Three Thousand Years of Longing
„Was willst du also, Hexer? Was ist dein geheimster Wunsch? Weißt du es nicht, oder kannst du dich nicht entscheiden?“
»Der letzte Wunsch«, Andrzej Sapkowski
Dass erfüllte Wünsche mindestens genau so viele Gefahren wie Nutzen bringen, das wissen wir spätestens seit der Geschichte vom Fischer und seiner Frau. In Three Thousand Years of Longing ist die Literaturwissenschaftlerin Alithea Binnie (Tilda Swinton) deswegen zu recht auch skeptisch, als ihrem Basar-Mitbringsel ein gigantischer Flaschengeist (Idris Elba) entsteigt. Denn es ist ja allgemein bekannt, das Dschinns Trickster und Betrüger sind, deren Wunscherfüllung meist zu Wünschen übrig lässt.
Aber der Dschinn muss nun einmal Wünsche erfüllen, will er nicht ewig an die Flasche gebunden sein. Zwar hat er alle Zeit der Welt, aber das Dasein in der Flasche ist furchtbar öde und kommt dem Tod so nahe, wie eben ein Wesen aus rauchlosem Feuer dem Tode nah kommen kann. Also muss er seine Überredungskünste aufbieten und erzählt Geschichten, um seine Freiheit zu erlangen.
Die erste beginnt im Palast der Königin von Saba. Ein eifersüchtiger König Salomon sperrt den Dschinn zum ersten Mal ein. Erst Jahrhunderte später öffnet die Sklavin Gülten die Flasche und wünscht sich die Liebe des Sultanssohns. Doch ein Happy End bleibt ihr ebenso verwehrt wie dem Dschinn, der ein weiteres Jahrhundert warten muss. Ohnmächtig muss er ansehen, wie zwei Sultanssöhne in greifbare Nähe kommen, nur um dann von einer schwergewichtigen Konkubine befreit zu werden – wenn auch nur für sehr kurze Zeit.
Wieder vergehen Jahrhunderte, wieder öffnet eine junge Frau die Flasche. Ihr Name ist Zefir, sie ist ein Genie, wird aber von ihrem Mann gehalten wie eine Gefangene. Der Dschinn verschafft ihr Wissen, es wird mehr aus ihrem Verhältnis – aber ein letzter Wunsch ist fatal für die Beziehung. Als nächstes öffnet Alithea die Flasche und steht vor der Wahl: Wird sie sich etwas wünschen? Nichts Banales ist gefragt, es muss ein Herzenswunsch sein.
Regisseur George Miller zeigt in Three Thousand Years of Longing wieder einmal ganz große Filmkunst. Vom Traumduo Swinton und Elba über die Kameraführung bis zur phantastischen Ausstattung vergangener Paläste – in diesem modernen Märchen gibt es viel zu sehen. Die Geschichten sind vieldeutig und ambivalent erzählt, ohne Disney’sche Bösewichterei, frei vom Male Gaze und alten Schönheitsidealen. Manchmal habe ich mich gefragt, was der Kern der Geschichte ist, aber vielleicht bleibt das ja der Entscheidung des Publikums überlassen. Wobei … im Kern geht es natürlich um Liebe, Geschichten und die Liebe zu Geschichten. Three Thousand Years of Longing 1 ist eine filmische Erzählung für alle, die das Märchenhafte lieben.
Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar von »Three Thousand Years of Longing« im DVD-Format erhalten. Bildqualität und Extras kann der Autor aber nicht empfehlen.
- Eine Verfilmung der Geschichte Der verliebte Dschinn, Originaltitel The Djinn in the Nightingale’s Eye von Antonia S. Byatt ↩