Liam Neeson mit Identitätskrise
Unknown Identity
„Unknown Identity“ lautet der nicht gerade spektakuläre Titel des neuen Thrillers mit Liam Neeson, der seit gestern in den Kinos zu sehen ist. Aber wie es im Leben nunmal so ist: Manchmal steckt hinter der langweiligen Fassade – wie einem nichtssagenden Titel – eben doch noch mehr, als man vermutet. Genau so ist es bei Unknown Identity.
Der Wissenschaftler Dr. Martin Harris reist mit seiner Frau von Amerika zu einem Biotechnologiekongress nach Berlin. Eigentlich sollte es ein schöner Trip werden – im teuersten Hotel von Berlin absteigen, Fachsimpeln mit den Kollegen, Schampus schlürfen und sich die Stadt ansehen. Aber durch einen unglücklichen Zufall wird Harris in einen Autounfall verwickelt. Als er nach drei Tagen in einem Berliner Krankenhaus das Bewusstsein wiedererlangt, steht seine Welt auf dem Kopf. Ein anderer Mann ist in seine Rolle geschlüpft und geht jetzt an seiner Stelle auf die schicken Akademikerpartys. Und selbst seine Frau erkennt ihn nicht wieder.
Zugegeben: Titel und Geschichte des Films klingen nicht gerade revolutionär. Mann hat Autounfall, verliert Gedächtnis, jemand anderes nimmt seinen Platz ein. Alles schon mal gesehen. Und trotzdem ist „Unknown Identity“ kein typischer amerikanischer 08/15-Thriller.
Allein schon, weil der Film komplett in Berlin spielt. Da bietet es sich natürlich an, Hauptdarsteller Liam Neeson einige deutsche Schauspieler zur Seite zu stellen. Da ist Diane Krüger als Taxifahrerin und engste Verbündete von Harris, Frank Langella als sein vermeintlicher Freund und Oberfiesling und Eva Löbau in einer Nebenrolle als Krankenschwester. Eine wirklich gute Wahl hat Regisseur Jaume Collet-Serra, der schon bei „The Orphan“ und „House of Wax auf dem Chefsessel saß, aber mit Bruno Ganz als Ex-Stasi-Agenten und DDR-Nostalgiker alter Schule getroffen. Gerade er sorgt bei vielen Zuschauern durch seine kultige Rolle oft für kleine Lacher im Publikum. Und es stellt sich die Frage, ob amerikanische Zuschauer den Witz überhaupt verstehen, wenn er von den „alten Zeiten“ schwärmt. Darüber hinaus ist seine Rolle als DDR-Offiziers sehr schön in die sonst so moderne Geschichte um Biotechnologien und das Welternährungsproblem eingebunden. Und obwohl der Film zu großen Teil von seinen Darstellern getragen wird, hat er noch ganz andere Stärken. Die rasante Action zum Beispiel, die den Zuschauer ab und zu mal mit einigen zu schnellen Szenen überfordert, an sonsten aber gut portioniert ist und wirkliche Spannung aufkommen lässt.
In seinen ruhigen Momenten bietet „Unknown Identity“hingegen schöne Bilder, nicht nur von Berlin, auch die Stimmung der Szenen und die Gefühle der Darsteller werden fast immer gut eingefangen. Und die Handlung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Kinobesucher bis zu Hälfte des Films im unklaren gelassen werden, und dann eine nicht wirklich voraussehbare Wendung erleben. Gekrönt wird das ganze von Liam Neeson, der schon in der A-Team-Neuverfilmung die Rolle des Hannibal Smith brilliant umsetzte und auch in „Unknown Identity“ sein ganzes Talent entfaltet, wenn er staubbedeckt und mit blutender Wunde im Gesicht seinem Gegner gegenübersteht. Das alles macht aus „Unknown Identity“ einen Streifen, der alles andere als 08/15 ist – vielmehr noch: unbedingt sehenswert!
JK
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