Wimbledon Green
Ein Mistkerl, ein Geldsack, ein Kunstkenner, ein Comicexperte: Wimbledon Green ist all das und zudem noch der größte Comicsammler der Welt.
Der Kanadier Seth erzählt in seinem Werk die Geschichte des exzentrischen Comicsammlers Wimbledon Green. Wie schon im später erschienenen The Great Northern Brotherhood of Canadian Cartoonists ist trotz der scheinbar seriösen Form viel, wahrscheinlich alles geflunkert. Große Teile des Bandes bestehen aus Aussagen von „Talking Heads“.1 Im vorliegenden Buch sind das alles Statements zur sagenumwobenen Sammlerlegende Wimbledon Green. Comichändler schildern ihre erste Begegnung mit Green, Sammler-Rivalen erinnern sich, wie Green sie bei zahlreichen Auktionen überboten hat. Dazwischen immer wieder Cover von unglaublich seltenen und fiktiven Comics, die selbstverständlich aus Greens Sammlung stammen. Mittendrin streut Seth immer wieder kleine Szenen aus Läden, Auktionshäusern und von der Jagd nach der legendären Erstausgabe des kanadischen Superhelden Green Ghost ein. Dabei verlässt die Erzählung die Pfade der biographischen Graphic Novel endgültig und artet schon regelrecht in eine Schatzsuche à la Carl Barks aus, inklusive Gedächtnisverlust nach Kopfverletzung und Verfolgungsjagden per Hubschrauber. Die kurzen prägnanten Bilder, die eher an Funny Syle als an ‚seriöse‘ Graphic Novel erinnern, unterstreichen die übertriebene Handlung.
Zusammen bilden die Interviews und Geschichten ein großes Mosaik, das sich jedoch nie zu einem kompletten Bild zusammensetzt. Ein Teil der Figur Green wird immer Mysterium bleiben, die letzten Geheimnisse bleiben ungelöst. Seth entwirft in Wimbledon Green das Portrait eines anscheinend skupellosen schwerreichen Comic-Enthusiasten, der sich in ein nahezu undurchdringliches Geheimnis hüllt. Dabei schildert er eine Liebe und Begeisterung für Comics, die in der realen Welt durchaus nicht unbekannt sind. Passenderweise ist das Buch mit seinem schon edel zu nennenden Leinenumschlag selbst ein Sammlerstück.
Wimbledon Green: Der größte Comicsammler der Welt – 128 Seiten, 25 Euro. Erschienen bei Edition 52
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten.
- Dieses Format ist hierzulande vor allem aus den berüchtigten Nazi-Dokus von Guido Knopp bekannt. Vor dunklem Hintergrund schildern Zeitzeugen ihre Erlebnisse. ↩