Beyond: Two Souls (PS3)
Vorab muss ich mich mal outen: Ich habe weder »Fahrenheit« noch »Heavy Rain« gespielt und gegen diese Art von Spielen auch noch diverse Vorurteile. Das einzige vergleichbare Spiel, das ich auch noch kenne ist »Dragon’s Lair« und das war auch nicht besonders gut (wenn auch recht witzig, wenn man es mit mehreren Leuten abwechselnd spielt).
»Beyond: Two Souls« ist der neueste Streich von Quantic Dream beziehungsweise dem kreativen Kopf hinter diesem Studio, David Cage. Und auch wenn man es nicht am Namen erkennt: Das Studio ist aus Frankreich. Dem Land der komischen Filme und des komischen Essens. Und der komischen Spiele. Das war irgendwie schon immer so, auch auf dem C64 waren die Spiele aus Frankreich (etwa von Infogrames) immer irgendwie was Besonderes. Man probierte außergewöhnliche Spielmechaniken aus und legte ganz besonders großen Wert auf die audio-visuelle Gestaltung. Bevor ich abschweife, Beispiele für französische Spiele aus dieser Zeit wären unter anderem »Hostages« und »Die Erbschaft«.
Und ich oute mich gleich ein zweites Mal: Ich habe im Vorfeld die diversen Kritiken zu »Beyond: Two Souls« gelesen und mich nicht besonders für dieses Spiel interessiert. Als ich gefragt wurde, ob ich das Spiel testen möchte habe ich trotzdem spontan zugesagt. »GTA V« war passend am Wochenende (für’s Erste!) durchgezockt und Batman kann auch noch zwei bis drei Tage warten. »Beyond: Two Souls« wurde dabei immer beworben, dass man via Motion Capturing unter anderem die Schauspieler Elliot Page und Willem Dafoe digital aufgenommen hat und diese dann auch quasi das ganze Spiel über präsent sind. Das ist Quantic Dream auch wirklich gut gelungen, Hauptfigur Jodie wird von Elliot Page durchgehend gut gespielt und wächst dem Spieler auch durchaus ans Herz. Dafoe und auch die anderen Schauspieler machen ihre Sache auch überzeugend. In der Hinsicht kann sich das Spiel nichts vorwerfen lassen. Allerdings sind die einzelnen Charaktere beim eben genannten »GTA V« auch sehr gut getroffen, wenn auch natürlich deutlich überzeichneter als hier.
»Beyond: Two Souls« erzählt die Geschichte von Jodie. Diese ist mit einem unsichtbaren Band an einen Geist namens Aiden gebunden. Dies war schon immer so und macht es Jodie nicht immer leicht im Leben. Wir erleben in nicht-chronologischer Reihenfolge Jodies Leben mit Aiden und führen alles (hoffentlich) zu einem guten Ende. Dabei müssen wir uns sehr oft entscheiden, wie wir uns in dieser oder jener Situation entscheiden und diese Entscheidungen wirken sich dann auf zukünftige Szenen ab. Ich sage hier mal bewusst „Szenen“, da man hier nicht wie in anderen Spielen eine Levelstruktur oder einen festen Spielablauf hat. Es ist eher wie ein Film, den man nacherlebt. Eine der ersten Situationen im Spiel ist ein Ball, wo man – offenbar als Agentin – im roten Kleid mit einem feschen wie austauschbaren CIA-Partner eine Mission erfüllen muss. Anfangs habe ich mich dann auch bewusst versucht, gegen die Vorgaben des Spiels zu handeln. Also anstatt sofort ein Missionsziel zu suchen erst einmal dumm neben Leuten rumgestanden, versucht die Begrenzungen der jeweiligen Szene zu durchbrechen oder mich geweigert zu tun, was das Spiel von mir verlangt. Lange habe ich das zwar nicht durchgehalten, da ich in den späteren Kapiteln dann doch wissen wollte wie es weitergeht, aber gerade am Anfang hat mir jeder Bezug zu den Hauptcharakteren gefehlt.
Spielerisch tut sich eh nicht viel. Man geht durch die einzelnen Räume (von Leveln kann man hier nicht reden) und tut was das Spiel von einem verlangt. Bei einer Actionszene kommt es dabei auch noch auf Timing an, man wehrt Schläge ab, springt oder duckt sich bei Hindernissen weg, schießt auch mal auf einen Gegner oder huscht von Deckung zu Deckung. Dies geschieht aber nicht frei, wie man es von anderen Spielen kennt, man bewegt sich immer auf limitierten Pfaden und wenn man mal vom Weg abkommt dreht sich Jodie um und geht wieder in die richtige Richtung. Dabei werden immer wieder Buttons eingeblendet, die man nacheinander drücken oder gedrückt halten muss. Wenn man hier versagt geht es aber meist trotzdem weiter oder man muss die Sequenz von vorne beginnen. Sterben ist unmöglich. In dieser Hinsicht unterscheidet sich »Beyond: Two Souls« deutlich von gewöhnlichen Spielen, man spielt eher einen Film oder eine TV-Serie nach. In den Actionszenen kann man das Gamepad auch weglegen, es geht trotzdem weiter. Eigentlich ein Armutszeugnis für ein Spiel. Weshalb ich das Ganze auch ganz schnell bewusst nicht mehr als Spiel gesehen habe.
Immer wieder muss man auch in Gestalt von Aiden in die Handlung eingreifen. Dabei kann man auf Aiden jederzeit zugreifen und Gespräche belauschen oder in recht engem Rahmen die Umgebung erkunden (und manchmal einen Bonus freischalten).
Was mir beim Spielen vor allem aufgefallen ist: Die Geschichte an sich ist gar nicht so schlecht, mir hat der Stil und die Stimmung in den meisten Episoden gut gefallen. Allerdings ist das Geschehen teilweise wirklich dumm inszeniert und geschrieben, es passieren Dinge, die so gar nicht zum Rest des Spiels passen. So gerät Jodie in eine Bar, wo sie sich mit Freundinnen treffen will. Woher diese Freundinnen kommen wird nicht erklärt und wieso in einer Bar, die sich unweit der CIA-Basis befindet, ausschließlich dumme Typen rumhängen, die quasi von 0 auf 100 den Drang entwickeln, den einzigen weiblichen Gast zu vergewaltigen wird auch nicht erklärt. Ist halt so. Vieles im Spiel stellt sich im Nachhinein als „ist halt so“ heraus, viel zu oft ertappt man sich dabei, nur durch hübsche Kulissen zu gehen, dahinter ist dann nicht viel. Kulissen halt. Während man auf der Bühne steht und spielt ist das nicht so tragisch, es wäre aber viel mehr drin gewesen. Vielleicht auch nicht, die Hauptdarsteller standen wahrscheinlich nur in einem zeitlich engen Rahmen zur Verfügung, man konnte nicht einfach mehr und längere Szenen mit ihnen aufnehmen.
Komme ich mal zum Schluss, »Beyond: Two Souls« erzählt eine Geschichte, die ich als Film oder Serie nicht bis zum Ende sehen müsste. Spielerisch ist das Ganze quasi null anspruchsvoll oder gar schwierig, man drückt Knöpfe, trifft Entscheidungen und irgendwann ist es dann auch vorbei. Dank der wirklich guten Inszenierung bin ich dennoch bis zum Ende gerne bei der Stange geblieben und ich wollte auch immer wissen wie es weitergeht. Spielerisch gibt es einige Totalausfälle (Warum kann ich meine Wohnung für ein Date nicht weiterputzen, nachdem ich die Duschszene getriggert habe? Wieso verändert sich ein Charakter auf einmal wie auf Knopfdruck, nur weil es gerade zur Story passt? Wieso ist überhaupt alles sehr eindimensional dargestellt? – In einem Buch oder Film wären mir diese Charaktere größtenteils viel zu flach! Die Liste ließe sich noch länger fortführen), welche mich aber während des Spielens nicht zu sehr gestört haben.
Davon abgesehen ist »Beyond: Two Souls« sicher spielenswert. Wer (die meiner Meinung nach besseren) Titel von Telltale – »The Walking Dead« und »The Wolf Among Us«, letzterer aber nur nach einer Episode bewertet – gut findet wird auch hier zurechtkommen. Wer »GTA V« noch nicht gespielt hat sollte sich aber schon fragen, wieso er JETZT »Beyond: Two Souls« braucht – hopp hopp, auf nach Los Santos! Für den vollen Preis hat das Spiel zu wenig zu bieten, klassischer Titel zum Leihen und an einem Wochenende durchzocken, bei 8-10 Stunden Spielzeit auch machbar.
Gespielt wurde die in Deutschland erschienene PS3-Fassung. Diese hat auch englische Sprachausgabe, welche ich eindeutig der deutschen Synchronisation vorziehen würde und ist europaweit in zwei kleinen Szenen gegenüber der US-Fassung zensiert.
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