Zombies: Mythos und Legende
Was macht ein Zombie auf dem Fußballfeld? – Er fault.
Die Zombie-Welle hat sich immer noch nicht totgelaufen. Immer neue Geschichten von hungrigen Toten erheben sich aus den Klischee-Friedhöfen von Hollywood und anderswo. Allein in diesem Jahr sind Zombies in Lederhosen und The Girl With All The Gifts die beiden Spitzen des leichengrauen Eisbergs. Da ist eine Doku zu dem Thema doch eine ganz gute Idee, dachte man sich bei Polyband. Und brachte Zombies: Mythos und Legende (2011) vom History Channel für den deutschen Markt heraus.
Alles fängt mit Romero an
Am Anfang geht es natürlich um Night of the Living Dead, George A. Romeros legendäres Frühwerk. Er ist die Initialzündung des Zombiefilms, wie wir ihn heute kennen.1 Aber Zombies: Mythos und Legende geht der Sache auf den Grund und erzählt uns von der Herkunft des Wortes Zombie in Haiti mit seinen Wurzeln in Westafrika. Dann nimmt uns Regisseur David V. Nicholson mit auf Weltreise und präsentiert den globalen Mythos vom Untoten, vom Draugr der Wikinger über den arabischen Ghul und den Wiedergänger. Zwischendrin tauchen immer wieder Zombie-Experten wie der großartige Max Brooks, der ‚Zombie-Neurologe‘ Steven Schlozman oder die Horrorfilmemacherin Rebekah McKendry auf und erzählen, was für sie der Zombie-Mythos ausmacht.
Immer mehr Facetten der Zombiologie greift die Dokumentation auf: Von Kronos über die Donnerparty und den Wendigo bis zu Jeffrey Dahmer wird das Tabu Kannibalismus erläutert. Bis wir schließlich bei der Gehirnkrankheit Kuru landen, die vom Verzehr menschlicher Gehirne ausgelöst wird. Dass die Symptome der alzheimer-artigen Erkrankung mit dem Bewegungsmuster von Zombies verglichen werden, wirkt aber eher makaber als wissenschaftlich. Vor allem wenn kurz danach wieder Roger Ma, Autor des Zombie Combat Manual, eingeblendet wird. Der erklärt nämlich, ob sich Zombies besser mit einem Katana oder einem Streitkolben massakrieren lassen2.
Auf der Suche nach dem Virus
Zombies: Mythos und Legende kennt keine Rast. Die nächste Reise durch die Geschichte steht an. Die Doku beleuchtet apokalyptische Krankheiten wie den Schwarzen Tod oder die Spanische Grippe mit ihren Millionen von Toten und räsoniert, ob ähnliche Pandemien heute möglich wären. Dann wird auch noch das Thema der plötzlich auftauchenden kulturvernichtenden „Horde“ aufgegriffen. Zuerst anhand von Westgoten und Mongolen, später auch mit Nazis. Dabei hätten sich gerade die faschistischen Propagandisten über die Erfindung des Zombie-Mythos freuen können, gehörten die „Horden aus dem Osten“ doch zum Repertoire des Nazi-Weltbilds. Die Ambivalenz von Zombies als Propagandabild greift der Film leider nicht auf.
Dann wärmt Nicholson das Hordenbild noch ein bisschen für den Krieg gegen den Terror auf, bevor er zum Thema biologische Kriegsführung kommt. Auch hier greift der Film tief in die Kulturgeschichte und zieht nacheinander Prometheus, den Golem und Frankenstein hervor, die alle auf die eine oder andere Art und Weise vor Technikmissbrauch und Zombifizierung warnen. Zum Schluss stellt Zombies: Mythos und Legende noch das Zombie-Squad vor, eine nichtkommerzielle Organisation, die auf spielerische Art und Weise das Thema Katastrophenschutz aufgreift und popularisiert.
Brains
Leider bin ich persönlich nach Zombies: Mythos und Legende kein bisschen schlauer. Was für kulturgeschichtliche Vorbilder der Zombie-Mythos hat und wie man sich gegen Zombies wehren könnte, wusste ich schon vorher. Statt etwas zur Aussage von Zombie-Klischees beizutragen (wie etwa David MacNally, der über Zombies im Kapitalismus schreibt), nimmt der Film den Tropos Zombie ernst und fragt „Was wäre wenn es wirklich passiert.“ Nur absolute Zombiologie-Noobs lernen hier etwas.
Fischpott Disclaimer: Wir haben von der Polyband Medien GmbH ein Rezensionsexemplar erhalten.