegen wir früh mit: Alice kriegt nachts Anrufe eines Arbeitskollegen, ist mit diesem auch recht offen vertraut auf einem Gala-Abend ihrer Firma, und nach dem nächtlichen Spontansex dreht sie sich doch recht früh um und sagt „Gute Nacht“. Als Mann kann man das ja vielleicht noch recht unverdächtig machen (Ihr wisst schon, anstrengender Arbeitstag, morgen wieder so früh raus, ich muss jetzt echt schlafen etc.), aber bei Alices sonstigen Verhalten macht sie das schon ein wenig verdächtig.
Es kommt also, wie es kommen muss: Alice verschwindet, David ist Hauptverdächtiger, natürlich hat Alice einen Geliebten, David hat das auch kurz vor ihrem Verschwinden herausgefunden und alles fängt an, langsam den Bach runter zu gehen. Ungünstig hinzu kommt noch, dass David als Archivator für Kriminalfälle herausgefunden hat, dass in dem Haus im Jahr 1902 ein Ehemann sowohl seine untreue Ehefrau als auch das Hausmädchen umgebracht hat. Auch andere Dinge wie (satanistische?) Seancen wurden später in dem Haus abgehalten, ja, sogar Kinderopfer. Als Alice dann auch noch tot im Bereich einer Schleuse des Kanals aufgefunden wird, wird dieses Ereignis zu einem regelrechten Fanal in Davids Leben. Wie besessen versucht er, in alten Kriminalfällen einen Beweis für einen Fluch oder einen Spuk oder einen bösen Geist in dem Haus zu suchen. Und macht sich dadurch natürlich noch verdächtiger bei den ermittelnden Polizisten und dem gutherzigen Kindermädchen Sophie. Zumal er durch sein immer mehr paranoides Verhalten auch ganz offensichtlich nicht nur eine Gefahr für sich selbst darstellt.
The Canal ist spannend, keine Frage! Die immer wieder eingestreuten Aufnahmen alter Kriminalfälle (egal, ob jetzt vielleicht reale Stockfotos oder nachgestellte Aufnahmen, die vom Look durchaus an das berühmte Bild der ermordeten Elisabeth Short (aka Black Dahlia) erinnern) sind teilweise sehr unangenehm anzuschauen. Der psychische Druck auf David kommt nicht nur durch das überzeugende Spiel von Rupert Evans, sondern auch durch die (teilweise zu aufdringliche) Soundkulisse und den immer mehr Hochwassser führenden Spannungsfluss sehr gut rüber. Ähnlich wie beim auch recht guten Sinister mit Ethan Hawke wird hier die Besessenheit des Protagonisten als zentrales Handlungselement überzeugend ungesetzt. Genügend wirklich unangenehme Szenen und auch ein wenig Splatter beziehungsweise Ekel gibt es auch, im Fokus waren solche Dinge bei den Machern aber nicht.
Aber warum heißt der Film jetzt eigentlich The Canal? Ja, es gibt einen Kanal. Der Handlungsort ist auch in der unmittelbaren Nähe dieses Kanals und es gibt auch einen direkten Zugang des Kanals zum Haus. Aber so richtig relevant für die Handlung ist das jetzt nicht. Der Kanal hat zwar eine Rolle bei früheren Mordfällen gespielt, aber jetzt nicht in dem Sinne, dass dort irgendeine unsichtbare Macht lauert, die Menschen zu unmenschlichen Taten zwingt oder verführt.
Ich hab übrigens mal recherchiert, wie oft es den Titel The Canal für einen Film schon gab. Ich meine, jeder Titel der auf einem populären Einzelbegriff besteht, muss doch schon mal verwurstet worden sein? Und siehe da, es gibt eine Folge der fast schon antiquitierten britischen Fernsehserie Telegoons (1963) mit dem Titel The Canal. Auch eine Folge der Trickfilmserie Wicky und die starken Männer aus dem Jahr 2013 heißt so und es gibt zwei Filme aus dem nicht-englischen Ausland (Russland und Japan), die im englischsprachigen Markt als The Canal vermarktet wurden. Und, was ich bemerkenswert fand, im Jahr 2015 kommt eine US-Produktion mit dem Titel The Canal in die Kinos. Bin mal gespannt, wie die dann in Irland heißen wird (meine Recherche zur Handlung der 2015er Produktion lässt mich auf „Love Canal“ spekulieren). So gesehen ist der Filmtitel offenbar gar nicht so populär und ich könnte mir sogar vorstellen, dass es eher ein Arbeitstitel war, der dann einfach übernommen wurde. Aber bei Horror-Filmen (auch wenn dieser eher als Psychothriller vermarktet wird) ist auch die Schriftart des Titels wichtiger als der Titel selbst. Und hier wird auf jeden Fall alles richtig gemacht.
Da ich ja gern O-Ton schaue, habe ich auch diesen Film im Original geschaut. Leider sind wirklich nur die Untertitel für Hörgeschädigte auf der Blu-Ray drauf, keine englischen Untertitel und auch keine rein deutschen Untertitel, nein, die ganze Zeit pfeift Wind, plätschert Wasser oder stöhnt jemand auf. Liebe Label: So gut diese Untertitel auch für Hörgeschädigte sind (und diese hier waren wirklich gut!), ich erwarte eigentlich frühestens seit der DVD aber allerspätestens seit der Blu-Ray und den immer mehr zeitgleichen Veröffentlichungen in mehreren Ländern, dass auch vernünftige Untertitel der Originaltonspur dabei sind. Keine Dubtitles, in denen der englische Ton mit der deutschen Synchro untertitelt wird, und auch nicht ausschließlich Untertitel für Hörgeschädigte. Zwar eher ein Sturm im Wasserglas denn ein Tsunami, aber auch vermeidbar.
Bild und Ton sind aber einwandfrei (Bild in 2,35:1, Ton in DTD HD 5.1), der Film hat eine angenehme Laufzeit von 93 Minuten und die Blu-Ray hat Regionalcode B. Als Extras gibt es immerhin Interviews und ein Wendecover. Ungeschnitten FSK 16 freigegeben.
Wer mal wieder Spannung braucht, kann gern zugreifen. Der Film ist ab dem 13.03.2015 überall erhältlich, wo es Filme gibt.
Fischpott Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar von Universum Film erhalten.
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