The Creator
In The Creator, seiner ersten Regiearbeit nach dem Star Wars-Film Rogue One erkundet der Engländer Gareth Edwards was uns menschlich macht und liefert nebenbei einen mitreißenden Science-Fiction-Film jenseits bekannter Franchise-Pfade ab.
Künstliche Intelligenz ist aus dem Leben der Menschen nicht mehr wegzudenken. Längst haben Androiden ihren Platz in der Gesellschaft gefunden und begleiten die Menschen Tag für Tag. Dies ändert sich, als in Los Angeles eine Atombombe gezündet wird und die Maschinen als Schuldige ausgemacht werden. In der Folge wird künstliche Intelligenz in den USA verboten und ein weltweiter Krieg ausgerufen.
Ein paar Jahre später folgen wir Joshua (John David Washington), der undercover in New Asia nach Nirmata, dem Kopf der KI-Entwicklung sucht. Nachdem der Einsatz schiefläuft, zieht sich Joshua fünf Jahre aus dem Dienst zurück, bis er reaktiviert wird, um eine kriegsentscheidende Waffe Nirmatas aufzuspüren und zu zerstören. Als sich die Waffe als Androiden-Kind entpuppt, beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Joshua, der amerikanischen Armee und den Truppen Nirmatas, die alle die Kontrolle über das Kind erlangen wollen. Während sich das Schicksal des Krieges entscheidet, schwebt im Himmel über den Protagonisten eine amerikanische Kampfstation namens „NOMAD“ mit der Macht, jederzeit jedes Ziel auf der Welt auszulöschen.
Ein Science-Fiction-Film, der weder auf einem Buch noch auf einem bereits etablierten Franchise basiert ist in der heutigen Filmlandschaft eine absolute Seltenheit geworden. Kürzlich erst ist 65 mit Adam Driver in der Hauptrolle bei Kritikern und Zuschauern durchgefallen. Gareth Edwards Versuch macht da einiges besser. Nicht nur wird mit künstlicher Intelligenz ein aktuelles Thema aufgegriffen, die Geschichte weiß zu fesseln und die Motivation der Charaktere sowie deren Entscheidungen sind durchweg nachvollziehbar. Der Zuschauer fiebert mit Joshua mit, der zu Beginn von The Creator sogar eher unsympathisch wirkt. Das liegt nicht zuletzt an der Leistung der Schauspieler, allen voran Madeleine Yuna Voyles, die als kindliche Androidin Alphie genau die richtige Mischung aus Neugier, Unschuld und Verzweiflung zeigt. Darüber hinaus lädt der Film ein, auch über das Wesen des Menschseins nachzudenken. Können am Ende sogar Maschinen die besseren Menschen sein?
Hier liegt leider auch die Schwäche des Films. Edwards, der mit Chris Weitz (ebenfalls Mit-Autor von Rogue One) auch das Drehbuch schrieb, verrennt sich in den knapp 133 Minuten und will zu viel. Allzu plakativ werden alle künstlichen Intelligenzen als gut dargestellt und die Menschen, insbesondere Amerikaner, als böse. Dies erreicht sogar den Punkt, an dem es fraglich ist, ob Maschinen überhaupt die Fähigkeit haben, niederträchtige Emotionen zu empfinden. Und nach dem gefühlt hundertsten Bild von verzweifelten Menschen, die mit einem ebenso leidenden Androiden im Arm den Schrecken des Krieges erleben oder am Grab eines Verstorbenen beziehungsweise zerstörten Androiden stehen, fühlt man sich in seiner Urteilsfindung bevormundet. Hinzu kommen allzu offensichtliche Anleihen an den Vietnamkrieg und andere imperialistische Akte der Vereinigten Staaten, um die Seiten klar zu verteilen. Insofern fühlt man sich fast wieder ins Sternenkriegsuniversum versetzt, mit dem klaren schwarz-weiß Ansatz: Imperium böse, Rebellen gut.
Nichtsdestotrotz liefert The Creator gute Unterhaltung auf hohem geistigem Niveau. Dass der Film nicht die Tiefe eines Blade Runner erreicht, ist dabei zu verschmerzen. Ist er doch immer noch deutlich intensiver als alles, was Marvel und Disney in den letzten Jahren in die Kinos gebracht haben. Dabei sieht The Creator bei einem Budget von „nur“ 80 Million außerdem fantastisch aus! Produktionen wie kürzlich The Flash oder die Marvel Serie She-Hulk werden locker in die Tasche gesteckt. Die bedrohlich fesselnde Musik von Hans Zimmer tut dabei noch ihr Übriges, um eine fesselnde Vision der Zukunft zu formen.
Wer also ein Herz für Science-Fiction hat und sich etwas mehr erhofft als ideenlose aneinander gereihte Actionsequenzen sollte The Creator auf keinen Fall verpassen! Bleibt zu hoffen, dass der Film auch finanziell ein Erfolg wird, damit sich Studios auch zukünftig trauen innovative Ideen ohne Vorlage ins Kino zu bringen.
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