The November Man (DVD)
Der Russe ist böse und die CIA ist es auch
Über zwölf Jahre ist es her, da Ihre Majestät Pierce Brosnan aus den Diensten als Doppelnull-Agent entlassen hat. 2014 kehrt der gebürtige Ire zurück in die Welt des Spionagethrillers, passend zu seiner US-Einbürgerung zehn Jahre zuvor diesmal im Dienst der CIA. In The November Man übernimmt er die Rolle des Peter Devereaux, über den Kollegen etwas sagen, das gut und gerne auch für James Bond gilt: Wo immer er vorbeikommt, lebt hinterher nichts mehr – daher der Codename. Doch hier endet auch schon der Vergleich. Peter Devereaux ist weit kompromissloser, lebenshärter und zynischer, alles in allem so gar nicht selbstironisch oder charmant. Der 61-jährige Brosnan erledigt diesen Job durchaus überzeugend. Nur leider macht ein guter Hauptdarsteller noch lange keinen packenden Thriller.
Es gibt keine Ex-Spione
Fünf Jahre nach seinem letzten Einsatz reaktiviert die CIA ihren ausgemusterten Agenten Peter Devereaux: Es gilt, die für den wahrscheinlich nächsten russischen Präsidenten Arkady Fedorov arbeitende Natalia Ulanova mitsamt brisanten Informationen außer Landes zu schaffen. Der November Man übernimmt den Job, doch der gestaltet sich schnell weit größer als erwartet. So sieht er sich plötzlich nicht nur mit russischen Killern, sondern auch mit Gegnern aus den eigenen Reihen konfrontiert. Unter ihnen sein Zögling David Mason (Luke Bracey), der von seinen Vorgesetzten den Auftrag erhält, die russische Überläuferin zu liquidieren. Bevor Natalia in Peters Armen durch Masons Sniper-Schuss stirbt, verrät sie ihm noch einen Namen: Mira Filipova soll Information haben, die belegen, dass die CIA einst mit Federov konspiriert und den zweiten Tschetschenien-Krieg mit zu verantworten hat. Jahrelang habe sie in Federovs Gefangenschaft gelebt und dabei auch von dessen dreckigen Machenschaften mitbekommen. Mit dem Namen Mira Filipova ist die Sozialarbeiterin Alice Fournier (Olga Kurylenko – Daniel Craigs Bond-Girl aus Ein Quantum Trost) assoziiert. Alice gibt vor, durch ihre Arbeit Mira zu kennen, nicht aber um deren Verbleib zu wissen. Zusammen mit Devereaux gerät Alice, die tatsächlich selbst Mira ist, ins Schussfeld jener, die alle aus dem Weg räumen wollen, die um Federovs Vergangenheit wissen. Zu diesen Jägern gehört auch der junge Ehrgeizling Mason, der nicht länger unter dem Einfluss seines einstigen Mentors stehen will und dabei reichlich spät merkt, dass er damit nur den finsteren Absichten seiner Vorgesetzten dient.
Kalter Krieg mit Drohne
Basierend auf der gleichnamigen Romanreihe von Bill Granger konzentriert sich die Verfilmung von Roger Donaldson auf den siebten Band There are No Spies aus dem Jahr 1987. Ohne Kenntnis der Romanvorlage kann ich nur schließen, dass die Drehbuchautoren Michael Finch und Karl Gajdusek eine weitgehende Überarbeitung des Stoffes vorgenommen haben – immerhin begann der zweite Tschetschenien-Krieg erst 1999. Durchaus interessant wirkt dabei der historische Hintergrund: Die Autoren scheinen sich auf die Aussagen eines ehemaligen KGB-Agenten bezogen zu haben, der dem russischen Inlandsgeheimdienst vorwirft, den Auslöser für diesen Krieg initiiert zu haben. Bleibt die Frage, warum sie dem Ganzen dennoch das Flair einer John Le Carré-Verarbeitung des Kalten Krieges verliehen haben. Der Handlungsverlauf, die einzelnen Figuren und ihre Konflikte sowie die Actionszenen wirken wie in die Jahre gekommene Versatzstücke. Da helfen auch keine Verfolgungsjagden mit Drohnen-Begleitung: Der Film wirkt reichlich angestaubt. Der Russe ist böse und die CIA ist es auch. Das ist keine Erkenntnis, die heutzutage noch zieht. Zu verwöhnt sind wir von Stories, in denen auch die finstersten Figuren nachvollziehbare Motive vorweisen und die Guten höchst fragwürdige Methoden anwenden.
Der Bond, der Brosnan nicht vergönnt war
Vielleicht war es aber auch Pierce Brosnan selbst, der sich seinen Peter Devereaux so altbacken gewünscht hat? Die Filmrechte hatte Brosnan bereits 2005 erworben. In Roger Donaldson fand er 2012 einen Regisseur, mit dem der bereits für Dante‘s Peak erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Es liegt also durchaus nahe, dass Brosnan hier für sich die Möglichkeit sah, endlich den Bond geben zu können, den er Jahre zuvor nicht darstellen durfte: hart, unironisch, abgehalftert, alkoholkrank und in Teilen mehr Antiheld als Held. Grundsätzlich macht er das auch sehr überzeugend. Das Problem ist nur, dass die Handlung trotz der eingebauten Wendungen vorhersehbar ist und einen seltsam unberührt zurücklässt. Da hilft auch nicht die Bond-erprobte Olga Kurylenko. Dass sie tatsächlich Mira ist, liegt lange auf der Hand, bevor ihre Figur der Alice sich dieser Wahrheit endlich stellt. Ihr Schicksal als jahrelang durch den russischen Präsidentschaftskandidaten Missbrauchte könnte auf dem Papier sehr wohl ergreifen – die filmische Umsetzung hingegen lässt einen schlicht kalt. Oder der reichlich stilisierte Lehrer-Schüler-Konflikt zwischen Brosnan und Bracey: Wenn der Schüler am Ende dem Lehrer dann doch hilft, erzeugt dies nicht viel mehr als ein Schulterzucken. Vielleicht ist es letztlich doch der harte, unironische, abgehalftere, alkoholkranke und alles andere erdrückende Antiheld, der dafür sorgt, dass Emotionen gar nicht erst aufkommen. So wundert es nicht, dass es The November Man nicht in die deutschen Kinos geschafft hat. In Amerika hingegen scheint der Film genug Geld eingespielt zu haben: Ein Sequel ist bereits geplant.
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar der DVD erhalten.