Lady Windermere’s Fan by Oscar Wilde Teil 1
Interview mit »Mrs Erlynne« Esther Takats
Ich treffe die Kölner Schauspielerin Esther Takats im Cafe. Bei stilgerechtem Earl Grey (Esther) und profanem Kaffee (ich) erzählt sie von der aktuellen Produktion der Bonn University Shakespeare Company. Die Premiere der Gesellschaftskomödie von Oscar Wilde findet am 05.07.2012 in der Bonner Brotfabrik statt. Heute setzt mich die Medizinstudentin und Krankenschwester, deren Begeisterung dem Theater gehört, erst einmal in Kenntnis, worum es bei »Lady Windermere’s Fan« eigentlich geht.
Die Windermere-Story: Ein Fächer voller Lügen
Lady und Lord Windermere sind ein junges Paar, respektiert in der High Society ob ihres hochgradig moralischen Verhaltens. Doch genau dieses Ansehen bekommt anlässlich des 21. Geburtstags von Lady Windermere einen gehörigen Knacks: Im Rahmen der Vorbereitungen findet die Lady heraus, dass sich ihr Lord regelmäßig mit der dubiosen Mrs Erlynne trifft und ihr größere Summen Geld zukommen lässt.
Über diese Mrs Erlynne weiß eigentlich kaum jemand etwas Genaues. Zwanzig Jahre älter als der Lord sei sie und bekannt für ihre Männergeschichten. Lady Windermere ist »not amused« und plant, sich nun ihrerseits neu zu orientieren. Lord Darlington hat bereits ein Auge auf sie geworfen. Auch wenn die Lady bislang mit dem ausgemachten Playboy nichts anzufangen wusste, ändert sie an diesem fatalen Tag ihre Meinung.
Auf dem Weg in seine Arme hinterlässt sie einen Abschiedsbrief, der Mrs Erlynne in die Hände fällt. Sie eilt der jungen Frau hinterher in die Gemächer des Darlington und versichert, mitnichten eine Affäre mit ihrem Mann zu haben. Tatsächlich habe sie die Absicht, den älteren Lord Augustus zu heiraten. Und der erscheint nun prompt zusammen mit seinen Freunden Windermere und Darlington in diesen Privatgemächern.
Gerade noch können sich die beiden Frauen verstecken, doch Lady Windermere’s Fächer, den lassen sie offen auf dem Tisch herumliegen. Es ist nun also an Mrs Erlynne, die junge Frau zu schützen und endlich Licht ins Dunkel dieser verworrenen Beziehungsgeflechte zu bringen. Was dabei herauskommt, sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Nur so viel: Es ist ein Fächer voller Lügen, der im Gegensatz zum Original auf einem Kreuzfahrtschiff irgendwann im 20. Jahrhundert spielt.
Trailer von Lady Windermere’s Fan
Esther Takats im Fischpott-Interview
Ich möchte aber noch mehr von der engagierten Schauspielerin wissen. Wir kennen uns seit über zehn Jahren, haben bereits im medizinischen als auch schauspielerischen Bereich zusammen gearbeitet. Interviewt hingegen habe ich sie noch nie.
bk: Wie bist du an die Bonn University Shakespeare Company gekommen?
Esther Takats: Über einen Facebook-Eintrag von den Bonn Players . Das ist auch eine englischsprachige Company in Bonn, und die unterstützen sich gegenseitig.
bk: Und dann hast du dich da beworben?
Esther Takats: Ja, da wurden Castings veranstaltet an verschiedenen Terminen und man konnte noch für alles vorsprechen, da waren noch keine Rollen vergeben. Es wurden auch Beispieltexte fürs Vorsprechen ins Netz gestellt, die man glücklicherweise aber nicht auswendig lernen musste. Und dann bin ich erst zum allerallerletzten Termin hingegangen, weil ich sehr im Zweifel war, ob ich das zeitlich hinbekomme. Aber es hat mich halt nicht losgelassen. Und dann hatte die Regisseurin per mail herumgeschickt, dass es super wäre, wenn noch jemand für die Rolle der Mrs Erlynne vorspricht. Naja, und dann hab ich das halt gemacht.
bk: Es klingt ja auch so, als sei das auch die interessanteste Frauenrolle.
Esther Takats: Ich glaube, ja, für mich ist das total ideal. Aber das war mir nicht klar beim Vorsprechen. Ich hatte die Rollenbeschreibung gelesen und gedacht »Naja, hm… klingt irgendwie sehr klischeehaft…« Mir war auch nicht klar, wie groß diese Rolle eigentlich ist. Ich dachte, das sei nur eine Nebenrolle. Aber es ist doch eigentlich die zweite weibliche Hauptrolle.
bk: Das Stück ist ja auf Englisch. Wie ist das für dich? Ich weiß, du wolltest mal eine Theaterausbildung in England machen.
Esther Takats: Ich finde Theaterspielen auf Englisch wesentlich einfacher, weil die Sprache viel melodiöser ist. Ich hab wohl auch ein bisschen Schiss davor. Wir haben zwei Muttersprachler dabei, der Rest alles Deutsche. Zum Teil haben die mal in England gelebt. Also, das Sprachniveau ist schon ziemlich hoch, finde ich.
bk: Versucht ihr, dem Ganzen einen betont britischen Akzent zu geben?
Esther Takats: Ja. Wir haben zwei Leute, die eher so ein bisschen zum Amerikanischen tendieren, und die kriegen schon immer mit auf den Weg, es mehr britisch zu machen.
bk: Ich hatte es ja gerade schon mal erwähnt: Du wolltest eine Schauspielausbildung machen …
Esther Takats: Ja, aber das habe ich mich letzten Endes nicht getraut. Ich hatte mich beworben für Theatre Studies. Das ist wie Theaterwissenschaften mit sehr viel mehr Praxis als in Deutschland. Aber damals war der Bachelor in Deutschland noch ein Fremdwort und vor allem nicht anerkannt. Und das in einem Bereich, der auch nicht gerade mit Jobangeboten gesegnet ist. Das wär auch ziemlich teuer geworden, ich hätte nebenbei nicht arbeiten können. Das Risiko war einfach zu groß.
bk: Dann bist du Krankenschwester geworden und studierst jetzt Medizin. Hast du jemals eine Schauspielschule privat nebenbei besucht?
Esther Takats: Ich hab von 14 bis 16 Theatertraining gemacht. Aber das hat sich dann leider aufgelöst. Und dann war ich nach der Schule in einer Summer School in England. Das war die beste Zeit meines Lebens, die Kontakte halten noch heute an. (lächelt)
bk: Du hast aber immer viel gemacht. Learning by doing?
Esther Takats: Ja, schon, aber eigentlich war es nicht genug. Ich fand es immer unglaublich schwer, Angebote zu finden, die einen gewissen Anspruch haben und bezahlbar sind. Die Gruppen, die es gibt, bezahlen natürlich Regie und Raum, und ich kann mir die Monatsbeiträge einfach nicht leisten. Und das ist jetzt in Bonn halt anders: Die BUSC finanziert sich über die Mitgliedsbeiträge, das sind 20 Euro im Jahr, und damit ist alles finanziert. Das ist der krasseste Luxus, den ich jemals hatte. Und du musst dich um nichts kümmern außer um das Schauspiel. In den kleinen Gruppen, die ich ja zum Teil mit initiiert habe, musstest du dich um alles kümmern. Jetzt haben wir sogar eine Visagistin! (lacht) Das ist echt krass!
bk: Wie oft trefft ihr euch in der Woche für die Proben?
Esther Takats: Unterschiedlich. Zwischen ein- und viermal. Dreimal war so Standard bislang. Für mich ist das nur dann ein Problem, wenn wir Proben an meinen Nachtwachen-Wochenenden haben. Das heißt für mich, ich komme aus der Nacht, um zwei die Probe und dann wieder die Nacht. Das ist dann schon… (lacht) Das schlaucht!
Ich bedanke mich bei Esther für das Interview und wünsche TOI TOI TOI für »Lady Windermere’s Fan«!
Karten für die Premiere am 05.07.2012 und die weiteren fünf Termine an den Folgetagen können bestellt werden beim Ticketservice der Bonner Brotfabrik.