The Conjuring
Für den überraschend erfolgreichen Schocker über ein Spukhaus in den Siebzigern hat Fischpott ein zweiköpfiges Gast-Rezi-Monster von Caro und Ulf erschaffen lassen.
Ulfs Meinung: Ob das Blut gefriert?
Mit Gruselfilmen ist das ja immer so eine Sache. Der letzte so richtig unangenehme war für mich »A Tale Of Two Sisters« von Kim Jee-Woon. Auch Gore Verbinskis Version von »The Ring« hat mich gepackt und durchaus auch nachhaltig nicht so schnell wieder losgelassen. Die dann folgenden Filme – Motto „Asia-Schocker mit vielen langen schwarzen Haaren vor dem Gesicht“ haben mich dann doch eher kalt gelassen. Ist wie derzeit mit den Zombies, zuviel ist nie gut. Und von Filmen mit Spukhäusern und Exorzisten habe ich mich auch brav ferngehalten.
Mit »The Conjuring« legt Regisseur James Wan einen klassischen „Haunted House Movie“ vor, bei dem mich schon der Trailer neugierig gemacht hat. Die Handlung ist dabei zugegebenermaßen Genrestandard: Familie zieht in Haus, irgendwas stimmt mit dem Haus nicht und irgendwann treten dann Spezialisten auf den Plan, um das Böse zu vertreiben. Kennt man ja. In der Hinsicht kann auch James Wan das Rad nicht neu erfinden. Aber es durchaus stilsicher ins Ziel rollen lassen. Der Film beruht dabei lose auf wahren Ereignissen: Lorraine und Ed Warren (überzeugend: Vera Farmiga und Patrick Wilson) haben sich als Geisterjäger vor allem in den 1970er Jahren einen gewissen Ruf erarbeitet. Der Fall der Familie Perron wird direkt im Vorspann als derjenige bezeichnet, den die Warrens lange unter Verschluss gehalten haben, da er zu heftig sei. Wobei eine Verfilmung bereits seit circa 20 Jahren angedacht war, aber aus diversen Gründen nie zu Stande kam. Der bekannteste Fall der Warrens war übrigens der „Amityville Horror“, welcher bereits 1979 Grundlage für einen sehr bekannten Horror-Film war. Als Einstieg erleben wir die Warrens bei einer Veranstaltung an einer Universität und erleben einen älteren Fall um eine besessene Puppe in einer kurzen Rückblende.
Was genau jetzt der Familie Perron (bestehend aus dem Ehepaar Carolyn und Roger Perron sowie deren 5 Töchtern im Alter zwischen 4 und circa 16 Jahren) direkt nach dem Einzug in ihr neues Anwesen auf dem Land 1971 geschieht möchte ich gar nicht so im Detail erklären. Der Film schafft es, einen wirklich immer weiter in die Geschehnisse hineinzusaugen. Das fängt schon damit an, dass sich der Familienhund beharrlich weigert, das Haus zu betreten und geht unter anderem damit weiter, dass alle Uhren im Haus um 3:07 morgens stehen bleiben und Tochter Joey das Gefühl hat, dass irgendwer nachts ihr Bein berührt. Von den morgendlichen blauen Flecken bei Mutter Carolyn ganz zu schweigen.
The Conjuring hat mich dabei sehr oft an klassischen Horrorstoff wie »Poltergeist«, »House«, »The Excorist«, »The Haunting – Bis das Blut gefriert« und eben jenen »The Amityville Horror« erinnert. Klassisches Geisterhaus-Kino eben. James Wan vermeidet dabei, dem Film einen Hochglanzlook zu verleihen und lässt alles herrlich altmodisch wirken. Die damalige Zeit wird gut rübergebracht und es werden zwei, drei passende Songs angespielt (nein, kein Black Sabbath oder Coven hier!). Die Kamera wird sehr versiert bedient und es gibt ein paar wirklich toll gefilmte Szenen zu sehen, die teilweise an Dario Argentos Werk erinnern. Sehr schön auch, dass der Film an wenigen Handlungsorten spielt, es gibt das Haus, die nähere Umgebung (Garten, See) und wenige weitere Orte. Gerade bei so einem Film ist es meiner Meinung nach wichtig, dass das Haus als Ort mit eigener Persönlichkeit dargestellt wird. Was ist schon ein guter Spukhaus-Film ohne überzeugendes Spukhaus, gell? Und das Haus der Perrons wird überzeugend dargestellt und man lernt als Zuschauer nach und nach zusammen mit den Perrons die Räumlichkeiten kennen.
Unterstützt wird die sehr dichte Atmosphäre dabei durch den richtig intensiven Sound. Ständig sind bedrohlich wirkende Klänge und leise Musik präsent und in den passenden Momenten wird dann durchaus überraschend aufgedreht. Ein paar Mal wäre ich jedenfalls fast aus dem Kinosessel gesprungen und musste danach innerlich lachen, da es mich so kalt erwischt hat.
Wenn dann die Warrens zusammen mit einem Gehilfen und einem Polizisten in das Haus einziehen und versuchen, den Spuk einzugrenzen legt der Film noch mal ein paar Schippen drauf und hält die Spannung bis zum Ende. Die Schauspieler sind dabei durchweg passend besetzt und wissen in ihren Rollen zu überzeugen. Gerade weil »The Conjuring« sicher nicht die höchsten Produktionskosten hatte ist das ja nichts Selbstverständliches. Und Filme wie zum Beispiel »The Purge« haben durchaus gezeigt, dass man aus Budgetgründen ein an sich gutes Konzept dann doch noch vergeigen kann. Bei James Wan habe ich nach den sehr guten Filmen »Saw« und »Death Sentence« (»Dead Silence« und »Insidious« kenne ich noch nicht) allerdings auch nicht wirklich einen Totalausfall erwartet.
Ulfs Fazit
Was soll ich sagen? Ich habe einen spannenden Film erwartet, habe mir aber auch gedacht, dass in dem Genre sicher nicht mehr so viel geht. Klappernde Türen und flüsternde Stimmen schrecken mich jedenfalls nicht allzu sehr. Die Zeiten, wo ein William Castle im Rahmen der Werbekampagne für seine Filme den Zuschauern eine „Geld-zurück-Garantie“ wenn der Film nicht gruselig genug ist oder gar eine Lebensversicherung bei Herzversagen in Verbindung mit der Eintrittskarte verkaufen kann sind lange vorbei und mit solchen Tricks lässt sich heutzutage wahrscheinlich keiner mehr in Gruselstimmung versetzen. Die Tatsache, dass die amerikanische MPAA »The Conjuring« das lukrative PG13-Rating verwehrt und das R-Rating gezückt hat (weil der Film zu gruselig ist), ist da schon was anderes. Mich hat der Film auf jeden Fall gepackt und auch bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Wer nicht oft unheimliche Filme schaut oder eher zartbesaitet ist sollte sich auf einen sehr unangenehmen Horrortrip gefasst machen. Bei mir ist das Blut zwar nicht gefroren, aber immerhin kam es während des Films das eine oder andere Mal gehörig ins Stocken.
Caros Meinung: Eiskaltes Schaudern
Als ich bei meinem vorletzten Kinobesuch in der Vorschau den Trailer von »The Conjuring« sah, äußerte ich in spontaner Euphorie den Wunsch, diesen Film im Kino zu sehen. Als er dann auch noch in der Originalversion angekündigt wurde, konnte ich nicht anders und schaute ihn mir an — eine Entscheidung, die ich noch am selben Abend stark bereute: nicht, weil der Film so schlecht war, sondern weil er mein Nervenkostüm knappe zwei Stunden lang überstrapaziert hatte.
Ich würde mich definitiv eher zu den zart besaiteten Vertreterinnen zählen, die sich sehr schnell von Horrorfilmen beeindrucken — vor allen Dingen aber verschrecken — lassen: Der erste Film der Horror-Thriller-Reihe »Saw« versetzte mir einen derartigen Schrecken, dass ich mich seitdem strikt weigere, auch nur eine einzige der Fortsetzungen anzuschauen; an Filme wie »The Exorcist« oder »The Ring« habe ich mich bisher aus Angst erst gar nicht herangewagt. Mir »The Conjuring« dennoch im Kino anzuschauen war somit natürlich eine äußerst absurde Entscheidung, allerdings konnte ich der Versuchung, der zahlreiche Kinobesucher immer wieder und aufs Neue verfallen, dieses Mal einfach nicht widerstehen: Man weiß zwar bereits vorher, dass der Film einen höchstwahrscheinlich in Angst und Schrecken versetzen wird, aber gerade das ist ja bekanntlich der Clou des Ganzen.
Ich saß nun also im Kinosaal und es ging los: Bereits die Exposition des Films (eine Rückblende auf den Annabelle-Fall, den das Ehepaar Warren vor dem eigentlichen Fall aufklärte) bietet mit einer verfluchten Puppe, die ein ominöses Eigenleben entwickelt, einen schaurigen Einstieg. Und tatsächlich lässt der Film im Gesamten keinen Gruseleffekt aus: Neben dämonischen Gegenständen wie der Annabelle-Puppe oder einer Clown-Spieluhr gibt es Kinder, die tote Menschen sehen können, Keller und Schränke, in denen unschuldige Menschen auf scheinbar unerklärliche Art und Weise in vollkommener Dunkelheit eingesperrt werden, Spiegel, in denen Geister erscheinen, unbekannte Wesen unter dem eigenen Bett, ein unheilbringendes Gewitter sowie natürlich auch den Exorzisten. Die Schreckmomente reihen sich geradezu aneinander und gewähren dem Zuschauer nur gelegentlich eine Verschnaufpause von wenigen Minuten. Dann setzt aber auch schon wieder die langsam anschwellende Hintergrundmusik ein, die das nächste Zusammenzucken im Kinositz vorbereitet. Die Gesamtatmosphäre des Films wird zudem dadurch abgerundet, dass der Zuschauer sowohl zu Beginn als auch am Ende — nicht zuletzt durch die mutmaßlichen Originalfotos der Betroffenen des Perron-Falls sowie zahlreicher Zeitungsartikel, die im Abspann eingeblendet werden — noch einmal eindrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Handlung auf einer wahren Begebenheit beruht. Das Schreckensszenario ist also perfekt.
Caros Fazit
Als ‚Angsthase‘ kam ich bei „The Conjuring“ voll auf meine Kosten. Leicht wacklig auf den Beinen und mit einem flauen Gefühl im Magen verließ ich den Kinosaal. Leider hatte ich noch eine ca. 30-minütige Autofahrt durch die Dunkelheit unbeleuchteter Landstraßen vor mir, die mir den Heimweg nicht allzu angenehm gestaltete—ich habe wahrscheinlich noch nie so selten in Rück- und Seitenspiegel geschaut wie an diesem Abend… Der Film hatte mich in der Tat eiskalt erwischt!
Dieses Review wurde auf Grundlage der englischsprachigen Originalversion verfasst.
Habe mir den Film auch gerade angesehen. Nach langer Horrorabstinenz tatsächlich ein ziemlich herber Einstieg. Es war eine wunderbare Zeitreise in die Siebziger, Wählscheibentelefone, Flanellhemden, Koteletten und herrlich sperrige Analogtechnik inklusive. Der Horror war für mich entwöhnten schwer zu verdauen – Zeitweise hatte ich schon eine arge Gänsehaut.
–Spoiler–
Im Nachhinein fallen mir aber einige Kernprobleme auf, die im Film selber wegen der unheimlich dichten Atmosphäre etwas unter den Tisch fallen. Zum Beispiel der Aufbau eines Handlungsstranges – ER will nicht, dass SIE sich an den Monsteraustreibereien beteiligt, weil sie ein angegriffenes Nervenkostüm hat, SIE weigert sich, IHN allein handeln zu lassen. Doch am Ende hat man nie den Eindruck, dass man um SIE fürchten muss. Schließlich hat Gott die beiden zusammengeführt, damit sie als Exorzistenpärchen unter den Dämonen Amerikas (in unserem Falle eine Hexe, die ihr Kind geopfert hat, damit Satan sich freut und Gott sich ärgert) mal so richtig aufräumen. Und das wird zum Problem für den Film. Ob Will Smith’s „After Earth“ jetzt ein Scientologen-Propagandawerk war, sei dehingestellt, aber was die Scientologen können, kann der Vatikan wohl schon lange. Der Dämonologe spickt das Spukhaus mit „religiösen Symbolen, weil das Dämonen provoziert“. Offensichtlich hat er aber nur den Sack mit den Kruzifixen dabei, denn jüdische Menorot oder kleine Buddhas tauchen nicht auf. Und zwischendurch wird plump gefragt, ob die Kinder der Familie überhaupt getauft seien – Verschämt muss der Familienvater antworten, sie hätten dafür wohl keine Zeit gehabt und man sei ja nicht so richtig regelmäßiger Kirchgänger. Der Dämonologe macht erstmal Werbung für das Christentum. Und zwar nicht irgendeins, nein! Römisch-Katholisch muss es sein! Denn Ein Exorzismus wird lateinisch abgehalten, getaufte Kinder kriegen keinen (da muss ich erst den Chef fragen), Dämonen drücken ihren Opfern umgedrehte Kreuze auf den Leib – und sprechen Latein (aber rückwärts). Alles in allem eine etwas plumpe Reklame für den Vatikan. Dass am Ende noch ein etwas verklemmter Witz in Richtung Vatikan gemacht wird – geschenkt.
*ungetaufte kriegen natürlich keinen. Getaufte kriegen Personenschutz mit weihwassergefüllten Supersoakern.